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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Freude zu bemerken.
    »Laß Ursula nachkommen. Bitte, Mutter …«, sagte Erich Schwabe.
    »Das nächstemal, mein Junge.« Frau Hedwig Schwabe stieß hinter dem Rücken Erichs die Tasche mit dem Kuchen und der Schmierwurst tief unters Bett. »Jetzt bin erst einmal ich da … Und nun sei brav und tu alles, was man dir sagt …«
    Erich Schwabes Augen lächelten. »Ja, Mutter«, sagte er leise. »Es ist ja so schön, daß du da bist.«
    Dr. Mainetti sah aus dem Fenster, während Frau Schwabe noch einmal das zerstörte Gesicht des Sohnes küßte. Es kostete sie keine Überwindung mehr. Es ist mein Kind, dachte sie. Mein Fleisch und Blut. Was man ihm angetan hat, hat man auch mir angetan.
    »Mein lieber, lieber Junge«, sagte sie zärtlich und küßte Erichs Augen. »Bis morgen! Ich werde Ursula sofort schreiben, wie gut es dir geht.«
    Es klopfte. Schwester Dora Graff kam herein, um Erich Schwabe abzuholen.
    »Ich werde ihr auch schreiben, Mutter.« Schwabe lehnte den Kopf auf die Schulter der Mutter. »Und danke schön, Mutter … für alles, für alles … alles … bin jetzt so froh.«
    Er riß sich los, und ohne sich noch einmal umzublicken, verließ er mit Dora Graff das Zimmer.
    Als die Tür hinter ihm zuklappte, vernahm Dr. Mainetti hinter sich einen tiefen Seufzer. Ehe sie zuspringen konnte, sank Frau Schwabe auf das Bett und drückte den weißhaarigen Kopf in die Kissen.
    »Erich!« schrie sie in das Kissen. »Mein Junge! Mein Junge!«
    Dann weinte sie, endlich befreit von allem Zwang, dem sie sich zwei Stunden gebeugt hatte. Nun fand das Grauen auch zu ihr, und ihr war, als zerreiße es ihr das Herz.
    Dr. Mainetti ließ sie weinen. Sie setzte sich sacht neben sie auf das Bett und wartete, bis die alte Frau den Kopf hob.
    »Sie waren unendlich tapfer«, sagte sie.
    Frau Schwabe schüttelte den Kopf. »Glauben Sie, daß er nichts gemerkt hat?« schluchzte sie.
    »Bestimmt nicht. Sie haben mehr zu seiner Heilung beigetragen als hundert Medikamente.«
    »Wird er … wird er jemals wieder ein Gesicht bekommen, Frau Doktor?«
    »Ja. Wir werden alles versuchen. Haben Sie ein gutes Foto von Ihrem Sohn? Wir wollen uns bemühen, sein Gesicht so ähnlich wie möglich wiederherzustellen.«
    Frau Schwabe trocknete ihre Tränen ab. Ein Gedanke nahm jetzt von ihr Besitz, der ihre ganze mütterliche Kampfbereitschaft aufrief und keinen Platz für Trauer oder Entsetzen ließ.
    »Was wird Ursula, seine Frau, sagen, wenn sie ihn so sieht?« fragte sie. »Was soll ich ihr sagen, Frau Doktor?«
    »Die Wahrheit. Ich habe mit der kleinen Frau gesprochen. Während wir dachten, sie sitzt sicher in der Wachstube, ist sie spazierengegangen und hat einige der Gesichtsverletzten durch Zufall gesehen. Sie hat sich besser benommen, als ich erwartet habe. Sie will ihren Mann sehen …«
    »So nicht!« Frau Schwabe hob beide Hände. »Ich lasse das nicht zu, Frau Doktor!«
    »Sie will warten. Vielleicht in zwei oder drei Monaten wird es möglich sein.« Dr. Mainetti legte die Hände zusammen. »Sie haben jetzt zwei große Aufgaben, Frau Schwabe. Sie müssen Ihrem Sohn die Zukunft schenken, indem Sie ihn belügen. Und Sie müssen auf Ihre Schwiegertochter achtgeben, daß sie an diese Zukunft ebenso fest glaubt wie Ihr Sohn. Es wird nicht leicht sein, ich kenne das aus vielen Fällen. Für Sie bleibt Erich immer Ihr Kind … aber die kleine Frau wird sich nächtelang den Kopf zergrübeln, ob es möglich ist, mit einem Mann ohne Gesicht für immer zusammen zu leben. Sie ist noch jung, ihr Leben als Frau hat eben erst begonnen. Es wird für sie unendlich schwerer sein als für Sie als Mutter, sich an einen Anblick zu gewöhnen, der einem ständig einen Stich ins Herz gibt. Sie werden eine schwere Aufgabe haben …«
    »Ich weiß.« Frau Schwabe holte die Tasche unter dem Bett hervor und packte sie aus. Den Kuchen, die Wurst, die Plätzchen. Abgehungert von den wenigen Lebensmittelmarken, erbettelt von den Nachbarn.
    »Geben Sie es den Jungen, die wieder richtig kauen können«, sagte sie stockend. »Darf ich morgen wiederkommen?«
    »Aber natürlich.«
    »Ich brauche Ursula nichts zu sagen?«
    »Nein. Sie weiß alles.«
    Sie gingen durch die langen Gänge bis zu dem kleinen Wartezimmer neben dem Verbandsraum. Dort wartete Ursula, auf einem Schemel hockend. Ihr Gesicht hatte man ganz mit Salbe beschmiert, und über ein paar der abgeschrammten Stellen klebte Leukoplastpflaster.
    Frau Schwabe fragte nicht, was geschehen war. Sie faßte Ursula unter

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