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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wegfahren. Nach Würzburg, nach Bamberg … es ist gleich, wohin. Nur weg aus Bernegg!«
    Dr. Urbans Gesicht war eine einzige, große Genugtuung. Er schlug die Beine übereinander und trommelte mit den Fingern auf seinem Knie.
    »Der liebe Unruh kommt, nicht wahr? Lag ja in der Luft. Alles frei machen zum siegreichen Endkampf! Und nun wollen Sie und der Chef ein bißchen Blindekuh spielen, was? Für zehn Ampullen MO! Haltet ihr mich für verrückt?«
    »Ich weiß, daß Sie nur noch einen Vorrat für zwei Tage haben, Urban.«
    »Genau! Aber dann ist die Kommission wieder weg, und ich bekomme ohne diesen Betrug an Führer und Reich meine Ampullen von Ihnen – bei unserem gegenseitigen Vertrauensverhältnis.«
    Lisa Mainetti schwieg. Sie erkannte, daß Urban in diesem Augenblick die Trümpfe in der Hand hielt. Solange er sein Morphium besaß und Vorrat hatte, war es unmöglich, ihn zu zwingen.
    »Es ist schade«, sagte sie nach einer kurzen Spanne des Nachdenkens. »Sie haben mich überzeugt.« Sie steckte die Päckchen wieder in ihre Tasche und wandte sich ab. Langsam ging sie zum Fenster, vorbei an Urban, der noch immer fröhlich auf sein Knie trommelte.
    Vor dem Fenster blieb sie stehen und sah hinaus auf die Straße. Vom Zimmer Urbans konnte man über die Mauer hinwegblicken zur Hauptwache und zur Einfahrt in den Block B.
    »Was ist denn das?« sagte Lisa plötzlich und drehte sich herum. »Verlieren Sie jetzt auch noch das letzte Schamgefühl, Dr. Urban? Da unten steht Irene Adam auf der Straße und versucht, Zeichen zu diesem Fenster hinauf zu machen.«
    »Unmöglich!« Dr. Urban sprang auf. »Das ist völlig unmöglich.«
    Er rannte ans Fenster und riß die Gardine zur Seite. Die Straße unten war leer. Nur ein Posten pendelte durch den Schnee vor der Einfahrt hin und her.
    »Wo ist sie denn?« fragte er, öffnete das Fenster und beugte sich hinaus. »Ich sehe nichts.«
    Lisa Mainetti hatte die wenigen Sekunden genutzt. Während sich Dr. Urban aus dem Fenster beugte, war sie rasch an seinen Nachttisch getreten und hatte die Schublade aufgezogen. Hilf Gott, daß er es hier verwahrt, dachte Lisa. Es ist meine letzte Chance, 70 Menschen zu retten.
    Unter einem Buch und einigen Taschentüchern fand sie mit schnellem Griff, was sie suchte. Einen kleinen, länglichen, verchromten Kasten. Ein Spritzenetui mit einer Spritze, drei Nadeln und drei Ampullen MO. Sie riß den Kasten aus der Schublade und stieß sie mit dem Knie wieder zu, in dem Augenblick, als sich Urban umdrehte.
    Sein Blick wurde starr, als er erkannte, was geschehen war. Er streckte die Hände vor, spreizte die Finger und drückte das Kinn gegen den Hals.
    Lisa wich zur Tür zurück. Sie legte die Hand auf die Klinke und drückte sie hinunter. Aber sie öffnete die Tür noch nicht.
    »Wenn Sie mich anfassen, schreie ich«, sagte sie laut. »Und ich kann schreien, das wissen Sie!«
    »Sie verdammtes, raffiniertes Aas«, sagte Dr. Urban heiser. »Es war ein nie wiedergutzumachender Fehler, Sie nicht ins KZ zu bringen!«
    »Geben Sie mir die Liste, und Sie bekommen zehn Ampullen und Ihre Spritze zurück!«
    »Und wenn ich mich weigere?«
    »Dann werden Sie spätestens heute abend halb wahnsinnig herumlaufen. Sehen Sie sich doch in Ihrem Spiegel an. Sie halten es ohne MO nicht aus bis heute abend.«
    Dr. Urban schloß mit zitternden Händen das Fenster. Ohne ein weiteres Wort ging er zu seinem Schrank, holte zwei Schnellhefter heraus und warf sie auf den zwischen ihm und Lisa stehenden Tisch.
    »Sind das alle Durchschläge?« fragte sie.
    »Ja. Halten Sie mich für einen Lumpen?«
    »Genau das!« Sie trat an den Schrank heran, und Urban hinderte sie nicht, als sie die Wäsche durchwühlte. Unter seinen Hemden fand sie einen dritten Schnellhefter und warf ihn auf den Tisch zu den beiden anderen.
    »Also doch ein Lump!« sagte sie dabei. Sie legte eines der versiegelten Päckchen auf den Nachttisch sowie den abgegriffenen, verchromten Kasten mit der Spritze. »Die anderen zehn Ampullen bekommen Sie, wenn Sie morgen früh das Haus verlassen!«
    »Und wenn ich wiederkomme? Wenn ich den Mund nicht halte und alles der Kommission erzähle?« schrie Dr. Urban.
    Lisa Mainetti nahm die drei Schnellhefter vom Tisch und klemmte sie sich unter den Arm. Dabei schüttelte sie den Kopf.
    »Mut haben die Hungrigen«, sagte sie. »Sie aber sind satt wie ein Mastferkel, wenn Sie Ihr Morphium gespritzt haben!«
    In den nächsten Stunden sah es auf Schloß Bernegg aus, als wolle

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