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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Einlieferung eines Soldaten vom Strafbataillon zu fachärztlicher Behandlung. Ich habe den Befehl, den Mann …«
    »Wer hier befiehlt, ist wohl klar, was?« Dr. Mainetti zeigte auf die Tür. Der Blick des Soldaten ging an dem ausgestreckten Arm entlang, in seinem Gesicht zuckte es. »'raus! Und zwar mit Hurra! Und was mit dem Mann geschieht, bestimme ich und nicht Ihr Kompaniechef, verstanden?«
    »Ich …«
    »'raus!« brüllte Lisa Mainetti. Der Wachsoldat zuckte zusammen, nahm sein Gewehr unter den Arm und verließ das Behandlungszimmer. Draußen auf dem Flur blieb er vor der Tür stehen, wie eine Schildwache.
    Der junge Soldat mit dem schiefstehenden Kiefer sah Lisa dankbar an. In seine Augen traten plötzlich Tränen, er streckte die Hände aus, als suche er Hilfe. Dr. Mainetti tastete noch einmal vorsichtig den Kiefer ab. Sie stellte fest, daß hier kein totaler Bruch vorlag. Der Unterkiefer links war nur aus dem Gelenk gesprungen, und der äußere Prozessus war angebrochen. Ein Bluterguß war nicht mehr vorhanden, das öffnen des Mundes war nur bis zu zwei Fingerbreiten möglich.
    Dr. Mainetti richtete sich auf.
    »Sie sind in einem Strafbataillon?« fragte sie und winkte dem Sanitäter. »Evipan und Gipsbinde«, rief sie ihm zu.
    Der Junge nickte.
    »Und warum?«
    »Ich habe den Urlaub überschritten. Nur drei Tage, nicht mehr.« Er weinte jetzt und lehnte den Kopf zurück an die Wand. »Ich war in Urlaub, und meine Mutter hatte Grippe. Ganz fürchterlich hat sie gehustet. Und am letzten Tag war Fliegeralarm, wir mußten in den kalten Keller. Da ist es schlimmer geworden mit ihr, sie hat Fieber bekommen, 40,5, Frau Doktor. Da bin ich drei Tage länger geblieben, um sie zu pflegen. Kein Krankenhaus wollte sie aufnehmen, alles war voll von den Bombenverletzten. Dann bin ich zurück zur Truppe, als das Fieber vorbei war. Und dort haben sie mich verurteilt. Wegen unerlaubter Entfernung von der Truppe – zuerst zum Tode – dann hat es mein Kommandeur umgewandelt, weil ich doch vorher noch nie etwas … Strafbataillon.« Das Gesicht des Jungen verzerrte sich vor nackter Angst. »Aber ich wollte doch nur meiner Mutter helfen. Niemand hat ihr doch beigestanden! Und nun … nun … keiner glaubt mir … keiner …«
    Dr. Mainetti wusch sich die Hände. Das ist unmöglich, dachte sie. Diese Verletzung ist keine Kriegsverletzung. Zusammengeschlagen hat man den Jungen, einfach zusammengetrommelt mit den Fäusten. Sie unterbrach ihre Waschung und klinkte mit den nassen Händen die Tür auf. Der Wachmann stand vor dem Behandlungsraum. Als er Lisa sah, wurde er rot im Gesicht und kniff die Lippen zusammen.
    »Warum ist der Mann im Strafbataillon?« rief Dr. Mainetti.
    »Weiß ich nicht!« brummte der Wachsoldat.
    »Und woher hat er den Kieferbruch?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Gehen Sie zurück zu Ihrem Kommandeur und sagen Sie ihm, daß der Mann hier bleibt! Ich muß den Bruch einrichten und schienen. Ein schriftlicher Bericht wird nachgereicht.«
    »Das geht nicht.« Der Wachmann trat einen Schritt auf Dr. Mainetti zu. »Ich muß ihn wieder mit zurückbringen.«
    »Die Schnauze müssen Sie halten!« schrie Lisa. »Gehen Sie aufs Geschäftszimmer und warten Sie auf einen Aufnahmeschein! Und dann 'raus hier!«
    Sie knallte die Tür zu und ging zurück zum Waschbecken.
    Im Flur stand der Wachsoldat unschlüssig herum.
    So traf ihn Dr. Urban, der auf seinem Zimmer aus der Lektüre der neuen Nummer des ›Reichs‹ durch Lisas Stimme aufgeschreckt worden war und nun zum Verbandszimmer kam.
    »Was ist denn hier los?« fragte er. Er sah das aufgepflanzte Bajonett und stieß einen kurzen Pfiff aus. »Was machen Sie denn hier? Haben Sie einen gebracht? Kommen Sie mit auf mein Zimmer und berichten Sie mir.«
    Während Lisa Mainetti nach der Evipaninjektion den Kiefer des Jungen mit einem Gipsverband einrichtete und fixierte und ihn dann auf ihre Station bringen ließ, berichtete der Wachsoldat über seinen Auftritt mit ihr.
    »Tun Sie alles, was sie Ihnen gesagt hat«, sagte Dr. Urban zufrieden. »Und erzählen Sie Ihrem Kommandeur alles. Das saubere Früchtchen werde ich selbst im Auge behalten. Abhauen und dann hier auch noch große Bogen spucken. Ich werde das schon regeln.«
    Dr. Mainetti schrubbte sich noch den Gips von den Händen, als Dr. Urban lächelnd eintrat und sich neben das Waschbecken stellte.
    »Ich nehme an, der junge Mann hat einen solch komplizierten Bruch, daß er einige Monate im Lazarett bleiben muß«, sagte

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