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Das Gehirn der Galaxis

Das Gehirn der Galaxis

Titel: Das Gehirn der Galaxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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klar. Raymond und Mary verließen erleichtert die Hütte.
    Der Holzstoß war tropfnaß. Vier verkohlte Leichen lagen in der Asche. Keiner beachtete sie.
    »Mir liegt es auf der Zungenspitze«, sagte Raymond nachdenklich, »ist am Rand meines Bewußtseins …«
    »Was?«
    »Die Lösung dieses ganzen Flit-Problems.«
    »Nun?«
    »Es ist ungefähr so: Die Flits sind verrückt, unvernünftig und verantwortungslos.«
    »Richtig.«
    »Der Inspektor kommt. Wir müssen ihm vorführen, daß die Kolonie keine Drohung für die Eingeborenen darstellt, die Flits in diesem Fall.«
    »Wir können die Flits nicht zwingen, ihren Lebensstandard zu verbessern.«
    »Nein. Aber wenn wir sie zur Vernunft bringen könnten; wenn wir es fertigbrächten, gegen ihre Massenpsychose …«
    Mary sah ihn niedergeschlagen an. »Das ist ein schreckliches Stück Arbeit.«
    Raymond schüttelte den Kopf. »Du mußt scharf denken, Liebes. Es ist ein richtiges Problem: eine Eingeborenengruppe ist zu psychotisch, als daß sie sich am Leben erhalten könnte. Aber wir müssen sie am Leben erhalten. Die Lösung: die Psychose ausrotten.«
    »Das klingt ja vernünftig, wie du das sagst, aber wie, in des Himmels Namen, sollen wir das anfangen?«
    Der Häuptling kam auf seinen Spindelbeinen von den Felsen herab und kaute auf einem Stück Ziegendarm herum. »Wir müssen beim Häuptling beginnen«, sagte Raymond.
    »Das ist so, als hänge man der Katze eine Schelle um.«
    »Salz«, erklärte Raymond. »Für Salz würde er seiner Großmutter die Haut bei lebendigem Leib abziehen.«
    Raymond ging auf den Häuptling zu, der erstaunt zu sein schien, daß die beiden noch im Dorf waren. Mary sah vom Hintergrund aus zu.
    Raymond redete auf den Häuptling ein; der schaute erst erschüttert drein, dann übellaunig. Raymond bat, flehte und beschwor. Er versprach Salz, soviel der Häuptling den Berg hinaufschleppen könne. Der Häuptling schaute aus seiner Zweimeterhöhe herab auf Raymond, warf die Hände hoch, ging weg, setzte sich auf einen Felsen und kaute auf einem Ziegendarm herum.
    »Er kommt«, sagte Raymond, als er zu Mary zurückkehrte.
     
    Direktor Birch war überaus herzlich zum Häuptling. »Wir fühlen uns geehrt! Nicht oft haben wir so ehrenvollen Besuch. Wir werden alles in kürzester Zeit in Ordnung haben!«
    Der Häuptling hatte nur irgendwelche Linien mit seinem Stab in den Staub gekratzt. »Wann krieg’ ich Salz?« fragte er Raymond.
    »Jetzt sehr bald. Erst gehst du mit Direktor Birch.«
    »Komm mit«, sagte der Direktor. »Wir machen eine nette Fahrt.«
    Der Häuptling wandte sich um und ging dem Grand Montagne zu.
    »Nein, nein!« rief Raymond. »Komm hierher zurück!« Aber der Häuptling schritt schneller aus.
    Raymond lief ihm nach und stieß gegen seine Knubbelknie. Der Häuptling fiel wie ein Sack mit Werkzeug um. Direktor Birch verpaßte dem Häuptling eine Sedativ-Injektion, und bald war der trübäugige, zappelnde Häuptling sicher in der Ambulanz.
    Bruder Raymond und Schwester Mary sahen der Ambulanz nach, die das Sträßchen entlangzockelte. Dicker Staub wölkte auf und hing im grünlichen Sonnenlicht. Die Schatten sahen blaupurpurn aus.
    »Ich hoffe, wir machen das richtig«, sagte Mary mit zitternder Stimme. »Der arme Häuptling sah so … pathetisch drein. Wie eine seiner Ziegen, die geschlachtet wird.«
    »Wir können nur das tun, was wir für das Beste halten, Liebes«, antwortete Raymond.
    »Aber ist dies auch das Beste?«
    Die Ambulanz war verschwunden, der Staub hatte sich gesetzt. Über dem Grand Montagne flackerten Blitze aus schwarzgrünen Gewitterwolken. Faro schien wie ein Katzenauge im Zenit. Die Uhr, die gute, alte, zuverlässige, vernünftige Uhr sagte, es sei Mittag zwölf Uhr.
    »Das Beste«, meinte Mary nachdenklich, »ein relatives Wort.«
    »Wenn wir die Flit-Psychose ausräumen«, erklärte Raymond, »wenn wir ihnen beibringen können, ein sauberes, ordentliches Leben zu führen, dann ist das sicher das Beste … Ganz gewiß ist es das Beste für die Kolonie.«
    Mary seufzte. »Vermutlich. Aber der Häuptling sah so … geschlagen drein.«
    »Wir werden ihn morgen sehen. Jetzt schläfst du besser.«
    Als Raymond und Mary erwachten, sickerte rosafarbenes Licht durch die herabgezogenen Blenden. Robundus, vielleicht zusammen mit Maude. »Schau mal auf die Uhr«, bat Mary gähnend. »Ist es Tag oder Nacht?«
    Raymond stützte sich auf den Ellbogen. Die Uhr war in die Wand eingebaut, eine Kopie der Uhr am Berg der Rettung.

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