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Das Gesamtwerk

Das Gesamtwerk

Titel: Das Gesamtwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Borchert
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und Not und Demut: Die wollen wir lieben in all ihrer Erbärmlichkeit. Die wollen wir lieben wie die Christen ihren Christus: Um ihr Leid. Denn sie sind Deutschland. Und dieses Deutschland sind wir dochselbst. Und dieses Deutschland müssen wir doch wieder bauen im Nichts, über Abgründen: Aus unserer Not, mit unserer Liebe. Denn wir lieben dieses Deutschland doch. Wie wir die Städte lieben um ihren Schutt – so wollen wir die Herzen um die Asche ihres Leides lieben. Um ihren verbrannten Stolz, um ihr verkohltes Heldenkostüm, um ihren versengten Glauben, um ihr zertrümmertes Vertrauen, um ihre ruinierte Liebe. Vor allem müssen wir die Mütter lieben, ob sie nun achtzehn oder achtundsechzig sind – denn die Mütter sollen uns die Kraft geben für dies Deutschland im Schutt.
    Unser Manifest ist die Liebe. Wir wollen die Steine in den Städten lieben, unsere Steine, die die Sonne noch wärmt, wieder wärmt nach der Schlacht –
    Und wir wollen den großen Uuh-Wind wieder lieben, unseren Wind, der immer noch singt in den Wäldern. Und der auch die gestürzten Balken besingt –
    Und die gelbwarmen Fenster mit den Rilkegedichten dahinter – Und die rattigen Keller mit den lilagehungerten Kindern darin – Und die Hütten aus Pappe und Holz, in denen die Menschen noch essen, unsere Menschen, und noch schlafen. Und manchmal noch singen. Und manchmal und manchmal noch lachen –
    Denn das ist Deutschland. Und das wollen wir lieben, wir, mit verrostetem Helm und verlorenem Herzen hier auf der Welt.
    Doch, doch: Wir wollen in dieser wahn-witzigen Welt noch wieder, immer wieder lieben!

Sechs Fragen an Wolfgang Borchert
    Was halten Sie von der deutschen Literatur der Nachkriegszeit, besonders auch von den jungen Dichtern?

    Die gegenwärtige deutsche Literatur hat jetzt ihre große Chance. Es scheint so, daß die jüngere Generation das begreift.

    Haben Sie den Eindruck, daß Deutschland den Nationalismus und Militarismus überwinden wird?

    Solange an Deutschlands Grenzen Paraden marschiert und nationale Sicherheiten gefordert werden, kann man über diese Frage nicht diskutieren.

    Mit welchen Themen, glauben Sie, wird man den Leser nicht langweilen?

    Mit Themen über Gott oder Nicht-Gott, mit Themen über Brot oder Nicht-Brot – das kommt auf den Leser an.

    Wie definieren Sie die Begriffe «Demokratie» und «persönliche Freiheit»?

    Solange die Zigarettenstummel fremder Militärmächte auf der Straße liegen (damit will ich nichts gegen die Zigaretten gesagt haben), und solange ich 16seitige Fragebogen ausfüllen muß, um in einer Zeitschrift gedruckt zu werden, solange ist es sinnlos über Demokratie und persönliche Freiheit zu debattieren.

    Sie sind ein religiöser Dichter. Warum verbergen Sie es?

    Natürlich bin ich ein religiöser Dichter. Ich verberge es nicht. Ich glaube an die Sonne, an den Walfisch, an meine Mutter und an das Gras. Genügt das nicht? Das Gras ist nämlich nicht nur das Gras.

    Ihr Drama «Draußen vor der Tür» behauptet im Vorspruch, nicht aufgeführt zu werden. Was sagen Sie dazu, daß jetzt gleich mehrere große Bühnen dieses Stück zur Aufführung erworben haben?

    Daß eine Reihe von Bühnen mein Stück aufführt, ist reine Verlegenheit – was sollen sie sonst tun? (Außerdem will es kein Intendant mit Vater Rowohlt verderben – das ist alles!) Denn mein Stück ist nur ein Plakat, morgen sieht es keiner mehr an.

Dann gibt es nur eins!
    Du. Mann an der Maschine und Mann in der Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen – sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins:
    Sag NEIN!
    Du. Mädchen hinterm Ladentisch und Mädchen im Büro. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst Granaten füllen und Zielfernrohre für Scharfschützengewehre montieren, dann gibt es nur eins:
    Sag NEIN!
    Du. Besitzer der Fabrik. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst statt Puder und Kakao Schießpulver verkaufen, dann gibt es nur eins:
    SagNEIN!
    Du. Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins:
    Sag NEIN!
    Du. Dichter in deiner Stube. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Liebeslieder, du sollst Haßlieder singen, dann gibt es nur eins:
    Sag NEIN!
    Du. Arzt am Krankenbett. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst die Männer kriegstauglich schreiben, dann gibt es nur eins:
    Sag NEIN!
    Du. Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir

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