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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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spielte, bis zum Hochzeitsbild, das ihn stolz und selbstbewußt zeigt: Seht, solch eine hübsche Frau habe ich ab heute!
    »Fährst du Weihnachten wieder hin?« fragte Ursula.
    Sie hatte eine Sonderzuteilung Mehl bekommen. Nun saß sie vor der Tüte und wußte nicht, ob sie ein paar Weihnachtsplätzchen backen sollte oder nicht.
    »Ja«, sagte Frau Schwabe.
    »Ob er schon Plätzchen essen kann?«
    »Ich glaub' es nicht, Uschi.«
    Ursula trug die Tüte mit Mehl weg in eine Ecke und verschloß sie im Oberteil eines Küchenschranks, das auf dem Kellerboden stand. Das Unterteil war verbrannt.
    »Er hat geschrieben, ich soll mitkommen«, sagte sie, als sie zurückkam. Seit zwei Wochen sagte sie es, immer und immer wieder, und stets hatte Frau Schwabe die gleiche geduldige Antwort für sie.
    »Im Februar wird es gehen, sagt die Frau Doktor.«
    »Aber ich liebe ihn doch! Ich werde bestimmt nicht entsetzt sein … Ich … ich …«
    »Du mußt Geduld haben, Uschi. Sei tapfer um Erichs willen. Es wird einmal eine Zeit kommen, wo er dich voll und ganz braucht. Dich allein … nicht mehr mich. Und es wird bald sein. Mit jeder Operation kommt er näher zu dir, kommt er zu dir zurück … Du kannst ihm jetzt nur helfen, indem du wartest.«
    Einen Tag vor Heiligabend fuhr Frau Schwabe wieder nach Schloß Bernegg. Sie hatte diesmal nichts zu essen bei sich, aber eine große Fotografie Ursulas in einem geschnitzten Holzrahmen. Beides zusammen hatte sie die Rauchermarken von sechs Wochen gekostet. Und Bücher hatte sie gekauft, von einem Mann, der durch den Verkauf seiner geretteten Bibliothek seinen Kochtopf füllte.
    So kam sie, schwer bepackt, in Bernegg an.
    Sie war nicht die einzige Mutter in dem großen, ausgeräumten Zimmer, in dem sie dann saß und wartete. Viele Frauen waren gekommen; sie saßen ein wenig bedrückt auf den Stühlen und warteten, was geschehen sollte. Es roch nach frischem Tannengrün und Gebäck, nach Äther und angebranntem Gulasch. Ein Soldat mit Rotkreuzbinde stand in der Tür und sah auf seine Armbanduhr.
    »Der Chef kommt gleich«, sagte er. »Er hat vorher noch etwas zu sagen.«

5
    In ihren Zimmern saßen die Verwundeten und warteten mit der gleichen schmerzhaften Ungeduld wie die Mütter und Frauen im Erdgeschoß des Blocks B. Eine ameisenemsige Tätigkeit war diesen Minuten der stummen Gespanntheit vorausgegangen. Es begann schon am frühen Morgen mit einer Dusche und mit der ›Herrichtung‹ der Gesichter. Es wurde neu verbunden, neue Leukoplaststreifen wurden über die schlimmsten Narben und Entstellungen geklebt. Einige rasierten sich sogar. Millimeterweise schabten sie die wenigen Barthaare ab, die wieder hervorsprossen oder die auf den übriggebliebenen Hautpartien zwischen den Narben wucherten. Dr. Urbans Spezialität war es, gerade diesen Männern das Leben sauer zu machen, die sich noch rasieren mußten. »Ein bißchen näher ans Messer 'ran!« schrie er, wenn er einen Verwundeten mit einigen übersehenen Stoppeln antraf. »Hat der Kerl das Glück, noch Haut auf dem Gesicht zu haben, und vernachlässigt sie! Kehrt marsch – und nochmals rasiert!«
    Die Uniformen wurden geputzt und aufgebügelt. Die Hosen hatten einen scharfen Kniff. In alter Landsermanier waren sie am Abend vorher am Bruch naß gemacht und unter die Matratze gelegt worden. Das gab eine bessere Falte als das schwerste Bügeleisen eines Schneiders.
    Auch Wastl Feininger hatte die Nachricht bekommen, daß seine Frau aus Berchtesgaden herüberkäme. Das hatte ihn in Not gebracht. »Dös Luada kimmt!« schimpfte er und hieb mit seinem Schiffchen auf den Tisch. »Jetzt kann i dös Madl drunten abbestell'n! Is dös no a Festtag, wenn mei Alte kimmt?«
    Fritz Adam saß nachdenklich und still auf seinem Bett. Auch seine Frau hatte sich angesagt. Zum erstenmal kam sie nach Bernegg. Er hatte ihr geschrieben, daß er eine Verletzung im Gesicht habe und daß er – wenn die Operation gelänge – vielleicht etwas verändert aussehen würde. Irene Adam, das kapriziöse Frauchen, hatte darauf geantwortet: »Es wird sich alles finden. So schlimm wird's nicht sein …« Nun saß Fritz Adam ängstlich und mit wildem Herzklopfen auf seinem Bett. Unten, ein Stockwerk tiefer, wartete Irene. Er wußte es. Schwester Dora Graff hatte allen mitgeteilt, wer gekommen war. Er hatte sich sorgfältig rasiert und gekämmt, und der Sanitätsunteroffizier – ein Famulus, der Dr. Mainetti auf der Station half – hatte neue, breite Leukoplaststreifen

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