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Das geht auf keine Kuhhaut

Das geht auf keine Kuhhaut

Titel: Das geht auf keine Kuhhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wagner
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dass keine Berufung mehr möglich war. Die Redewendung Über jemanden den Stab brechen mit der Bedeutung „jemanden verurteilen“ kommt daher. Dann machte der Richter den besagten Vorwurf: Den zerbrochenen Stab warf er nämlich dem Verurteilten vor die Füße mit den Worten: „Nun helf’ dir Gott, ich kann dir nicht mehr helfen!“
    „Mundtot machen“
    zum Schweigen bringen
    D iese Redewendung hat überraschenderweise mit dem Mund überhaupt nichts zu tun. Es geht also auch nicht darum, dass hier jemandem der Mund gestopft werden könnte, damit er schweigt. Das hat sich das Volk im Laufe der Zeit so hininterpretiert, wie es ja oft mit uralten Wörtern geschehen ist, die man sich nicht mehr erklären konnte. „Volksetymologie“ nennt man so etwas, wenn ähnliche Begriffe verwechselt werden oder eine neue Bedeutung bekommen, weil sie ähnlich klingen. Befragt man aber die wissenschaftliche Etymologie, die Lehre von der Herkunft der Wörter, so wird klar, dass das Wort „Mund“ in „mundtot“ vom mittelhochdeutschen „munt“ stammt, einem Begriff der Rechtssprache, der so viel wie „Schutz“ oder „Gewalt“ bedeutete. Dieses „munt“ ist auch in unserem Wort „Vormund“ noch enthalten, der ja auch nicht einen vorlauten Mund, sondern die Erziehungsgewalt über jemanden, sein „Mündel“, hat. „Mundtot machen“ heißt also eigentlich „entmündigen“.
    |49| „Die Stange halten“
    jemanden in Schutz nehmen, Partei ergreifen
    J ahrhundertelang war es ein durchaus normales Mittel, durch einen Zweikampf Streitigkeiten zu klären, zum Beispiel wer die Wahrheit sagte, wenn Aussage gegen Aussage stand. Man ging im Mittelalter nämlich davon aus, dass in einem gerichtlichen „duellum“ unter Rittern ein Gottesurteil herbeigeführt würde. Für uns heute ist es natürlich eine unerträgliche Vorstellung, dass so etwas im Prinzip darauf hinauslief, dass der Stärkere recht hat. Wie dem auch sei, dieser Gerichtskampf hatte Regeln, die das Ganze nicht zu reiner Willkür geraten ließen. Zu deren Durchsetzung wurden Sekundanten bestellt, die, mit einer stabilen Stange ausgerüstet, eingreifen konnten, wenn die Kampfregeln von einem der Kontrahenten verletzt wurden. Sie deckten den Betroffenen, der womöglich am Boden lag, mit der Stange und unterbrachen so den Kampf. Auch im Turnier, dem ritterlichen Kampfspiel, gab es den „Stängler“, der demjenigen zum Schutz die Stange hielt, der sich als geschlagen erklärte, um ihn vor weiterem Ungemach zu bewahren.
    „In den Wind schlagen“
    einen Rat geringschätzig ablehnen

    I m „Sachsenspiegel“ aus dem 13. Jahrhundert, dem ersten deutschen Rechtsbuch, wird beschrieben, wie damit umzugehen war, wenn ein Beklagter nicht zu einem gerichtlich angeordneten Zweikampf erschien. Ein Gerichtskampf war damals ein anerkanntes Mittel, ein Gottesurteil einzuholen. Wenn also der Kläger sich nicht mit dem Beklagten schlagen konnte, ging man davon aus, dass dieser damit seine Schuld eingestanden hatte. Damit aber der Kläger als Sieger vom Platz gehen konnte, musste er drei Mal in den Wind schlagen, was wohl als symbolische Kampfgeste zu werten ist. Erst mit dieser Rechtsgebärde hatte er den Zweikampf offiziell gewonnen. Die typische wegwerfende
Handbewegung, die heute noch ausdrückt, dass man eine andere Meinung nicht akzeptiert, könnte ebenfalls noch ein letzter Rest des In-den-Wind-Schlagens sein.
    |50| „Im Halse stecken bleiben“
    vor Schreck verstummen
    E ine beliebte Schülerwette ist, eine Packung Salzstangen zu essen, ohne zwischendurch zu trinken. Eine scheinbar leichte Aufgabe, aber die trockenen Dinger saugen jeden Speichel im Mund sofort auf, und nach kurzer Zeit ist das Schlucken unmöglich. Die Redewendung vom Bissen, der im Halse stecken bleibt, hat etwas mit dieser physischen Unmöglichkeit zu tun, denn ein nur auf den ersten Blick humanes Gottesurteil war, zum Beweis der Wahrheit ein Stück trockenes Brot ohne Wasser herunterzuwürgen. Blieb der Bissen im Hals stecken, war der Beweis für die Schuld des Angeklagten erbracht. Der Druck, eine lebenswichtige Probe bestehen zu müssen, führte fatalerweise sicher oft dazu, dass der Mund vor Stress trocken war – dem armen Kerl war die Spucke weggeblieben. Apropos Hals: Heute ist es ein unverzichtbarer Bestandteil einer jeden Kabarett-Rezension zu betonen, dass dem Publikum das Lachen im Halse steckengeblieben sei; ob wegen der Schwärze der Pointen oder wegen der Qualität des Künstlers, sei

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