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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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und ihre Wangen brannten erneut. »Und … und es ist besser, wenn wir uns nicht begegnen … das heißt … wir haben eine ernste Pflicht zu erfüllen, und ich möchte nicht, daß … daß …«
    »Ihr tragt Euch seinetwegen nicht mit dummen Gedanken?« Das Lächeln des Generals war schelmisch.
    »Nein, nein«, gab Mayli rasch zurück. »Ich muß meiner Arbeit nachgehen, und ich will nicht, daß er seine Gedanken weiterspinnt. Er hat seine Arbeit, und ich habe meine, und ich wünsche gar nicht zu wissen, was er denkt. Außerdem wird er mich zurückzuhalten versuchen, wenn er erfährt, daß ich mitkomme.«
    »Das ist ihm kaum möglich, wenn die hohe Dame es so angeordnet hat«, wandte der General ein.
    »Ihr kennt ihn nicht«, entgegnete Mayli ernst. »Er meint, nur er habe mir zu sagen, was ich tun und lassen soll.«
    »Mit andern Worten, er liebt Euch.« Der General lachte nachsichtig.
    »Aber ich will nicht geliebt werden«, gab Mayli hitzig zurück. »Es ist nicht die richtige Zeit für solche Dinge.«
    Mit stummem Lachen schüttelte der General den Kopf. Dann wischte er sich die Augen und sagte: »Ihr sollt Euren Willen haben. Ich habe einen Feldzug vor, und ich bin der gleichen Ansicht wie Ihr, daß es besser für ihn ist, wenn er nichts erfährt. Wird er verwundet, so mag er Eure Anwesenheit entdecken. Andernfalls besteht kein Grund, wieso er dahinterkommen sollte, daß Ihr mit uns kommt.«
    »Das ist mein Wunsch«, erwiderte Mayli. Nachdem sie erreicht, was sie begehrte, wollte sie keinen Augenblick länger bleiben, wußte sie doch, daß nichts einen Mann, der einer Frau eine Gefälligkeit erwiesen hat, mehr verstimmt, als wenn die Frau danach noch unschlüssig verweilt, und dies ganz besonders, wenn er bezweifelt, mit seiner Nachgiebigkeit klug gehandelt zu haben.
    So stand sie auf, stützte beide Hände auf den Schreibtisch und lächelte zu ihm nieder. »Wie gut Ihr seid, wie freundlich«, sagte sie. »Ich verspreche Euch, daß ich meine Pflicht bis zum äußersten erfüllen werde, und wenn Ihr mich jemals nötig habt, so könnt Ihr auf mich zählen.«
    Er nickte ihr zu. In seinem Innern fühlte er Wärme aufsteigen, als hätte er einen Schluck süßen, starken Weines getrunken.
    Gerade in diesem Augenblick kam ein Soldat herein, um zu melden, daß die Kommandanten der Divisionen wie angeordnet draußen warteten.
    »Richtig, ja«, sagte der General. »Das hatte ich ganz vergessen. Sie sollen hereinkommen.«
    Aber Mayli legte den Zeigefinger auf den Mund. »Nein«, flüsterte sie. »Laßt mich zuerst hinaus.«
    Der Soldat entfernte sich. Nachdem Mayli ihm eine Minute Zeit gelassen hatte, nahm sie dankend Abschied und ging ebenfalls hinaus. Sie befürchtete, Sheng könnte in der Nähe sein und sie sehen; deshalb schlug sie den Kragen ihres Capes in die Höhe, senkte den Kopf und beschleunigte ihre Schritte. Aber sie erblickte ihn nirgends und fühlte sich deshalb sicher.
    Sie wäre wohl auch sicher gewesen, wenn es sich bei dem Soldaten nicht um einen unflätigen Burschen gehandelt hätte, der gern schmutzige Bemerkungen machte. So lachte er sich ins Fäustchen, während er davonging, und berichtete den drei Kommandanten, daß sie warten müßten, weil der General eine Besucherin habe, die sie nicht zu Gesicht bekommen dürften.
    Sie sahen einander an und wagten aus Hochachtung vor ihrem Vorgesetzten keine Antwort zu geben, doch als der Soldat sich entfernt hatte, sagte Sheng unumwunden: »Ich hätte nicht gedacht, daß er so einer wäre.«
    »Das ist er auch nicht«, entgegnete einer seiner Kameraden. »Kleine Geister sind immer gleich bereit, zweideutige Gedanken zu hegen, vor allem bei Menschen, die über ihnen stehen.«
    Nun aber war das Zimmer, in dem sie warteten, ein kleiner Raum, der auf den Haupthof hinausführte. Ein Flur lag zwischen dem Hof und dem Zimmer, und die Tür, durch die man auf den Flur gelangte, stand offen.
    Zufällig trat einer der drei Männer unter diese Tür. »Immerhin sehe ich eine Frau«, sagte er unwillig.
    Daraufhin traten die beiden andern ebenfalls zur Tür, und alle sahen sie, die große, schlanke Frau, die in ein Cape gehüllt war, für eine rasche Sekunde, zu rasch, um ihr Äußeres zu erhaschen. Aber Sheng wußte im gleichen Augenblick, wer es war. Viele Frauen trugen solch ein Cape, doch diese große Frau kannte er. Zufällig fiel sein Auge auf ihre Hand, die den Capekragen hielt, und zum Beweis funkelte dort ein grüner Jadestein.
    Wer vermag den Ansturm des

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