Das Geloebnis
ernst, klatschte in die Hände und schrie den eintretenden Soldaten an: »Bring den Koch her!« Als der Koch erschien, fuhr er ihn an: »Du hast diese fremdländische Grütze anbrennen lassen und weder Salz noch Zucker hineingetan. Und warum hast du mir nicht gesagt, daß man sie mit dem Rahm der Kuhmilch essen muß? Du behauptetest, alles von dieser Speise zu wissen!«
Der Mann wurde blaß, und er zitterte. »Aber ich wußte, daß Ihr den Geruch der Milch nicht liebt, weil Ihr immer sagt, daß die Weißen stinken.«
»Riechen sie denn danach?« schrie der General. »Nun, ich sage, daß es etwas Gutes ist, wenn sie danach riechen. Ich werde meine Verbündeten an ihrem Geruch erkennen.« Er lachte über seine eigenen Worte; dann wies er auf das Gericht und befahl: »Nimm das Zeug hinaus, wirf es fort und bring mir Reis. Und gib es nicht etwa den Hunden. Schmeiß es in den Abfallkübel, wohin es gehört.«
So nahm der Koch die Schale mit dem Haferbrei fort und brachte gleich darauf den Reis, den die gewöhnlichen Soldaten aßen. Der General ergriff seine Schale und seine Eßstäbchen, hielt die Schale an seinen Mund und nahm das gute Essen mit Seufzen des Wohlbehagens zu sich.
Obwohl all dies rasch vor sich gegangen war, dünkte es Mayli lange, aber sie ließ die Zeit verstreichen, bis der General wieder gut gelaunt war. Dann sagte sie: »Ihr geht wohl noch einmal zurück, um mit dem Allerhöchsten zu sprechen, bevor Ihr gen Westen zieht?«
Er sah von seiner Schale auf. »Wer teilte Euch mit, daß wir gen Westen ziehen?« fragte er.
»Ich weiß es«, erwiderte sie, und sie lächelte das kleinste Lächeln, das ihr möglich war. »Und ich möchte mitgehen.«
Er setzte seine Schale nieder. »Ihr!« rief er. »Aber was möchtet Ihr denn dabei tun?«
»Ihr nehmt Frauen mit.« Sie stützte sich mit beiden Armen auf den Tisch und ließ es nicht zu, daß seine Augen ihr auswichen.
»Nun, nur solche, die für die Verwundeten sorgen«, erklärte er. »Wir nehmen einige Ärzte mit, und zu den Ärzten gehören Pflegerinnen. Nicht wir nehmen sie mit, sondern die Ärzte.«
»Ich kann für die Verwundeten sorgen«, sagte sie.
Aber er schüttelte den Kopf. »Das geht mich nichts an. Ich gebe solch eine Erlaubnis nicht. Glaubt Ihr, daß meine Leute sich nichts dabei denken würden, wenn ich Euch mitnähme? Würden sie nicht sehen, wie jung und schön Ihr seid! Und meine Frau – glaubt Ihr, sie würde mir nicht die Augen auskratzen und die Haare ausreißen? Nein, wir ziehen aus, um einen Krieg zu gewinnen.«
Sie schien diese Einwände anzuerkennen, wenigstens brachte sie keine Entgegnung vor. Schließlich seufzte sie und sagte sanft. »Vielleicht habt Ihr recht. Nun, dann will ich Euch um eine andere Gefälligkeit bitten. Nehmt mich mit in die Hauptstadt, wenn Ihr den Allerhöchsten aufsucht.«
»Wen habt Ihr dort?« fragte er scharf.
»Ich muß etwas tun«, erwiderte sie demütig. »Als ich herkam, meinte ich, ich könnte der Armee beitreten oder mich sonstwie nützlich machen, aber ich bin von keinem Nutzen. Wenn ich in die Hauptstadt gehe, kann ich vielleicht den Allerhöchsten helfen. Ich kann in ihren Waisenhäusern arbeiten oder ihnen mit meiner Kenntnis der fremden Sprache dienen. Ich weiß, daß mein Vater mir seine Einwilligung dazu geben würde.«
Zufällig kannte der General ihren Vater sehr gut, und je mehr er über ihre Worte nachdachte, desto besser schien es ihm, diese schöne, mutige Frau zu den Allerhöchsten zu bringen, so daß jene sie beschützen konnten. Damit würde er ihrem Vater einen Gefallen erweisen, sagte er sich.
»Das will ich tun«, gab er ihr zur Antwort.
So kam es, daß sie mit ihm in seinem Flugzeug reiste. Eigentlich hatte er nicht vor dem nächsten Morgen aufbrechen wollen, doch als er feststellte, daß sie nicht beabsichtigte, in ihr Heim zurückzukehren, wußte er nicht, was er mit ihr anfangen sollte, zumal die jungen Hauptleute jetzt unter allen möglichen Vorwänden hereinkamen, während er aß, und ihm dies oder jenes mitteilten, wobei sie dauernd Mayli anschauten, bis seine Haut unter dem Kragen heiß brannte. Was, wenn einer von ihnen es einem andern sagte und dieser andere einem dritten, bis es seiner braven Frau zu Ohren kam? Und würde sie ihm glauben, wenn er ihr erklärte, daß dieses Mädchen die Tochter eines Freundes und für ihn ebenso unerlaubt war wie seine eigene Tochter? Seine Frau war von Natur so eifersüchtig, daß sie stets glaubte, was sie dachte, und nicht
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