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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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Hand vor den Mund, doch schon sprudelte sie wieder los: «Ihr seid zu gütig, Herr. Wenn sie doch bloß antworten würde. Wir suchen sie seit bestimmt einer Stunde. Beim Beben war sie im Wald, sie wollte Pilze suchen   … Sie hat immer so viel Hunger, wollte mir aber nicht glauben, dass wegen der Trockenheit kaum etwas wachsen kann. Du lieber Gott, wenn nun ein Baum umgestürzt oder ein brennender Ast auf sie gefallen ist? Vielleicht ist sie ohnmächtig!»
    «Bestimmt nicht», unterbrach Ulrich ihren Redefluss. «Aber sie könnte sich verlaufen haben und vom Feuer eingeschlossen sein. Wir müssen uns beeilen.» Ohne nachzudenken, fasste er Hanna bei der Hand und stapfte los. Doch schon nach wenigen Schritten wusste er nicht mehr, wohin er gehen sollte. Er schaute sich nach allen Seiten um, sie waren jetzt völlig von Rauch eingehüllt. ImGesicht spürten sie bereits die Hitze der näher rückenden Flammen.
    «Und jetzt? Was machen wir jetzt?», rief Hanna aufgelöst. «Ich finde hier nicht mehr heraus!»
    «Mahut wird uns aus der Patsche helfen. Wozu habe ich ein Pferd!»
    Er legte die Hände trichterförmig um den Mund und rief nach seinem Rappen. Mahut antwortete mit einem Wiehern. Ein paarmal ging das so hin und her, bis das Pferd schließlich bei ihnen auftauchte. Ulrich hob Hanna in den Sattel, setzte sich hinter sie und überließ es seinem Tier, einen Weg aus dem Dickicht zu finden.
    Eine ganze Weile ging es kreuz und quer durch den lichten Hochwald. Zum Glück scheute Mahut nicht, obwohl an einigen Stellen die Rauchschwaden so dicht waren, dass sie die Luft anhalten mussten. Überall dort, wo sie freier atmen konnten, riefen sie nach Marie. Doch sooft auch ihr Name in den Wald hallte, es kam keine Antwort zurück. Hannas Angst wuchs, je länger das Schweigen anhielt. Langsam schnürte es ihr den Hals zu. Sie vergaß ihre brennenden Füße und ihre tiefe Erschöpfung. Selbst dass ihr die Zunge am Gaumen klebte, nahm sie kaum noch wahr.
    «Ich weiß, wir sind in der Nähe unserer Lichtung.» Sie merkte, wie sie nuschelte, und drehte sich, um sich verständlicher zu machen, zu Ulrich um. Dabei streckte sie ihren Arm aus und wies auf die beiden zusammengewachsenen Eichen links von ihnen. Ihr Gesicht war nur eine Handbreit von Ulrich entfernt, sie konnte seinen Atem an ihrer Wange spüren. Schon fürchtete sie, er würde vor ihrer Nähe zurückzucken, doch alles, was sie wahrnahm, war sein kräftiger Arm, der sie nur noch eine Spur fester um den Bauch fasste, weil sie aus dem Sattel zu rutschen drohte.
    Ihre Blicke kreuzten sich. Dann, als hätten sie etwas Unrechtes getan, schauten beide verlegen zur Seite.
    Mahut machte durch lautes Schnauben auf sich aufmerksam. Wieder spitzte und drehte er die Ohren.
    «Marie? Marie, bist du da?»
    Hanna rief so kräftig, wie sie es noch vermochte. Der Rauch waberte durch das Unterholz, stellenweise aber bauschte er sich bereits hoch in den Kronen. Das Licht war diffus, und in der Luft tanzten Ascheflöckchen, als würde es schneien. Das Prasseln und Knistern kam näher, und mit einem Mal war es nicht mehr nur warm, sondern heiß.
    «Marie! Marie!» Auch Ulrich stimmte in das Rufen ein, bekam aber ebenfalls keine Antwort. Enttäuscht schüttelte er den Kopf und rieb sich die Augen. Sein Gesicht war wie das Hannas jetzt mit winzigen schwarzen Rußpünktchen gesprenkelt, sein Haar mit einer feinen Ascheschicht bestäubt. «Nützt alles nichts. Wenn wir Gewissheit haben wollen, müssen wir da rein.» Er band seinen Mantel ab und beugte sich zu Hanna vor. «Komm, Mahut hat so etwas wie den sechsten Sinn.» Er sprang vom Pferd, hob Hanna herab, nahm ihre Hand und zog sie mit sich.
    Trotz der Angst lief Hanna ein wohliger Schauer über den Rücken. Wie hatte sie es genossen, vor ihm zu sitzen und seinen Arm um sich zu spüren! Wenn sie ehrlich war, hätte Ulrich noch stundenlang so mit ihr durch den Wald reiten können.
    Sie riefen und husteten abwechselnd, während sie sich immer näher an die Flammen heranpirschten. Ulrich fächelte sich und Hanna mit seinem Ordensmantel Luft zu, und als ein Windstoß den Rauch zerteilte und die Flammenwand zum Vorschein kam, entdeckten sie Marie: Sie starrte stumm und unbeweglich in das Feuer, ganz so, alsspüre sie die Hitze nicht. Der orangene Widerschein der Flammen färbte bereits ihr Kleid.
    «Marie!»
    Hanna riss sich von Ulrich los und rannte auf sie zu. Als wache sie aus einem Traum auf, wandte ihr Marie erstaunt ihren puterroten Kopf

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