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Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)

Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)

Titel: Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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wollte sie auch nicht. Die waren nur schwer zu halten. Das hatte sie inzwischen herausgefunden.
    Obwohl Scherer von Anfang an manchmal kräftig dem Alkohol zusprach und dann auch recht unangenehm werden konnte, war das Verhältnis der beiden lange Jahre fast ungetrübt.
    Als der Lottogewinn längst schon aufgebraucht war und Irene Mack im Jahr 1981 arbeitslos wurde, kam es in dieser Zeit und in den folgenden Jahren immer öfter zum Streit zwischen ihr und Konrad Scherer, wobei der Gestütsleiter auch gewalttätig wurde.
    Es begann der soziale Abstieg der Irene Mack. Sie trank jetzt immer mehr Alkohol und hielt sich nur noch mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Ab und zu bekam sie von Konrad Scherer ein paar Mark. Als sie die Miete nicht mehr zahlen konnte und sie einige Monatsmieten schuldig war, wurde ihr schließlich die Wohnung gekündigt. Vom Sozialamt wurde ihr eine kleinere und vor allem dunklere Wohnung zugewiesen.
    Konrad Scherer hielt weiter an Irene Mack fest. Gleichwohl übernachtete er nur gelegentlich bei ihr. Er selbst bewohnte ein möbliertes Zimmer. Oft war er geschäftlich unterwegs und kam wochenlang nicht zurück. Zu seiner geschiedenen Frau und seinem erwachsenen Sohn hielt er regelmäßig Kontakt. Entgegen dieser Gewohnheit hatte er sich jedoch schon monatelang nicht mehr bei ihnen gemeldet.
    Wir arbeiteten in den ersten Tagen nach dem Leichenfund auf Hochtouren. Im Rahmen der Nachbarschaftsbefragung wurde bekannt, dass Konrad Scherer im Haus von Irene Mack ebenfalls schon seit mehreren Monaten nicht mehr gesehen worden war. Ein Zeuge berichtete mir, Irene Mack habe ihm erzählt, Scherer sei nach einem gemeinsamen Autounfall Anfang November so schwer verletzt worden, dass er immer noch im Krankenhaus liege. Sie selbst sei damals mit leichten Verletzungen davongekommen. In welchem Krankenhaus Scherer liege, habe ihm Irene Mack nicht gesagt.
    War Scherer nun der Tote oder nicht? Dagegen sprach, dass er schon monatelang nicht mehr gesehen worden war, wohingegen der Todeszeitpunkt der Leiche laut Gerichtsmedizin nur etwa drei Wochen zurücklag. Er konnte sich doch nicht von Anfang November bis April in Luft aufgelöst haben, um dann plötzlich am 12. Mai als halbverweste Leiche wieder aufzutauchen.
    Wie schon in vielen anderen Fällen brachte die vergleichende Untersuchung der an der Leiche herausgetrennten Kieferknochen samt Zähnen Gewissheit. Wir konnten über die Krankenkasse Scherers nämlich dessen Zahnarzt ausfindig machen. Per Fax übersandte er der Gerichtsmedizin das sogenannte Zahnschema seines Patienten. Der Obduzent benötigte nur wenige Minuten, um festzustellen, dass es sich bei der Leiche tatsächlich um Konrad Scherer handelte. Rätselhaft blieb weiterhin, warum Scherer Monate vor seinem Tod nicht mehr gesehen worden war.
    Während wir uns darüber den Kopf zerbrachen, trug zwischenzeitlich die stark intensivierte Öffentlichkeitsfahndung nach Irene Mack in Presse, Rundfunk und Fernsehen die ersten Früchte. Es meldeten sich gleich mehrere Zeugen, die die Gesuchte gesehen haben wollten. Schließlich kristallisierte sich heraus, dass sie sich wohl im Raum Speyer aufhalten könnte.
    Immer wieder fragten wir uns, ob es sich bei Irene Mack tatsächlich um eine Mörderin handelte, die ihren Liebhaber kaltblütig umgebracht hatte. Denn nur etwa zehn Prozent der Morde werden von Frauen begangen, wobei die Zahlen je nach Statistik und Erfassungszeitraum schwanken. Doch eines ist sicher: Es gibt nur sehr, sehr wenig Fälle, bei denen eine Frau einen Mann mit einer Schusswaffe tötet. Das mag vielleicht daran liegen, dass einer Frau die Technik einer Schusswaffe suspekt erscheint und sie sich auch vor dem lauten Knall sowie der Wirkung fürchtet. Ein Mord mit einer Schusswaffe ist für sie eine Bluttat.
    Viel lieber töten Frauen mit Gift oder anderen unblutigen Mitteln. Laut Statistik sind Mörderinnen meist jünger als 40 Jahre. Sie sind verheiratet oder leben in einer festen Beziehung, stammen aus ungünstigen Familienverhältnissen, haben ein geringes bis durchschnittliches Intelligenz- und Bildungsniveau, leiden unter Minderwertigkeitsgefühlen und Beziehungsstörungen, kennen das Opfer persönlich und begehen die Tat im häuslichen Bereich. Das Opfer ist sehr häufig der Intimpartner, von dem sie betrogen, enttäuscht, gekränkt, sexuell missbraucht oder geschlagen werden.
    Neben der Ermittlung des Täters zählt zu den wichtigsten Aufgaben eines Kriminalbeamten die Motivforschung.

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