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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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dies ist Dienst am Vaterland.«
    Als ob auch unter den Frauen Sehnsucht nach Lachen bestand, erhob sich solch ein Gekicher und Geschwätz, daß Mayli unwillkürlich lächeln mußte – wie jung sie alle waren! Wäre kein Krieg, so befänden sie sich jetzt in Schulen und Heimen; so aber waren sie hier, Angehörige einer Armee, im Begriff, sich am Kampf gegen den schlimmsten Feind zu beteiligen, mit dem ihr Vaterland jemals zu tun gehabt hatte! Sie, die Tränen so sehr verabscheute, fühlte mit einem Male, wie ihr die Kehle eng wurde und wie ihre Lippen zitterten, während sie lächelte.
    »Los, los!« rief sie. »Soll ich die ganze Nacht warten, bis sich jemand meldet?«
    Hierauf trat eine nach der andern vor.
    »Ich kann ein paar fremde Lieder singen«, sagte Siu-chen.
    »Und ich kann einen Schwertertanz«, erbot sich Hsieh-ying an.
    »Ich weiß ein Taschenkunststück, das mein Bruder mir einmal beigebracht hat«, erklärte An-lan.
    »Ich will eine Geschichte erzählen«, schlug Chi-ling vor.
    So meldeten sich allmählich zwanzig Frauen, die alle etwas vorführen konnten, und diese zwanzig folgten Mayli zu den Soldaten, in deren Mitte ein freier Platz für sie geschaffen worden war. Pao Chen hatte auf sie gewartet, und als er sie kommen sah, klatschte er in die Hände, worauf alle Männer in die Hände klatschten, jedoch leise und nur einen Augenblick.
    Dort, im hellen Licht des Mondes, sprach Pao Chen, und er sprach sehr gut, als läse er etwas Geschriebenes laut vor.
    »Brüder«, sagte er, »heute nacht sind wir fern der Heimat und der Erde, die wir unser eigen nennen. Freilich, keiner unserer Ahnen hat jemals getan, was wir heute tun. Wir tragen die Schlacht in das Land eines anderen Volkes. Dies Land ist uns fremd, und weil es uns fremd ist, fühlen wir uns unruhig und sind nicht sicher, ob richtig ist, was wir tun. Darum laßt uns unsere Sicherheit zurückgewinnen. Wir sind hier auf Befehl des Allerhöchsten, und ihm müssen wir gehorchen. Der Feind ist derselbe Feind, jener, der gerade heute seine Bomben auf unsere Heimat niederfallen läßt, der heute Hunderte und Tausende tötet. Wenn wir auch auf fremdem Boden sind, so begehren wir doch diesen Boden nicht. Sowie der Feind besiegt ist, werden wir wieder heimgehen, nichts mitnehmend, das wir nicht hergebracht haben. Darum können wir zuversichtlich sein im Bewußtsein, daß richtig ist, was wir tun. – Da nun unsere Herzen frei sein dürfen, so daß wir Schlaf finden werden, sollen unsere Schwestern uns ein bis zwei Stunden mit Gesang, Tanz und Spiel erfreuen. Wie ihre Namen lauten, ist gleichgültig. Sie sind unsere Schwestern, und das genügt.« Nach diesen Worten verbeugte er sich und trat beiseite. Mayli nahm seinen Platz ein und berichtete in Kürze von ihrem Vorhaben. Auch sie erwähnte keinen Namen, nicht einmal ihren eigenen, denn wirklich, was hatten Namen zu bedeuten? Vor sich im hellen Mondlicht sah sie die Gesichter vieler Männer, die gleichfalls keinen Namen hatten.
    »Ein paar von uns werden singen«, kündigte sie an, »und einige werden vortragen. Sechs von uns werden ein kleines Stück spielen, das diese sechs daheim in den Dörfern oft vorgeführt haben, wenn sie von Ort zu Ort reisten, um den Leuten zu sagen, was dieser Krieg bedeutet und wie er von allen gekämpft werden muß, auf dem Schlachtfeld und in der Heimat.«
    Als sie zu sprechen anhub, saß Sheng ziemlich entfernt im Hintergrund. Er bekam einen großen Schreck und sprang auf die Füße. Konnten zwei Stimmen so gleich sein wie die dieses Mädchens und Maylis? fragte er sich. Lauschend stand er da; nicht jedes Wort, das sie sagte, verstand er, weil er zu weit entfernt war und weil die Mücken ihm so laut um die Ohren sirrten. Wie aber konnte er ihr Gesicht im Mondlicht erkennen? Sie trug die gleiche Uniform wie alle und sah, aus der Ferne betrachtet, wie ein Junge aus. Der Wind lüftete ihre kurzen Haare und wehte sie aus ihrem Gesicht, doch keinen ihrer Züge vermochte er wahrzunehmen.
    Er setzte sich wieder. Natürlich war sie es nicht. Wie hätte sie es auch sein können, da er sie doch viele hundert Kilometer entfernt in einem Häuschen in Kunming zurückgelassen hatte?
    Dann fiel ihm ein, wo er sie zum letztenmal gesehen hatte. Ihr Antlitz hatte er nicht erblickt, sondern nur die Hand mit dem Jadering. Sie war aus dem Zimmer des Generals gekommen; er und die andern Offiziere hatten gewartet, als der Wachtsoldat seine gemeinen Worte geäußert hatte.
    »Es wird wohl einige

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