Das Gesicht
beginnt, kaufwütig zu buchstabieren, doch er gelangt nie ans Ende dieses Worts, denn jetzt passiert etwas ganz Erstaunliches.
Während der Einkaufswagen vorwärts rollt, klappern die Räder über das unregelmäßige Pflaster; das ändert aber nichts daran, dass er sich auffallend und wohltuend reibungslos voranbewegt. Diese Form der Fortbewegung vollzieht sich so geschmeidig und übergangslos, dass es Randal schwer fällt, sich sein Vorankommen als etwas vorzustellen, was sich Buchstabe für Buchstabe abspielt, von einem Kästchen zum anderen.
Obwohl ihm diese Entwicklung Angst einjagt, lässt ihn die gnadenlose Bewegung der Räder durch die Kästchen, statt schön ordentlich von einem Kästchen zum anderen, nicht abrupt anhalten. Er hat … Schwung.
Als er den Umlaut erreicht, hört er mit dem Buchstabieren auf, weil er nicht mehr sicher ist, in welchem der eingebildeten neun Kästchen er sich überhaupt befindet. Erstaunlicherweise bewegt er sich weiterhin voran, obwohl er mit dem Buchstabieren aufgehört hat.
Er macht die Augen auf und erwartet, dass er, sowie er die Kästchen des Kreuzworträtsels nicht mehr vor seinem geistigen Auge sieht, abrupt zum Stehen kommen wird. Er bewegt sich aber immer noch von der Stelle.
Anfangs kommt es ihm vor, als sei der Einkaufswagen die treibende Kraft, die ihn durch die Seitenstraße zieht. Er hat zwar keinen Motor, aber er muss von einer Form von Magie angetrieben werden.
Das ist erschreckend, weil es darauf hinweist, dass er die Herrschaft über den Wagen verloren hat. Er ist dem Einkaufswagen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Dieser Wagen bestimmt darüber, wohin er geht.
An der nächsten Kreuzung könnte der Einkaufswagen nach links oder nach rechts abbiegen. Aber er setzt seinen Weg fort, geradeaus über eine Querstraße in den nächsten Abschnitt der relativ unbelebten Seitenstraße. Randal bleibt auf der Route zum O’Connor-Haus, die er sich im Geist zurechtgelegt hat. Er bleibt in Bewegung.
Als die Räder sich drehen und sich immer wieder drehen, wird ihm klar, dass der Wagen ihn doch nicht zieht . Er, Randal, schiebt den Wagen.
Er stellt Experimente an. Wenn er versucht, das Tempo zu erhöhen, bewegt sich der Wagen schneller voran. Wenn er beschließt, sich nicht so hastig voranzubewegen, fährt der Wagen langsamer.
Das Glück ist zwar noch nicht in seiner Reichweite, doch er erlebt ein nie da gewesenes Gefühl von Zufriedenheit, vielleicht sogar Freude. Während er sich auf diese Weise voranbewegt, kostet er in Form eines ganz kleinen Vorgeschmacks, was Freiheit sein könnte.
Der Abend hat sich herabgesenkt, aber selbst im Dunkeln und sogar in schmalen Seitenstraßen ist die Welt außerhalb der Barmherzigkeit von mehr Anblicken, mehr Geräuschen und mehr Gerüchen erfüllt, als er verkraften kann, ohne schnurstracks in Panik zu geraten. Daher sieht er weder nach links noch nach rechts, sondern hält den Blick auf den Einkaufswagen gerichtet, den er vor sich herschiebt, und er konzentriert sich auf das Geräusch seiner Räder.
Er bleibt in Bewegung.
Der Einkaufswagen ist wie ein Kästchen in einem Kreuzworträtsel auf Rädern, und in dem Einkaufswagen befinden sich nicht nur leere Getränkedosen und Glasflaschen, sondern auch seine Hoffnung auf Glück und sein Hass auf Arnie O’Connor.
Er bleibt in Bewegung.
92
In dem Bungalow mit dem Muscheltor mit Einhornmotiv, hinter den Fenstern mit den mitternachtsblauen Läden, die mit Sternen und Mondsicheln geschmückt waren, saß Kathy Burke an ihrem Küchentisch und las einen Abenteuerroman, der in einem von Hexerei und Zauber regierten Königreich spielte, aß Mandelplätzchen und trank Kaffee.
Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr, und als sie aufblickte, stellte sie fest, dass Jonathan Harker
in der Tür zwischen der Küche und dem dunklen Flur stand.
Sein Gesicht, das normalerweise von der Sonne oder vom Zorn gerötet war, war unglaublich blass. Er war zerzaust und schwitzte und sah ganz so aus, als hätte er Malaria.
Seine Augen waren wild, sein Blick gehetzt, und seine nervösen Hände zupften unablässig an seinem gedehnten, schweißgetränkten T-Shirt, doch er sprach auf eine unterwürfige und einschmeichelnde Weise, die sich überhaupt nicht mit seinem gewaltsamen Eindringen und seiner äußeren Erscheinung vertrug. »Guten Abend, Kathleen. Wie geht es Ihnen? Sie haben sicher zu tun. Sie sind immer beschäftigt.«
Kathleen nahm sich ein Beispiel an seinem Tonfall, steckte in
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