Das Gesetz der Vampire
unterbrach ihn wieder einmal.
»Halt die Klappe, Ashton.«
»Okay«, sagte er gedehnt. »Aber darf ich dir wenigstens sagen, wie wunderschön ich es gerade mit dir fand?«
»Okay«, sagte sie nach kurzem Zögern, wobei sie seinen Tonfall imitierte.
Er lachte leise, drückte sie sanft an sich und küsste sie auf die Schläfe. Sie legte ihre Hand auf seine Brust und zeichnete mit dem Finger unsichtbare Muster auf seine Haut. Er fing ihre Hand ein und hauchte einen zarten Kuss auf ihre Fingerspitzen.
»Warum?«, fragte er leise.
»Brauchst du etwa einen Grund, um deine Lust auszuleben?«, fragte sie zurück. »Außerdem möchte ich wetten, dass die Frauen dir schon reihenweise gesagt haben, was für ein attraktiver Mann du bist.«
»Das ist lange her«, gab er zu. Und das letzte Mal, als eine Frau ihm zu verstehen gegeben hatte, dass sie ihn begehrte, hatte sie ihn in eine Falle gelockt, und er hatte sein Menschsein verloren. »Aber danke für das Kompliment. Allerdings lenkt mich das nicht von meiner Frage ab, falls du das gehofft hast. Ich meinerseits bräuchte nämlich einen verdammt guten Grund, um meine Lust mit einer Person auszuleben, die ich noch vor ein paar Wochen verabscheut habe. Irgendetwas hat deine Einstellung zu mir verändert, und ich wüsste gern, was das ist.«
Stevie seufzte. »Das ist kompliziert«, gestand sie.
Er nickte. »Das sind Gefühlsdinge meistens. Wenn du also jetzt nicht darüber reden willst – oder kannst –, so werde ich dich nicht drängen. Ich wundere mich nur über deinen in meinen Augen abrupten Sinneswandel.«
»Der ist weniger abrupt, als du denkst«, meinte Stevie kryptisch, wand sich aus seiner Umarmung und zog sich wieder an. »Und ja, ich würde es dir gern ein anderes Mal erklären, denn es ist – nun, eben kompliziert.«
»Okay«, gab er nach und zog sich ebenfalls wieder an. »Entschuldige meine Unwissenheit, aber laufen Beziehungen oder One-Night-Stands unter Vampiren nach denselben Regeln ab wie bei Menschen? Ich meine, war das eben ein unverbindliches Vergnügen, das sich nicht wiederholen wird, oder ...« Er ließ den Satz unvollendet.
»Wir werden sehen«, sagte Stevie schlicht und war verschwunden, ehe er noch etwas sagen konnte.
Ashton seufzte und kehrte beinahe widerstrebend ins Haus zurück. Er duschte und stellte fest, dass er sich seit langer Zeit wieder einmal richtig wohl fühlte. Er hatte vorhin mit Stevie etwas empfunden, das er nicht beschreiben konnte und das ihn irritierte, weil er es nicht einzuordnen vermochte. Es hatte definitiv nichts mit Liebe zu tun und erst recht nichts mit Lust.
Doch er wollte nicht darüber nachdenken, denn sein Gefühlsleben war immer noch völlig chaotisch, sodass er sich nicht sicher war, ob er sich das nur eingebildet oder tatsächlich empfunden hatte. Er wünschte sich seine innere Ruhe wieder zurück und wusste, dass er sie wahrscheinlich nie wieder erlangen würde. Zumindest nicht in der Zeit, die ihm noch bis zum Ende der Gwynal zugesagten Frist blieb. Danach ...
***
Als er eine gute Stunde später in Gwynals Privatjet saß und die Maschine startete, stellte er fest, dass die anderen Vampire ihn und Stevie mit wissenden Blicken und verschmitztem Lächeln bedachten.
»Was ist?«, fragte er schließlich irritiert.
»Sie wissen Bescheid, Ashton«, erklärte Stevie. »Über unser, hm, Intermezzo vorhin.«
»Keine Sorge, Stevie hat kein Wort darüber verloren«, beruhigte Sean ihn, als er Ashtons anklagenden Blick in ihre Richtung sah. »Aber du hast immer noch ihren intimen Duft an deinem Körper und sie deinen an ihrem. Der lässt sich auch mit gründlichem Duschen nicht so einfach abwaschen. Wir haben schließlich einen ausgezeichneten Geruchssinn.«
»Trotzdem solltet ihr ein bisschen diskreter sein und nicht so tun, als hätten wir euch damit einen persönlichen Gefallen getan«, beschwerte sich Ashton.
Er blickte misstrauisch von einem zum anderen, als sich ihm unwillkürlich der Gedanke aufdrängte, ob Stevie nur mit ihm geschlafen hatte, um ihn dadurch noch mehr an die Vampire zu binden; oder ob Gwynal oder Sean sie sogar damit beauftragt hatten. Er brachte es immer noch nicht über sich, ihnen so zu vertrauen, wie er Harry Quinn und seinen Kollegen von PROTECTOR vertraute. Vertraut hatte. Die Indoktrination von zehn Jahren als Vampirjäger ließ sich nicht in vier Wochen auslöschen.
»Wir freuen uns lediglich für euch beide«, beschwichtigte Vivian ihn. »Dir, Ashton, hilft es hoffentlich,
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