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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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Bett und schlief so friedlich wie ein Kind ein.
    »Wohin ist sie gegangen?« erkundigte sich Sheng zwei Tage später bei Liu Ma.
    »Wie kann ich Euch das mitteilen, wenn sie es mir nicht gesagt hat?« entgegnete Liu Ma. »Als ich sie fragte, wohin sie gehen wolle, lachte sie und gab mir zur Antwort, daß sie es mir nicht verraten werde, weil Ihr mich fragen würdet, und wenn es in mir wäre, würdet Ihr es herausziehen. So weiß ich nichts, und es ist nichts in mir. Ich weiß nur, was ich sah, und ich sah, daß sie ihren kleinen Koffer bei sich hatte und mit einer Rikscha fortfuhr.«
    Wie ein zorniges Tier stampfte Sheng den Boden mit dem Fuß. »Welche Richtung hat sie eingeschlagen?« schnauzte er die Alte an.
    »Da unsere Straße drei Häuser weiter zu Ende ist«, erwiderte sie ruhig und mit heimlichem Vergnügen über den Ärger des großen Soldaten, »kann sie nur eine einzige Richtung eingeschlagen haben, und Ihr wißt, daß am anderen Ende eine Biegung ist, so daß ich nicht weiter zu sehen vermochte.«
    »Aber sie ließ Euch wissen, wann sie zurückkommen wird?«
    »Sie gab mir etwas Geld und sagte, ich solle mich davon ernähren; sie würde wiederkehren, bevor ich alles aufgegessen hätte.«
    »Laßt mich sehen, wieviel Geld sie Euch gegeben hat«, befahl Sheng.
    Die Alte steckte die Hand in das Oberteil ihres Kleides und brachte zehn Silbertaler zum Vorschein, die in braunes Papier gewickelt waren.
    »Wie viele Tage wirst du davon essen?« forschte er.
    »Ich kann es rasch verzehren, wenn ich gut esse«, versetzte sie. »Oder ich kann mich armselig ernähren, dann reicht es für einen Monat.«
    Am liebsten hätte er ihr altes Gesicht gegen die Wand gestoßen, weil es so ruhig war, aber wenn er das tat, würde sie ihm nichts mehr berichten. So gab er nur dem kleinen Hund, der schüchtern an ihm schnüffelte, einen Fußtritt, worauf das Tier aufheulend flüchtete.
    »Tretet den Hund nur, wie es Euch paßt«, bemerkte Liu Ma. »Ich liebe ihn nicht.«
    Sie zog den silbernen Ohrlöffel aus ihrem Haarknoten und begann langsam in ihrem rechten Ohr zu stochern. Ein Ausdruck träumerischen Wohlbehagens breitete sich auf ihrem Gesicht aus; dann gähnte sie und steckte den Ohrlöffel wieder in ihr Haar.
    »Es ist sehr still, seit sie fort ist«, erklärte sie. »Ich schlafe ein, ohne es zu merken.«
    Er antwortete nicht. Er blickte in dem leeren Hof umher. Plötzlich steckte er die Hände in den Gürtel und schritt davon. Aber am Tor hielt er inne und rief Liu Ma zu: »Wenn sie zurückkommt, sagt ihr, daß ich in den Krieg gezogen bin.«
    Sie hatte sich hingesetzt, und schon waren ihre Augen geschlossen; sie öffnete sie daraufhin ein wenig.
    »Eh!« murmelte sie, faltete die Hände über dem Leib und schloß die Augen mit der Zufriedenheit einer Katze.
    Zu dieser Stunde schwebte Mayli hoch über den Bergen in des Generals Flugzeug, und der General befand sich an ihrer Seite.
    Sie hatte sich geradewegs zu seinem Standquartier begeben, und weil die Wachtleute sie kannten, hatte man sie durchgelassen. Der General saß beim Frühstück, als sie eintrat, und sie lachte, als sie sein schiefes Gesicht sah. Denn er aß nicht Reis und getrockneten Fisch, nicht süßes Eingemachtes und die leckeren eingesalzenen Gemüse, die ihm mundeten. Er aß eine fremdländische Grütze aus Haferflocken, weil er gehört hatte, daß sie dem menschlichen Körper Kraft verleihe.
    Bei ihrem Eintritt stand er auf, da er ein höflicher Mann war, der etwas wußte von den neumodischen Umgangsformen gegenüber den Frauen; dann sagte er: »Ich würde Euch auffordern, meine Mahlzeit mit mir zu teilen, aber ich schwöre, daß dann keine Freundlichkeit in mir wäre. Jetzt weiß ich, warum die weißen Menschen bis zum Mittag so grimmig dreinblicken, wenn sie dieses hier nach dem Aufstehen essen.«
    Sie lachte, nahm einen Löffel und tauchte ihn in die Hauptschale, die in der Mitte des Tisches stand. Dann zog auch sie ein schiefes Gesicht. »Aber es ist ja verbrannt, so daß es bitter schmeckt«, erklärte sie. »Und es hat kein Salz. Außerdem soll man es mit Zucker und Rahm essen.«
    »Mit was für Rahm?« erkundigte er sich.
    »Mit dem Rahm der Kuhmilch«, gab sie ihm bereitwillig Auskunft.
    Er blickte sie bestürzt an. »Bin ich ein Kalb, daß ich Milch von einer Kuh zu mir nehme?« rief er.
    Darüber lachte sie so sehr, daß ihre Wangen sich röteten, und er fühlte sich mit sich selbst zufrieden, denn er war noch ein junger Mann.
    Dann wurde er

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