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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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konnte sich nicht klein genug machen.
    Schließlich wurde sie ungeduldig und stand abermals auf. Und die ganze Zeit verließ das Gefühl trostloser Schwermut sie nicht. Sie saß auf dem Bettrand, die Steppdecke über den Schultern, und gab sich dem Elend hin, das sie nicht begriff. Und jetzt dachte sie, daß es keinen Platz für sie gab in ihrem eigenen Land. Hier gab es keinen Platz für eine Frau wie sie. Bauernfrauen bestellten den Boden wie die jungen Männer, und wenn die Frauen die Schule besucht hatten, dann wurden sie Krankenpflegerinnen und nahmen sich der Verwundeten an. Was aber konnte sie, die sie niemals irgendwelche Arbeit verrichtet hatte, tun? Sie hatte ihren Vater verlassen, um in ihr eigenes Land zurückzukehren, und er wußte jetzt nicht einmal, wo sie sich befand. Von der ganzen Welt kannte sie nur Sheng wirklich, und er würde in einigen Tagen fort sein. Was blieb ihr dann noch außer der alten Liu Ma und dem Hündchen? Ihre Lippen verzogen sich ob der Kargheit eines solchen Daseins. War das bei all ihrem Witz und ihrer Geschicklichkeit in diesen Zeiten genug? Sie schüttelte die Decke ab, zündete die Kerze erneut an und fing an, im Zimmer auf und ab zu gehen, um sich zu wärmen. Ob es nun das Blut war, das ihren Leib zu wärmen begann und erhitzt in ihr Hirn floß, oder was es sonst sein mochte – plötzlich erkannte sie deutlich, was sie tun wollte. Sie wollte ebenfalls in den Westen gehen. Wenn Sheng in den Kampf zog, dann wollte sie auch gehen, um irgend etwas zu unternehmen.
    Dieser Gedanke kam so hart und klar, als ob eine Stimme ihn erlassen hätte. Ihre Einsamkeit schwand und mit ihr die stumpfe Traurigkeit, die sie nicht zu verstehen vermochte. Ja, das war es, sie wollte mit dem Heer gehen. Gut, aber wie sollte sie es anfangen?
    Es gab keine Frauen in den Reihen der Soldaten, die fortgeschickt wurden. Die Truppe setzte sich nur aus den bestgeübten Männern zusammen. Oft hatte sie Sheng sich rühmen hören, daß seine Leute zu den Kerntruppen gehörten und daß der Allerhöchste selber jeden einzelnen Mann geprüft habe, um sich zu überzeugen, daß alle jung und erlesen waren. Bei dieser Gelegenheit hatte Sheng zum erstenmal den Allerhöchsten gesehen, und tagelang hatte er von seinem ernsten, schmalen Gesicht und seinen dunklen, durchdringenden Augen gesprochen.
    »Ich wurde ihm vorgestellt«, hatte er ihr erzählt, »und als ich seine Augen sah, prickelte mein Körper, als ob tausend Nadeln ihn berührten.« Und dann hatte er ihr mitgeteilt, was der Allerhöchste zu ihm gesagt: »Von all meinen Leuten seid Ihr der größte und kräftigste. Deshalb seid Ihr ein besserer Soldat als die andern!«
    »Und das will ich auch«, erklärte er ihr.
    Jetzt wünschte sie, sie hätte gelernt, wie man Verwundete pflegt, aber das war nicht der Fall. Nicht einmal von Krankheiten wußte sie etwas. Nun, dann mußte sie eben einen andern Weg finden, um mitgehen zu können.
    Während ihr Hirn sich an seinen Gedanken entzündete und ihr Wille fest und zielbewußt wurde, war sie wieder ihr altes kühnes Selbst. »Warum sollte ich mich nicht an den Allerhöchsten wenden?« fragte sie sich. »Ich könnte mich an ihn wenden, und wenn er mich nicht ziehen läßt, so wird mich seine Gattin schicken. Ich darf wohl behaupten, daß sie wie ich ist. Wir sind beide im selben fremden Land aufgewachsen. Sie wird wissen, was ich erstrebe und was ich empfinde. Auch sie ist ein ungestümer Mensch.«
    So schmiedete sie Pläne, und sie war entschlossen, Sheng nichts davon zu verraten, denn sie wußte, daß er es ihr verbieten würde. Er hatte immer gesagt, daß Männer, die in eine Schlacht zogen, weder an Frauen denken noch Frauen um sich haben, noch sich daran erinnern durften, daß es Frauen auf Erden gebe.
    »Und was ist mit den weiblichen Soldaten?« hatte sie ihn einmal gefragt, als er dies ausgesprochen.
    »Sie sind keine Frauen mehr, wenn sie Soldaten werden«, war seine ernste Antwort gewesen. »Ein Soldat ist weder männlich noch weiblich, er ist ganz und gar Soldat – das heißt, Wille und Stahl und Gewalt und Kampf und Feuer.«
    Wenn sie ihm ihren Plan verriet, würde er nur rufen: »Und was kannst du tun mit deinen Füßen, die in Seidenschuhen stecken?«
    »Ich werde ihm nichts sagen«, dachte sie. »Ich werde mir meinen Weg selber bereiten. Und ich werde mich nicht darum kümmern, ob es ihm behagt oder nicht, wenn ich dort bin.«
    Nachdem sie diesen Entschluß gefaßt hatte, legte sie sich wieder zu

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