Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
Bockkarte zu holen.«
» Papperlapapp, wer’s glaubt, wird selig. Seit wann sind Sie hier gemeldet, und seit wann schaffen Sie in der Wohnung an?«
» Gemeldet? So richtig gemeldet bin ich eigentlich noch nicht, und wie gesagt, ich wollte heute erst anfangen.«
Drohend baute sich Karl vor Krawuttke auf.
» Wenn Sie noch einmal lügen, sperre ich Sie wegen Irreführung der Behörden, falscher Namensangabe, Verstoß gegen die Meldepflicht und verbotener Ausübung der Prostitution auf der Stelle ein! Haben Sie mich verstanden?«
» Jawohl, Herr Wachtmeister«, antwortete Krawuttke.
» Also raus damit! Wie lange schaffen Sie hier schon an?«
» Seit drei Wochen, aber nur… nur ganz sporadisch.«
Ich hätte mich kugeln können vor Lachen, denn seine Stimme wechselte ständig von Hoch auf Tief.
» Jetzt haben Sie mich wieder angelogen, Herr Krawuttke! Ich habe Sie gewarnt. Dafür begleiten Sie uns auf die Dienststelle. Doch zuerst schauen wir uns Ihre Wohnung an.«
Der junge Mann ging uns mit wackelndem Po voraus und zeigte uns die Räumlichkeiten. Ich hatte so etwas noch nie gesehen. In dem einen Zimmer befand sich eine regelrechte Folterwerkstatt, und das andere glich der Praxis eines Gynäkologen.
Als wir später mit Krawuttke das Polizeirevier betraten, verstauchten sich einige Kollegen ihren Hals, denn Karl hatte dem Transvestit erlaubt, die Perücke wieder aufzusetzen. Die langen, blonden Haare und die tadellosen Beine von » Marion« waren es wohl, die die Blicke der Männer auf sich zogen und für alles andere blind werden ließen.
Es war eine Lehrstunde für mich, wie Karl mit dem jungen Mann umging. Krawuttke plauderte nicht nur über die Dauer seiner » Arbeit« in der Liebigstraße 10, sondern über seine Technik, mit der er, je nach Bedarf, sowohl Männer als auch Frauen beglückte. Mit Krawuttke ging uns zwar kein Terrorist ins Netz, doch ich konnte mich damit trösten, dass ich um einen Erfahrungsschatz reicher war.
Etwa eine Woche danach rief eine ältere Frau aufgeregt an und sagte, sie habe soeben im Ringcafé gegenüber dem Hauptbahnhof den Terroristen Günter Sonnenberg gesehen. Sie sei sich absolut sicher, dass es Sonnenberg wäre.
Was die Dame aber offenbar nicht wusste, war die Tatsache, dass der Terrorist bereits am 7. Mai 1977 bei einem Schusswechsel mit der Polizei gefasst werden konnte und aktuell, schwer bewacht, in einem Gefängniskrankenhaus lag, weil er bei der Schießerei unter anderem einen Kopfschuss erlitten hatte.
Karl versuchte diesen Umstand der Anruferin so verständnisvoll wie nur möglich beizubringen.
» Das ist ein Terrorist, da bin ich mir ganz sicher. Und die anderen beiden an dem Tisch auch«, beharrte die Frau. » Ich habe nämlich ihre Pistolen gesehen, die sie unter ihren Jacken trugen.«
» Was haben Sie?«
» Ja, ich habe die Pistolen ganz genau gesehen!«
Karl brauchte keine 20 Sekunden, um vier Mann zusammenzutrommeln. Ich war dabei. Mit Maschinenpistolen bewaffnet, hechteten wir in zwei Dienstfahrzeuge und rasten zum Ringcafé. Blaulicht und Martinshorn schalteten wir nicht ein, da die Terroristen nicht gewarnt werden sollten. Als wir die Gaststätte stürmten, saßen die von der Anruferin beschriebenen Männer noch an einem Tisch.
» Polizei, Hände hoch!«, rief Karl, und ich erschrak, wie laut er schreien konnte. Wir hatten unsere Maschinenpistolen im Anschlag und zielten direkt auf das Trio.
» Keine Bewegung, sonst machen wir von der Schusswaffe Gebrauch!«, schrie ein anderer Kollege, während ich unter höchster Anspannung fast das Atmen vergaß.
Die drei Männer schauten sich gegenseitig an und hoben langsam ihre Hände in die Höhe, während die übrigen Gäste sich teils auf den Boden fallen ließen und teilweise auch die Hände in die Höhe streckten. Dann war erst einmal Stille.
» Hey, macht keinen Scheiß! Wir sind Kollegen vom LKA«, stieß einer der drei hervor und ließ dabei seine Arme nach unten sinken.
» Und ich bin der Weihnachtsmann«, schrie Karl. » Lassen Sie die Hände oben!«
Der Angesprochene streckte artig seine Hände wieder in die Höhe. Karl gab uns ein Zeichen, und wir wussten genau, was wir zu machen hatten. Wir näherten uns vorsichtig den vermeintlichen Terroristen. Während zwei Kollegen absicherten, führten Karl und ich die Leibesvisitationen durch. Als Erstes förderten wir ihre Waffen zutage. Es waren keine Pistolen, wie wir sie hatten, sondern absolut atypische Handfeuerwaffen, weshalb ich sofort zu
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