Das Gewicht der Liebe
Baby Olivia im Arm, das damals wie alt war?«
»Acht oder neun Monate.«
»Was hat deine Mutter gemacht?«
»Ich dachte, Olivia und sie schlafen.«
»Was hast du gemacht?«
Merell beschrieb, wie Roxanne die Autotüren geöffnet und sie dann zusammen Simone und die Mädchen nach draußen, an die frische Luft geschleppt hatten.
»Ich habe die 911 angerufen, und dann habe ich ge brochen.«
Jemand aus den Zuschauerreihen lachte.
Jackson sagte: »Das war eine gute Schilderung, Merell. Sehr klar.«
Merell lächelte. Tränen brannten in Roxannes Augen, als sie erkannte, wie bedürftig Merell war, wie sehr ihre Emotionen in Aufruhr sein mussten, wenn sie beim Lob dieses Mannes, den sie eigentlich hasste, vor Freude erblühte.
»Lügst du manchmal, Merell?«
»Nein.«
»Ach, komm schon.« Jackson grinste zur Jury hinüber. »Jeder lügt ab und zu, Merell. Willst du mir wirklich weismachen …?«
»Einspruch, Euer Ehren. Will die Staatsanwaltschaft die Glaubwürdigkeit ihres eigenen Zeugen anzweifeln?«
»Ich ziehe die Frage zurück.« Jacksons Blick zur Jury drückte Belustigung über Cabots absurden Einspruch aus. »Merell, kommen wir nun zu einem Vorfall, der sich im Juli zugetragen hat, in der dritten Juliwoche. Ich meine den Tag, als du ebenfalls die 911 angerufen hast. Erinnerst du dich daran?«
»Ich glaube schon.«
»Deine Mutter, deine Schwestern und du, ihr wart an jenem Nachmittag am Swimmingpool. Deine Großmutter und das Kindermädchen waren ebenfalls dort. Ist das richtig?«
»Wir haben das oft gemacht.«
»Natürlich. Doch ich spreche von dem Tag, als du die 911-Leitstelle angerufen hast. Erinnerst du dich an diesen bestimmten Tag?«
»Ja.«
»Schildere dem Gericht bitte genau, was sich an jenem Tag zugetragen hat.«
Merell straffte die Schultern. »Ich habe die 911 angerufen und gesagt, dass Olivia ertrinkt.«
Jackson sagte: »Euer Ehren, ich möchte als Beweismittel die Aufzeichnung von Merell Durans Anruf bei der 911-Leitstelle vorlegen.«
»Vermerkt«, sagte der Richter. »Spielen Sie die Auf zeichnung ab.«
In dem stillen Gerichtssaal ertönte die Stimme eines panischen, weinenden Mädchens. »Meine Mutter versucht, meine Schwester zu ertränken.«
Die Wirkung der Aufzeichnung war verheerend und breitete sich wie giftige Dämpfe im Gerichtssaal aus. Der Richter klopfte mit seinem Hammer und bat um Ruhe.
Jackson fragte: »War das deine Stimme, Merell?«
»Ja.«
»Was passierte, nachdem du diesen Anruf gemacht hast?«
»Die Polizei ist gekommen.«
»Und was hast du den Beamten erzählt, Merell?«
»Ich sagte, dass Mommy mit Olivia im Pool war und Olivia gezappelt hat und aus Mommys Armen gerutscht ist. Es war ein Unfall.«
»Was hast du der Polizei noch erzählt?«
Merell wurde unruhig. Selbst von ihrem Platz aus konn te Roxanne sehen, wie die Farbe in ihre Wangen stieg. »Ich sagte, ich hätte erfunden, dass Olivia ertrinkt, weil ich sehen wollte, was passiert, wenn ich einen Notruf mache.«
»Lass uns das klarstellen.« Jackson hörte sich verdutzt an. »Du hast zwei unterschiedliche Geschichten erzählt, Merell. Welche war die Wahrheit?«
»Einspruch, Euer Ehren. Der Staatsanwalt nimmt seine eigene Zeugin ins Kreuzverhör.«
MacArthur schob die Finger unter seine Brille und rieb sich die Augen. »Abgelehnt, Mr. Cabot. Ich werde Mr. Jackson etwas Spielraum bei dieser widerstrebenden jungen Dame einräumen.«
»Du hast zwei Geschichten erzählt. Eine davon war eine Lüge. Ist das richtig?«
Merell saß auf ihren Händen. »Ich glaube schon.«
»Merell, hat deine Mutter versucht, Olivia zu ertränken?«
»Nein. Ich habe doch gesagt …«
»Warum sollte dir die Jury irgendetwas glauben, Merell? Vielleicht hast du die Polizei angelogen. Vielleicht lügst du jetzt.«
»Manchmal …« Sie beendete ihren Satz nicht.
»Manchmal was, Merell?«
Sie zog die Hände hervor und schob sie unter die Arme. »Es ist nicht wichtig.«
»Erzähl dem Gericht, was du sagen wolltest.«
Sie schwieg.
Der Richter sagte: »Beantworte Mr. Jacksons Frage, Merell. Und denk daran, dass du einen Eid darauf geschwo ren hast, die Wahrheit zu sagen.«
»Manchmal … gibt es einen guten Grund zu lügen.«
In den hinteren Zuschauerreihen lachte jemand leise.
»Würdest du lügen, um deine Mutter zu schützen?«
»Einspruch, die Staatsanwaltschaft verlangt von dieser Zeugin …«
»Abgelehnt.«
»Würdest du lügen, um deine Mutter zu schützen?«
»Nein. Das wäre Meineid.« Merell straffte
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