Das geht auf keine Kuhhaut
könnten. Die Germanen berührten nämlich beim Schwur einen heiligen Stein, während Bein, also Knochen, die Reliquien eines Heiligen im Altar meinte, vor dem der christliche Ritter seinen Eid ablegte. Durch diese Verbindung heidnischer und christlicher Schwurbräuche konnte eine intensivierende Verdoppelung beabsichtigt sein. Diese Interpretation ist aber sprachgeschichtlich wegen des alleinigen Gebrauchs der Substantive ohne Präpositionen wie „bei“ oder „auf“ wohl nicht haltbar. Man geht deshalb davon aus, dass die beiden Begriffe gemäß ihren sprichwörtlichen Eigenschaften, nämlich „steinhart“ und „knochenhart“, zur Verstärkung einer Aussage oder eines sprachlichen
Bildes, aber eben auch eines Eides genutzt wurden.
|42| „Etwas auf die lange Bank schieben“
eine Aufgabe vor sich herschieben
Z ur Herkunft dieser seit dem 15. Jahrhundert bekannten Redewendung gibt es unterschiedliche Deutungen. Im Mittelalter wurden bei Gerichtsprozessen die Akten nicht in ein Regal, sondern auf eine stabile Bank oder eine bankähnliche, niedrige Truhe gestellt; je schwieriger die Urteilsfindung war, desto mehr Akten wurden auf diese lange Bank geschoben und desto länger dauerte der Prozess. Eine andere Erklärung ist folgende: Wenn ein Gerichtsverfahren an die nächsthöhere Instanz verwiesen wurde, fand es dort vor einer größeren Zahl von Schöffen statt, die eine längere Bank brauchten. Und schließlich wurde die Sitzbank der Reichsstände auf dem Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663–1806) die „lange Bank“ genannt. Sie hatte ihren Spitznamen zu Recht, denn dort saßen Vertreter zahlreicher Interessensgruppen. Andererseits bedeutete es für eine Anfrage an den Reichstag, die dieser an die Reichsstände zur Beratung weitergeleitet hatte, dass ihre Antragsteller wegen der vielen Mitspracheberechtigten mit einer längeren Bearbeitung rechnen mussten.
„Zeter und Mordio schreien“
panisch um Hilfe rufen
E in mittlerweile selten gehörtes Verb lautet „zetern“. Es hat seinen Ursprung im Ausdruck „Zeter“, der aus dem mittelhochdeutschen „ze aehte her – Zur Ächtung herbei!“ hergeleitet wird. Wenn jemand in höchster Bedrängnis „Zeter!“ rief, also zeterte, konnte er sich darauf verlassen, dass ihm Mitbürger sofort zu Hilfe kamen. In der Doppelformel „Zeter und Mordio“ steckt als weiterer Ausdruck ein aus dem Notschrei „Mord!“ entstandenes „Mordio“. Aus diesem eigentlich in Notsituationen verwendeten doppelten Hilfeschrei entwickelte sich die formalisierte Wendung „Zetermordio“, mit der der Ankläger mittelalterliche Gerichtsverfahren über Mord und ähnliche Delikte eröffnete. Möglicherweise verlor der eigentlich ja dramatische Ausruf wie jede zur Routine gewordene Formel an Wirkung, ähnlich dem „Ceterum censeo“, mit dem bekanntlich Cato jede seiner Reden beschloss.
|43| „In die Schuhe schieben”
einem anderen die Schuld geben
I n den Herbergen der wandernden Handwerksgesellen ging es recht rustikal zu, und die Gesellenehre war nicht immer so ausgeprägt, als dass nicht doch schon mal fremdes Eigentum, vor allem Taler und andere Münzen, auf unehrliche Weise den Besitzer gewechselt hätte. Solch ein Diebstahlsverdacht konnte dazu führen, dass es manchmal noch im Schlafsaal zu einer Untersuchung durch die Obrigkeit kam, inklusive Leibesvisitation. Dann musste das Corpus Delicti, meist ein Geldstück, schnellstens verschwinden, und da bot sich der Schuh des Bettnachbarn an. Das war sicher nicht die feine Handwerkskunst, was ja dann auch zu dem negativen Unterton dieser Redensart geführt hat.
„Einen Denkzettel verpassen“
nachdrücklich in Erinnerung rufen
D as Wort „Denkzettel“ stammt ursprünglich aus dem Rechtsvokabular des 15. Jahrhunderts, wo es Urkunde, schriftliche Nachricht, aber auch Mahnung, Vorladung zum Gericht oder sogar Klageschrift bedeuten konnte. Später taucht der Denkzettel in der frühen Pädagogik auf. Im 16. Jahrhundert waren die Erziehungsmethoden in den Klosterschulen nicht sehr zartfühlend. So war es in den Internaten des Jesuitenordens üblich, auffälligen Schülern ihre Sünden per Merkblatt vor Augen zu führen. Bei wiederholtem Verstoß gegen die Hausordnung hängte man Schülern sogenannte Schandzettel um den Hals, auf denen die Verfehlungen aufgeführt waren. Je nach Schwere der Missetat mussten diese Schüler ihre Denkzettel tagelang während des Unterrichts und in der Freizeit tragen, was
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