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Das Gesamtwerk

Das Gesamtwerk

Titel: Das Gesamtwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Borchert
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versehen. Entsprechende Verlagsverträge über die Publikation und den Bühnenvertrieb des Theaterstücks wurden am 29.4./​1. 5. 1947 geschlossen. Der Rowohlt Verlag brachte im Juli 1947
Draußen vor der Tür
als (gedrucktes) Bühnenmanuskript für die Theater heraus. Im Impressum heißt es: «Dieses Manuskript ist unverkäuflich und darf nur auf Grund eines Vertrages mit der Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg – Stuttgart verwertet, insbesondere vervielfältigt oder sonst irgendwie entgeltlich oder unentgeltlich weitergegeben werden. Es ist verboten, Rollen auszuschreiben.» Die zweite Auflage, nun auch für den Buchhandel bestimmt und mit einer Umschlagzeichnung von Karl Staudinger versehen, erschien Mai 1948.

    Die vom Autor selbst erstellte Hörspielfassung, Ursendung am 13. 2. 1947, weist nicht nur (durch die begrenzte Sendezeit notwendige) Kürzungen auf, sondern weicht in mehreren Passagen vom Theatertext ab. Die Varianten:

    1. Szene, S. 126 f.:
    DER ANDERE: Du wirst mich nicht los. Ich habe tausend Gesichter. Ich habe tausend Namen, ich habe hunderttausend Stimmen, heimliche, heisere, hektische, hetzende, hurraschreiende, helfende Stimmen. Ich bin die Stimme, und ich habe tausend Gesichter. Weißt Du noch, auf derSchulbank hatte ich eine dicke breite Nase und Sommersprossen. Hast du vergessen, daß ich auf der Eisbahn klein, schmal und dunkelhaarig war? Und im Treppenhaus, bei der ersten Zigarette, kraushaarig und blond?
    BECKMANN: Und in Rußland, warst du da der Graue, Unentwegte, Mürrische? Und der Rothaarige, der so schrie, wenn es losging. Und der alte Feldwebel, der Kutscher von Beruf, der immer lachte, wenn alles schief ging?
    DER ANDERE: Ich bin der Andere, der immer da ist.

    3. Szene, S. 148:
    OBERST: Na, aber mein lieber Herr – Herr Beckmann, warum denn so düster, warum denn so destruktiv? Nein, wirklich, mein bester Herr Beckmann! Sie sollten tatsächlich mal ausschlafen. Sie sind vielleicht ’n bißchen – angegriffen von dem – Feldzug. Vielleicht fahren Sie mal in den Süden, mal richtig ausspannen! Sie sehn doch wohl alles ’n bißchen schwarz. Sagen Sie mal, Sie sind doch wohl nicht etwa so ’n heimlicher Pazifist, wie?

    3. Szene, S. 150 f. (anstelle des Schlussmonologs):
    BECKMANN: Hallo. Hallo, Alter, bist du noch da?
    DER ANDERE: Ich bin da.
    BECKMANN: Komm, trink ’nen Schluck. Die Leute haben mir Schnaps geschenkt. Nett, was?
(Eine Flasche gluckert)
Prost, du, der wärmt, was? (…) Ich geh zum Zirkus, die Leute lachen sich kaputt. Ich werd mir ein Gedicht zurechtdichten, wo es so recht grausig hergeht, so einen charmanten Schlager mit Blut und vielen Toten, daß die Leute was zu lachen haben. Der Schnaps hat mir das Leben gerettet. Mein Verstand ist ersoffen. Komm, Junge, wir gehen zum Zirkus. Warum sagst du denn nichts?
    DER ANDERE: Ich wundere mich. Ich freue mich über unsereVerdauung. Ersaufen, verrecken, verlieben und wieder verrecken. Zirkus, Schnaps und bis an den Hals besoffen und morgen Zirkus
(lacht).
Wir müssen doch ganz handfeste Eingeweide haben, daß wir alles verdauen. Komm, Junge, komm.

    5. Szene, S. 164 ff.:
    FRAU KRAMER: Doch. Soviel ich weiß: Kapelle 5.
    BECKMANN: Kapelle 5? Was für eine Kapelle 5? Das hört sich ja an wie Zelle 5. Die alten Leute sitzen doch nicht?
    FRAU KRAMER: Nein, sie liegen. Bei Kapelle 5, Sie komischer Sohn, der das nicht wissen will. Kapelle 5 in Ohlsdorf. (…) Die alten Beckmanns konnten nicht mehr, wissen Sie? Ihr Alter war ein tätiger Mensch, das wissen Sie ja. Er brauchte seine Arbeit wie das liebe Brot. Na, und als das nun plötzlich vorbei war, da wurde er ganz krank, der alte Beckmann. Er hatte nichts mehr zu tun, und das konnte er eben nicht ab. Er mußte faulenzen, und da wurde er faul bei, innerlich, wissen Sie? Ganz morsch wurde er hier im Hause.
    BECKMANN: Ja, aber er hatte doch seine Werft!
    FRAU KRAMER: Ja, das war es ja, Junge, hatte! 30 Jahre lang war er jeden Morgen um fünfe hoch und um sechs auf der Werft. Aber das war ja mit einem Mal alles vorbei.
    BECKMANN: War er denn mit einmal nicht mehr auf der Werft?
    FRAU KRAMER: Junger Mann, da ist keine Werft mehr. Aus, vorbei! Blohm & Voß haben sie in die Luft gejagt und die Helgen verbogen und die Docks durchlöchert. Aus, vorbei! Und die Leute saßen da und haben geheult, sag ich Ihnen, geheult haben sie, die alten Männer. Sagen Sie mal, ich freue mich schon die ganze Zeit über das drollige Ding, was Sie da als Brille auf die Nase gebastelt haben.

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