Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
der Klinik erkundigen. Entbinden Sie die Ärzte von ihrer Schweigepflicht?«, fragte Daum.
» Nein, ich bin damit nicht einverstanden, dass die Ärzte befragt werden. Meine Krankheiten gehen niemanden etwas an«, erwiderte die Tatverdächtige trotzig.
» Unsere Schusssachverständigen haben festgestellt, dass die Kugel, die Konrad Scherer tötete, aus dem Karabiner abgefeuert wurde, den man bei dem Unfall im Auto fand. Konrad Scherer muss also schon vor Ihrem Unfall getötet worden sein. Und da Sie angaben, dass niemand anderes mit dem Fahrzeug fuhr, steht somit fest, dass nur Sie die Waffe ins Auto gebracht haben können!«
» Nein, nein, ich weiß nicht! Wie ich schon sagte, hatte ich bei dem Unfall mein Gedächtnis verloren.«
Daum wusste, dass er Irene Mack jetzt in der Falle hatte. So fuhr er fort:
» Nehmen wir an, das entspricht der Wahrheit. Dann können Sie doch nur ab dem Zeitpunkt des Unfalles bis höchstens dahin, als Sie wieder die Klinik verließen, eine Amnesie gehabt haben. Wie sonst hätten Sie wieder allein nach Hause gefunden, und wie sonst hätten Sie damals der Polizei in Essen Angaben darüber machen können, wie Sie vor dem Unfall von Ihrem Wohnort zu dem Unfallort kamen?«
Nun schaltete Irene Mack auf stur:
» Ich habe die Wahrheit gesagt und werde nun nichts mehr sagen!«, meinte sie trotzig, verschränkte die Arme vor dem Körper und schaute nur noch auf die Tischplatte.
Daum musste wohl oder übel die Vernehmung abbrechen. Er wusste, dass er an diesem Tag nicht mehr weiterkam. Außerdem musste die Tatverdächtige noch dem Haftrichter vorgeführt werden. Hier wiederholte sie ihre Aussage und beschwor nochmals inbrünstig, mit dem Tod von Konrad Scherer nichts zu tun zu haben. Doch wegen ihres Verhaltens nach dem Tötungsdelikt und aufgrund anderer, schwerwiegender Indizien kam Irene Mack in Untersuchungshaft.
Zwei Tage später wurde sie erneut verhört. Es ist immer wieder beeindruckend, was die ersten Tage in der Haft bei einem Menschen bewirken können. Selbst die ganz Stummen und Hartgesottenen werden oft urplötzlich gesprächig und singen wie die Lerchen.
Irene Mack, die noch nie in einem Gefängnis gesessen hatte, traf die Haft wie ein Keulenschlag. So war es für Kriminalkommissar Daum nicht verwunderlich, dass die Tatverdächtige, kaum dass sie auf dem Stuhl saß, mit der Beichte ihres Lebens begann.
» Ich habe mich entschlossen, heute die Wahrheit zu sagen«, begann sie mit fester Stimme. » Das Gewehr hat Konrad irgendwann einmal in meine Wohnung gebracht. Er sagte, es sei ein Karabiner K 98. Woher er die Waffe hatte und ob sie ihm gehöre, sagte er nicht. Ich bewahrte sie in einem Kleiderschrank auf. Die Munition lag in einer Kommode.
In der letzten Zeit vor Konrads Tod kam es zwischen uns immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen. Er ging dabei mit Fäusten auf mich los und schlug mir auch ins Gesicht. Meistens war er betrunken. Einmal schlug ich auch zurück und drohte ihm, ihn aus der Wohnung zu werfen. Danach ging es eine Zeit lang gut. Doch dann fing alles wieder von neuem an.
Irgendwann beim Umräumen fiel mir das Gewehr wieder in die Hand. Ich habe Konrad angerufen und gefragt, ob ich es wegwerfen soll. Er meinte, ich solle die Waffe weiter aufbewahren. Als ich sie in eine Decke einwickeln wollte, löste sich plötzlich ein Schuss, der in die Decke meines Schlafzimmers schlug und dort ein faustgroßes Loch hinterließ. Überall lagen danach kleine Metallsplitter herum. Ich habe das Loch mit Mörtel zugeschmiert, damit es der Vermieter nicht sieht. Das Gewehr habe ich wieder in den Schrank gestellt und nicht mehr angerührt.
Anfang Oktober 1984 rief mich Konrad mal wieder an und fragte, ob er mich besuchen könne. Auch fragte er, ob er bei mir einziehen und mit mir fest zusammenleben könne. Ich war einverstanden und dachte, wir könnten uns dann eine neue Wohnung suchen.
Am 7. November, das war der Tag vor meinem Autounfall, waren wir zusammen einkaufen. Anschließend machten wir noch eine kleine Spazierfahrt. Gegen 17.00 Uhr kamen wir nach Hause.
Konrad gab sich plötzlich missgelaunt und begann, Bier und Schnaps zu trinken. Er nörgelte an allem herum, an der Wohnung, an mir, einfach an allem. Ich trank mit, um seine Nörgelei besser ertragen zu können.
Inzwischen hatte ich uns Kartoffeln und Spinat gekocht. Wir begannen zu essen. Als Konrad auch noch über mein Essen meckerte, platzte mir der Kragen und ich schrie ihn an, er solle doch selber
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