Das Gesetz der Vampire
gekommen, um mit mir über die Schönheit der Nacht zu plaudern.«
»Ich hatte keine Lust, die Zeit bis zur Abreise allein zu sein und dachte, dass du dich vielleicht auch einsam fühlst und wir einander Gesellschaft leisten können.«
»Und dafür wählst du ausgerechnet mich aus?«, entfuhr es ihm verblüfft. »Noch gestern hatte ich den Eindruck, dass du mich, nun, vielleicht nicht mehr verabscheust, aber doch immer noch ablehnst, und jetzt suchst du meine Gesellschaft.«
Stevie tat einen tiefen Atemzug. Sie hatte Ashton während der Ratssitzung beobachtet und erkannt, was Gwynal offenbar von Anfang an in ihm gesehen hatte. Ashton war bereits ein Wächter, ohne offiziell einer zu sein. Er besaß einen Instinkt, eine Intuition und einen Sinn für die Arbeit der Wächter, den man nur als phänomenal bezeichnen konnte. Natürlich waren das genau dieselben Eigenschaften, die ihn zu einem so hervorragenden Jäger gemacht hatten. Die Verwandlung zum Vampir hatte diese sogar noch stärker ausgeprägt. Ashton Ryder würde der beste Wächter sein, den die Vampire je gehabt hatten, falls er sich entschied, dieses Amt zu übernehmen.
Solange er sich allerdings zerrissen, abgelehnt und ausgeschlossen fühlte und emotional quasi in der Luft hing, sah er natürlich keine Veranlassung dazu, eine weitere Existenz als Vampir überhaupt in Erwägung zu ziehen. Er brauchte einen Anker, der ihm Orientierung gab und, wie Stevie sehr deutlich spürte, auch emotionale Wärme. Sie fühlte seine Einsamkeit so deutlich wie ihre eigene. Ihre Beziehung mit Cronos hatte ihr einen starken Halt gegeben, von dem sie nicht wusste, dass sie ihn brauchte, bis der alte Vampir sie beendet hatte, weil sie – zugegeben – am Ende war, und er und Stevie einander nicht mehr viel zu sagen hatten.
Dieser Halt war durch eben dieses Ende weggebrochen und Stevie aus ihr selbst unerklärlichen Gründen bis jetzt nicht in der Lage gewesen, ihr Leben auf der emotionalen Ebene wieder zu stabilisieren. Sie hatte sich in sich selbst zurückgezogen und sich nur noch auf ihre Arbeit als Wächterin konzentriert. Doch die konnte natürlich keine Beziehung ersetzen, weshalb sie in eine Einsamkeit abgerutscht war, die sie sich selbst bis heute nicht hatte eingestehen können.
Bis Ashton Ryder ihr durch seine eigene Verlorenheit schmerzhaft einen Spiegel vorhielt, und zwar in mehr als einer Hinsicht. Dazu kam die Tatsache, dass sie das Band zwischen ihnen weder ignorieren noch leugnen konnte. Jetzt stand sie allerdings vor dem Problem, ihm begreiflich machen zu müssen, wofür es keine Worte gab und was er nicht verstehen würde, solange er es nicht selbst fühlte.
»Ich lehne dich nicht ab, Ashton. Und ich verabscheue dich auch nicht«, antwortete sie ihm ernst. »Nicht mehr. Ich habe nur reichlich lange gebraucht, um mir das einzugestehen.«
Er nahm das ohne erkennbare Regung zur Kenntnis. »Was hat deine Einstellung geändert?«
Sie seufzte leise. »Während du bei mir gewohnt und von mir gelernt hast, habe ich mehr über dich erfahren, als dir wahrscheinlich bewusst ist. Obwohl ich es anfangs nicht wahrhaben wollte, konnte ich mich trotzdem nicht der Tatsache verschließen, dass du ein guter und aufrechter Mann bist. Mal abgesehen davon, dass du letzte Nacht mein Leben gerettet hast. Dir ist es vielleicht nicht aufgefallen, aber wir sind uns in einigen Bereichen unglaublich ähnlich. Wie könnte ich dich da verabscheuen. Und ich entschuldige mich für all die unangebrachten Dinge, die ich dir an den Kopf geworfen habe.«
»Schon gut, Stevie. Ich nehme es dir in keiner Weise übel.« Er räusperte sich verlegen. »Auch wenn ich mir jetzt wahrscheinlich erneut deinen Zorn zuziehe, ist es mir doch ein Bedürfnis dir zu sagen, dass ich dir nicht nur sehr dankbar für alles bin. Ich ...«, er räusperte sich erneut, »ich mag dich auch unglaublich gern.«
Zu seiner Überraschung und Erleichterung lächelte sie. »Ich weiß.«
Er blickte sie an und stellte wieder einmal fest, dass sie eine überaus schöne und begehrenswerte Frau war, zu der er sich nicht erst seit diesem Augenblick hingezogen fühlte. Wäre er ihr unter anderen Umständen begegnet …
Sie hob die Hand und strich ihm unglaublich zart über die Wange. Er nahm einen aufsteigenden Duft von Erregung und Begehren an ihr wahr, der ihn völlig überraschte. Gleichzeitig weckte er sein eigenes Verlangen in ungewöhnlich heftigem Maße.
»Stevie ...«
Sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Halt die
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