Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geht auf keine Kuhhaut

Das geht auf keine Kuhhaut

Titel: Das geht auf keine Kuhhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wagner
Vom Netzwerk:
natürlich ihre Mitschüler nicht unbedingt solidarisch zur Kenntnis nahmen. Daraus leitet sich die heutige Bedeutung des Begriffs Denkzettel ab: eine – durchaus auch körperlich verabreichte – Gedächtnisauffrischung.
    |44| „Etwas auf dem Kerbholz haben“
    etwas Unrechtes getan haben

    Z u Zeiten, als noch viele Menschen nicht lesen und schreiben konnten und es deshalb noch keine Verträge und Quittungen gab, war das Kerbholz das wichtigste Hilfsmittel für das Aufzeichnen von Lieferungen und Arbeitsleistungen. Das Kerbholz war eigentlich gar kein einzelnes Holz. Entweder bestand es aus zwei aufeinanderpassenden Hölzern, also zwei Holzlatten, von denen sich eine im Besitz des Schuldners und das Gegenstück in der Obhut des Gläubigers befanden. Erhielt zum Beispiel ein Käufer einen Kredit, so wurden auf den nebeneinandergelegten Hölzern durchgehende Kerben eingeschnitten, geritzt oder gebrannt. Oder das Kerbholz wurde erst nach dem Einkerben gespalten und jeder Partner erhielt einen der beiden Teile. Nach Bezahlung der Schuld wurde auf beiden Hölzern mit einem Messerschnitt „abgekerbt“. So war das Holz mit den Kerben unter anderem geeignet, Schulden und korrespondierend Außenstände festzuhalten, wobei es natürlich für je zwei Geschäftspartner ein eigenes Kerbholz gab. Da meist Schulden auf dem Kerbholz gestanden haben werden, hat das zum negativen Unterton dieser Redensart geführt.
    „Ein Auge zudrücken“
    nachsichtig behandeln
    D iese Redewendung hat nichts mit unserer Redensart „beide Augen zudrücken“ und schon gar nichts mit dem Motto einer Mainzer Fernsehanstalt – „Mit dem Zweiten sieht man besser“ – zu tun. Vielmehr hat die Aufforderung, ein Auge zuzudrücken, vermutlich ihren Ursprung in einer alten bäuerlichen Rechtssatzung. Darin steht, ein Richter solle „einen einäugigen Büttel auf einem einäugigen Pferd“ zu einem Beschuldigten schicken, wenn er diesem gegenüber andeuten wolle, dass er unter Umständen Gnade vor Recht ergehen lassen werde. Einmal abgesehen von der Schwierigkeit, nicht nur einen Gerichtsdiener mit nur einem Auge, sondern zusätzlich noch ein solches Pferd aufzutreiben, ist die Logik des Vorgangs nicht so recht nachvollziehbar. Aber dieser überdeutliche Hinweis dürfte auf den Adressaten etwa den gleichen Effekt gehabt haben wie der bekannte „Wink mit dem Zaunpfahl“.
    |45| Etwas „besitzen“
    zum Eigentum haben
    V iele Informationen über das Mittelalter haben wir aus Urkunden, in denen Hinweise auf Geschlechter, Burgen und ganze Städte erstmals auftauchen. Aber nicht bei allen Besitzerwechseln von Grundstücken wurden Urkunden ausgefertigt. Stattdessen waren auch symbolische Handlungen üblich, die einen rechtlichen Vorgang gültig machten. Einige solcher Handlungen kommen uns heute merkwürdig vor; zum Beispiel musste bei einem Eigentümerwechsel der neue Herr sein Grundstück drei Tage hintereinander regelrecht „besetzen“, um sich als rechtmäßiger Eigentümer zu beweisen. Das heißt, er musste auf seinem Land wortwörtlich sitzen, und zwar auf einem dreibeinigen Stuhl, und dort Gäste bewirten. Erst dadurch brachte er es in Besitz, wurde seine Rechtsstellung deutlich gemacht. Und warum ausgerechnet auf einem Stuhl mit drei Beinen? Aus praktischen Gründen: Auf unebenem Untergrund wackelt ein normaler vierbeiniger Stuhl, weil fast immer ein Bein keine Bodenberührung hat. Ein dreibeiniger Stuhl dagegen steht immer stabil.
    „Auf keinen grünen Zweig kommen“
    erfolglos sein
    W ie beim Stichwort „Besitzen“ erläutert, waren im Mittelalter symbolische Handlungen wichtig, die einen rechtlichen Vorgang gültig machten. Diese Handlungen standen meist in einem metaphorischen Zusammenhang mit dem betreffenden Akt. So wurde beim Landverkauf die Übergabe des Grundstücks durch die Überreichung eines grünen Zweiges, der in eine Erdscholle vom verkauften Boden gesteckt war, vom Vorbesitzer zum Erwerber begleitet. Wer also auf keinen grünen Zweig kam, hatte keinen Grund und Boden, war kein freier Bauer, sondern ein landloser Tagelöhner.

    |46| „Mit Haut und Haar“
    vollständig, ganz und gar
    S tabreimende Zwillingsformeln wie „Bausch und Bogen“, „Kind und Kegel“, „Haus und Hof“, „Mann und Maus“ sind meist sehr alt. Auch bei „Haut und Haar” handelt es sich um eine Wendung, die zum ersten Mal im „Sachsenspiegel”, dem im 13. Jahrhundert von Eike von Repgow verfassten ältesten Rechtsbuch des deutschen

Weitere Kostenlose Bücher