Das Geheimnisvolle Haus : Kriminalroman
an Poltavo und sah ihn erstaunt an.
»Es wird Sie sicher interessieren, daß das ganze Haus umstellt ist. Offensichtlich sind die Polizisten Ihrer Spur gefolgt.«
Freudige Erregung blitzte in den Augen des Polen auf.
»Das ist sehr schlimm für Sie«, sagte er dann lachend.
»Noch schlimmer für Sie, denke ich.« Dr. Fall ging langsam zu dem äußersten Ende des Raumes.
»Halt!« rief Poltavo plötzlich. Der Arzt wandte sich um und sah sich von der Mündung einer Pistole bedroht.
»Ich möchte Ihnen versichern«, sagte der Graf höhnisch, »daß die Pistole jetzt mit zwei Patronen geladen ist, die ich in meiner Westentasche fand. Auf jeden Fall bin ich genügend -«
Er sprach nicht weiter, denn plötzlich war der Raum verdunkelt. Alle Lichter schienen von einer unsichtbaren Hand auf ein Zeichen hin ausgelöscht zu sein. Ein höhnisches Lachen kam aus der Richtung, wo Dr. Fall gestanden hatte.
»Schießen Sie doch!«
Aber die beiden Patronen waren Poltavo zu wertvoll, um sie im Dunkeln aufs Ungewisse zu verschwenden. Er wartete. Nach einiger Zeit hörte er ein Klicken, und das Zimmer lag wieder hellerleuchtet. Aber er befand sich allein darin. Er zuckte die Schultern, es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten.
Wenn Mr. Smith ihm hierher gefolgt war und das Haus mit Polizei umstellt hatte, so durfte er hoffen, aus seiner unglücklichen Lage befreit zu werden. Und sollte dies nicht der Fall sein, so hatte er das Versprechen Farringtons, ihn unter gewissen Bedingungen freizulassen.
Er hörte das leise Geräusch eines herunterkommenden Fahrstuhls. Diesmal kam es aus dem Schacht, den er selbst benützt hatte. Der Lift hielt in Fußbodenhöhe, und die Stahltür öffnete sich einladend. Die Chance durfte er sich nicht entgehen lassen, denn alles andere war besser als ein weiterer Aufenthalt in diesem unterirdischen Raum.
Er trat hinein und zog die Tür hinter sich zu. Zu seinem Erstaunen funktionierte der Mechanismus, und als das Schloß einschnappte, bewegte sich der Fahrstuhl langsam aufwärts. Zwei elektrische Lampen brannten an der Decke der kleinen Kabine. Sie erschienen gefährlich, da man ihn beobachten konnte. Er hob sich auf die Zehenspitzen und zerschmetterte die beiden Birnen mit dem Griff seiner Pistole, dann kauerte er sich im Dunkeln zusammen, den Finger am Abzug der Pistole, auf alles gefaßt.
Mr. Smith befand sich oben in der Halle, und hinter ihm waren drei entschlossene Beamte aus Scotland Yard zu sehen. Dr. Fall stand vor dem Detektiv, ruhig und höflich wie immer.
»Es steht Ihnen selbstverständlich frei, das ganze Haus zu durchsuchen«, sagte er. »Es steckt keinerlei Geheimnis hinter dem Besuch des Grafen Poltavo. Er gehört zu den vielen Leuten, die von ihrer Neugierde hierhergelockt werden. Im Augenblick betrachtet er die wunderbaren Einrichtungen unseres Hauses.«
Mr. Smith fühlte, daß etwas Wahres in dieser Erklärung lag, obgleich ihm der ironische Ton des Arztes nicht entgangen war.
»Würden Sie die Güte haben, mir Graf Poltavo zu zeigen?«
»Mit Vergnügen!« In diesem Augenblick öffnete sich die Lifttür, und Poltavo trat mit der Pistole in der Hand heraus.
Er sah die Gruppe und erkannte die Zusammenhänge. Er mußte sich jetzt sofort entscheiden, wessen Partei er ergreifen wollte. Aber sein Entschluß war schnell gefaßt. Er wußte, daß er bei der Polizei keine Freunde hatte, nur durch Farrington und seinen Einfluß konnte er gefördert werden.
»Sie haben eine interessante Waffe in der Hand, Graf«, sagte Mr. Smith bedeutungsvoll. »Habe ich recht mit der Vermutung, daß Sie die Kunstschätze dieses Hauses nur in Furcht um Ihr Leben betrachtet haben?«
»Durchaus nicht.« Poltavo ließ die Pistole in seine Tasche gleiten. »Ich war nur kurz vorher damit beschäftigt, mich im Pistolenschießen zu üben. Hier unten befindet sich ein wunderbarer Schießstand. Wirklich eine interessante Sache. Sie sollten ihn sich auch einmal ansehen.«
Dr. Fall wandte keinen Blick von dem Gesicht seines früheren Gefangenen, und Poltavo las eine fast unmerkliche Zustimmung in den dunklen Augen.
»Unter gewöhnlichen Umständen würde ich mir nicht die Mühe machen, Ihren Schießstand anzusehen«, entgegnete Mr. Smith lächelnd, »weil ich weiß, daß Sie nicht die Wahrheit sagen, Graf Poltavo. Ich bin sogar überzeugt, daß Sie äußerst dankbar für unser Kommen sein sollten. Aber jetzt erscheint es mir vielleicht doch ratsam, mich einmal da unten umzusehen. Dieser Teil des
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