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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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es. Ich weiß es. Aber ich bin doch seine Mutter. Wir müssen uns gegenseitig verzeihen, Uschi. Wir haben beide schuld.«
    Sie legte ihren Kopf auf die blonden Haare Ursulas, und so hockten sie eine ganze Weile stumm beieinander, sich umklammert haltend und eins geworden in der Erkenntnis, ihr ferneres Schicksal mit einer Lüge begonnen zu haben.
    »Aber Erich …«, sagte Ursula und hob den Kopf.
    »Er soll es nie erfahren.«
    »Und wenn dieser … dieser andere wiederkommt?«
    »Er wird nie wiederkommen.«
    »Und … und bist du dessen ganz sicher, kannst du es wirklich vergessen, Mutter?«
    Frau Schwabe nickte. »Wir müssen uns angewöhnen, uns nicht so wichtig zu nehmen. Was sind wir denn gegen Erich? Er allein hat ein Recht auf uns, für ihn müssen wir leben, an nichts anderes dürfen wir denken. Er ist dein Mann, er ist mein Sohn – alles andere ist unwichtig. Er hat doch nichts mehr auf der Welt als uns.«
    Frau Schwabe erhob sich. Sie wischte mit dem Handrücken die Tränen von Ursulas Gesicht und zeigte auf den Sack in der Ecke.
    »Schäl einen Topf voll, Uschi. Ich gehe die Butter und das Fleisch holen.«
    »Von diesen Kartoffeln?«
    »Du hast sie eingetauscht. Nun müssen wir sie essen.«
    Drei Tage nach Weihnachten rief Professor Dr. Rusch gegen Mittag Dr. Lisa Mainetti zu sich in das Chefzimmer. Er hielt einen Zettel von seinem Telefonblock mit einer Notiz in der Hand.
    »Ein neuer Transport?« fragte sie.
    »Generalarzt Professor Dr. Gilgen hat angerufen. Morgen kommt eine Kommission des Generals v. Unruh zu uns. Alle Reserven sollen jetzt mobilisiert werden. Man will alle Lazarette nach kampffähigen Männern durchkämmen unter Anlegung strengster Maßstäbe.«
    »Das ist bei uns in Bernegg doch Unsinn!« sagte Lisa und lehnte sich an die Schreibtischplatte. »Was will dieser General v. Unruh bei uns denn herausholen?«
    »Alle, die noch schießen können.« Professor Rusch setzte sich und blätterte in einer langen Liste. Name stand hinter Name, versehen mit einem Datum und einigen knappen Bemerkungen. »Der gute Urban hat so etwas schon geahnt, vermutlich ist er gar nicht schuldlos daran. Er hat eine Zusammenstellung unserer Verwundeten nach dem Grad der Verwendungsmöglichkeit angefertigt. Eine regelrechte Fleißarbeit. Nach Urbans Liste sind in unserem Block B allein 67 Mann fähig, wieder an der Front eingesetzt zu werden, als Kraftfahrer, als Nachschub, als Troß. Sie brauchen nicht mal zu schießen, sondern nur kampffähige Männer abzulösen.«
    »Um dann zusammengeschossen zu werden!«
    »Das wird ihr Schicksal sein«, sagte Rusch leise.
    »Genügt es nicht mehr, daß sie keine Gesichter mehr haben? Hätten sie sich lieber die Arme und Beine abschießen lassen sollen?« Lisa Mainetti riß die Liste Urbans aus der Hand des Professors und blätterte sie durch. »So ein Schwein!« sagte sie und spürte die Erregung in sich aufsteigen. »Feininger steht hier, und Fritz Adam und Walter Hertz … und Christian Oster …« Sie warf den Schnellhefter auf den Tisch zurück. »Drei Jahre lang haben wir diesen Oster operiert. Stück für Stück haben wir sein Gesicht neu geformt, allein 34 große Operationen waren nötig, die vielen kleinen Eingriffe zähle ich gar nicht. Haben wir das alles nur getan, damit er sich jetzt fünf Minuten vor zwölf wie ein lahmer Hase abknallen lassen soll?«
    Professor Rusch zerriß den Zettel mit der Telefonnotiz. Er tat es so langsam, als schmerze es ihn körperlich, ja, als vernichte er damit alle Vernunft und die Möglichkeit, noch helfen zu können.
    »Wir können einen Teil wieder im Bunker verstecken«, sagte er.
    »Das tue ich sowieso«, rief Lisa.
    »Und die Liste Urbans darf nicht in die Hände der Kommission kommen. Diese hier wird sie nicht sehen, aber wenn Urban eine Abschrift hat, und das ist anzunehmen …«
    »Ich werde mit Urban sprechen, Walter.«
    »Aber es ist unmöglich, fast 70 Mann verschwinden zu lassen! Wir haben volle Belegung gemeldet, und plötzlich sind 70 Betten leer!«
    »Im Block A liegen sie auf den Fluren herum, weil sie keinen Platz haben.«
    »Block A ist die interne Abteilung.«
    »Warum kann man Magenkranken nicht den Kopf verbinden? Und wer eine Gallenkolik hat, stöhnt genauso wie einer, dem die Nase fehlt!«
    »Unmöglich!« Rusch erhob sich abrupt. »Wenn das bekannt wird, Lisa …«
    »Wer soll es verraten?« Lisa Mainetti griff nach dem Telefon. »Sind 70 Menschenleben nicht ein Risiko wert?« Sie wählte einen Hausanschluß

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