Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
Einsicht in die entsprechenden Polizeiakten bekommen hatte. Dafür bedanke ich mich bei den betreffenden Personen sehr herzlich. Mein Dank gilt auch den Kolleginnen und Kollegen, die mich durch zusätzliche Informationen unterstützt und immer wieder motiviert haben.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen wurden mit Ausnahme des Tathergangs bei der Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback, seinem Fahrer Wolfgang Göbel und dem Justizbeamten Georg Wurster Namen, Berufe, örtliche und zeitliche Gegebenheiten verändert. Der Serienmörder Heinrich Pommerenke wird mit seinem Einverständnis namentlich erwähnt, die Namen seiner Opfer wurden jedoch geändert. Alle geschilderten Fälle orientieren sich zwar an authentischen Kriminalfällen, wurden aber abgewandelt und anonymisiert.
Mein erster Mordfall
Am Morgen des 7. April 1977 wurden Generalbundesanwalt Siegfried Buback, sein Fahrer Wolfgang Göbel und ein Justizbeamter namens Georg Wurster von einem Kommando der Roten Armee Fraktion (RAF) getötet.
Es war 9.15 Uhr, als der ungepanzerte Dienstwagen in Karlsruhe auf der Linkenheimer Landstraße an der Einmündung Moltkestraße anhalten musste, weil die Ampel auf Rot stand. Unmittelbar hinter dem rechten Kotflügel des Daimler Benz kam ein Motorrad der Marke Suzuki GS 750 mit zwei Personen zum Stehen.
Als die Ampel von Rot auf Gelb sprang, fuhr das Motorrad sofort los und rechts an dem Dienstwagen vorbei. Der Sozius zog unter seiner Jacke ein automatisches Schnellfeuergewehr hervor. In Höhe der Beifahrerseite feuerte er ohne jegliche Vorwarnung auf den Generalbundesanwalt und seine beiden Begleiter. Mehrere Zeugen berichteten, das Motorrad habe nach den Schüssen angehalten und der Sozius habe sich in das Wageninnere gebeugt, um sich davon zu überzeugen, dass alle Insassen auch wirklich tot sind. Erst dann sei das Motorrad mit hoher Geschwindigkeit davongerast.
Siegfried Buback und Wolfgang Göbel waren sofort tot. Georg Wurster wurde schwer verletzt und starb sechs Tage später. Als Fahrdienstleiter hatte er an diesem Morgen am Wohnort des GBA, wie Siegfried Buback auch genannt wurde, an dessen Privatfahrzeug eine kleine Reparatur vorgenommen. Er saß also nur zufällig in dem beschossenen Wagen, mit dem Buback zur Bundesanwaltschaft unterwegs war.
Ich war damals gerade mal fünf Wochen bei der Polizei und drückte eine Bank in der Karlsruher Landespolizeischule. Es war in der zweiten Stunde. Wir wurden im Fach Strafprozessrecht unterrichtet, als unser Lehrgangsleiter in den Seminarraum trat und mit bitterernster Miene verkündete, der Generalbundesanwalt sei soeben von Terroristen erschossen worden. Die Führung des Polizeipräsidiums Karlsruhe habe angerufen und ihn gebeten, 50 Polizeischüler zu mobilisieren, die den Tatort weiträumig absperren sollten. Die Wahl fiel unter anderem auch auf mich.
In Windeseile mussten wir unsere Pistolen umschnallen und die schweren, unbequemen Dienstmäntel anziehen. Dann hetzten wir zu den Mannschaftstransportbussen, und los ging es in Richtung Tatort. Ich war furchtbar aufgeregt. Obwohl es an dem Morgen noch recht kühl war, hatte ich unter Mantel und Jacke im Nu mein Hemd durchgeschwitzt.
Auf der Fahrt hörte ich zum ersten Mal in meinem Leben den Polizeifunk. Es ging sehr hektisch zu, und ich verstand nur einen Bruchteil dessen, was über den Äther geschickt wurde, da viele Abkürzungen verwendet wurden, die ich erst noch lernen musste.
Ich versuchte mir ins Gedächtnis zu rufen, was ich über die Terroristen und den Generalbundesanwalt wusste. Zu meiner Schande musste ich mir eingestehen, dass ich mir mehr Wissen über die RAF als über den obersten Ankläger Deutschlands angeeignet hatte. Wenn überhaupt, hatte ich den Namen Siegfried Buback irgendwann einmal in der Zeitung gelesen, und nur ganz vage war mir bekannt, dass es so etwas wie eine Bundesanwaltschaft gab.
Namen wie Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe, Holger Meins, Knut Folkerts usw. waren mir viel geläufiger. Es verging kaum eine Woche, in der diese Personen in den Zeitungen nicht genannt wurden. Und so abwegig es aus dem Munde eines Polizisten klingen mag, empfand ich für diese Generation der Terroristen sogar ein gewisses Maß an Sympathie, weil sie einem Staat die Stirn boten, in dem politisch bei weitem nicht alles in Ordnung war, und weil sie es schafften, spektakuläre Aktionen durchzuführen, ohne erwischt zu werden.
Als ich dann am Tatort aus dem
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