Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
meiner Wohnung keine Heizung. Wohl aus diesem Grund roch Konrad nicht allzu sehr. Den ganzen Winter über, also fast genau sechs Monate, leistete er mir Gesellschaft.
Erst jetzt, als es im Mai wärmer wurde, begann er stärker zu riechen. Ich nahm deshalb meine alte Luftmatratze, schnitt sie der Länge nach auf und packte Konrad da hinein. Das war ein schweres Stück Arbeit. Konrad fühlte sich schon ganz weich und matschig an. Außerdem war er an verschiedenen Stellen feucht. Obwohl ich die Luftmatratze anschließend mit Schnüren zusammenband, krochen sehr bald kleine weiße Würmer heraus. Ich nehme an, es waren Maden. Ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte, denn der Geruch wurde immer stärker, und vor allem wurden die Maden immer mehr.
Mir blieb dann nichts anderes mehr übrig, als Konrad aus der Wohnung zu schaffen. Ich machte mich auf die Suche nach einem Transportmittel und fand auf einer Baustelle einen kleinen Handkarren, den ich vor dem Haus abstellte. Dann trank ich mir Mut an. Schließlich zerrte und schleifte ich Konrad aus der Wohnung. Draußen auf dem Gehweg gelang es mir aber nicht richtig, ihn auf den Karren zu heben.
Dann kamen auch schon die vier Männer und sprachen mich an. Der eine davon schimpfte mit mir, weil er befürchtete, ich könnte sein Auto beschädigen. Ich ging daraufhin in meine Wohnung und überlegte, was ich tun könnte. Mir fiel jedoch nichts ein, weshalb ich wieder nach draußen ging. Einer der Männer verlangte nun, ich solle die Luftmatratze öffnen, weil er vermutete, es könnte sich darin eine Leiche befinden, was ja auch stimmte. Gleichzeitig drohte er mir, er würde die Polizei rufen, wenn ich seinem Ansinnen nicht nachkäme. Da bin ich wieder in meine Wohnung gegangen, habe ein paar Sachen zusammengepackt und bin über das rückwärtige Fenster abgehauen.
Gleich zu Anfang meiner Flucht kam mir der Gedanke, mich umzubringen. Deshalb ging ich zuerst zum Bahnhof. Dort wollte ich mich unter einen Zug werfen. Ich stand ziemlich lange da. Als der Zug schließlich kam, verließ mich der Mut. Ich bin dann ziellos weggelaufen, irgendwohin, bis ich in Speyer landete. So gut es ging, versteckte ich mich vor den Leuten. Aber einige sahen mich trotzdem, und ich hatte immer das Gefühl, erkannt zu werden. Nachts schlief ich unter Brücken. Am fünften Tag erwischte mich dann eine Polizeistreife.«
Kommissar Daum und Kriminalhauptmeister Brecht hörten sich die Geschichte von Irene Mack mit viel Geduld an, bevor sie ihr konkrete Fragen stellten. Inzwischen hatten wir herausgefunden, dass Irene Mack am 8. November des Vorjahres in stark alkoholisiertem Zustand einen Verkehrsunfall verursacht hatte.
Hierbei könnte es sich um einen missglückten Selbstmordversuch gehandelt haben, warf ich bei einer Besprechung ein, und meine Kollegen von der Mordkommission stimmten mir zu. Damals wurde im Unfallfahrzeug, es war Konrad Scherers Auto, auf dem Rücksitz ein in einem Tuch eingewickelter, schussbereiter Karabiner gefunden.
Damit konfrontiert, gab Irene Mack an, das mit dem Unfall würde zwar stimmen, aber von einem Karabiner wisse sie nichts. Sie habe nicht auf im Fahrzeuginnern abgelegte Gegenstände geachtet. Wenn sich die Waffe tatsächlich im Auto befunden habe, könne sie eigentlich nur Konrad Scherer gehören, da das Fahrzeug von anderen Personen nicht benutzt worden wäre. Im Übrigen könne sie sich an die Umstände und Einzelheiten des Unfalles nicht mehr erinnern, da sie eine Gehirnerschütterung mit gleichzeitigem Gedächtnisverlust erlitten habe.
Mein Kollege Daum hakte ein:
» Kann es dann sein, zumindest theoretisch, dass Sie etwas mit dem Tod des Konrad Scherer zu tun haben und dass Sie sich daran nicht mehr oder nicht mehr richtig erinnern können?«
» Theoretisch könnte es sein, aber glauben tue ich es nicht«, antwortete Irene Mack, und Daum wusste in diesem Augenblick, wie er die Frau nun anzupacken hatte.
» Wie kommt es, dass Sie trotz dieser nicht unerheblichen Kopfverletzung und der damit verbundenen Amnesie bereits am nächsten Tag aus dem Krankenhaus entlassen wurden?«
» Ich wollte so schnell wie möglich wieder nach Hause und habe die Klinik auf eigenen Wunsch verlassen. Daheim habe ich keinen Arzt mehr aufgesucht, weil ich nicht krankenversichert bin. Doch war mir monatelang schwindelig und übel. Außerdem bekam ich Schlafstörungen. Ich kann nachts nur noch zwei, drei Stunden schlafen.«
» Frau Mack, wir wollten uns diesbezüglich gern in
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