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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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sie vielleicht alle irgendwohin verschleppt worden. Das würde doch erklären, warum die Stadt verlassen ist, aber keine Kriegsspuren aufweist.«
    Ihr seltsamer Führer starrte eine Weile stumm vor sich hin. Dann war es an ihm, den Kopf zu schütteln. »Junge.« Er sprach es mit völligem Gleichmut aus, eine Beleidigung, die vernichtender klang als jeder Fluch. »Seht Euch doch an, fern von Reyal-Te, auf der Suche nach etwas, wie ich annehme, und darauf bedacht, Eure kleinen Geheimnisse zu bewahren, weil Ihr mir nicht vertraut, während Ihr Euch zugleich für das Leben und die Arbeit schämt, die Euch dort gehalten haben. Jetzt tragt Ihr ein Schwert und zieht auf der Suche nach mehr über die Landstraßen, tut, was auch immer Ihr wollt, überquert die Ophal’Donn-Brücke und spaziert durch die Vielstimmenschlucht, als hättet Ihr Euch ein Anrecht darauf erworben. Und doch seid Ihr außerstande, das Wunder von Steinsberg zu sehen: dass diejenigen, die hier gelebt haben, genau diese Arroganz überwunden hatten, die Euch das Gefühl verleiht, mehr verdient zu haben, als Ihr besitzt, dass sie den ewigen Wettstreit überwunden hatten, der solcher Arroganz entspringt. Dabei sind die Steinsberger über ihre eigene Stadt aus Fels und Mörtel hinausgewachsen, und als sie an einen besseren, edleren Ort weitergezogen sind, ist das Leben tatsächlich weitergegangen.« Der Mann hielt inne, und das Knistern des Feuerholzes wirkte in der Stille plötzlich sehr laut. »Ich will wissen, was sie wussten, dorthin gehen, wohin sie gegangen sind. Ich bin müde …« Er hielt inne, und das liebenswürdige Lächeln kehrte auf seine Lippen zurück. »Es tut mir leid – ich begeistere mich sehr für meine Studien.«
    Sutters Gesicht wurde blass. Er legte die Hand an den Schwertgriff.
    Mit leiser Stimme sagte ihr Führer noch ein paar Worte: »Die Übrigen sind wandelnde Erde, aufrechter Staub, unwissend vergeudeter Atem.«
    Die Worte waren Tahn vertraut, aber er konnte sie nicht einordnen. Er aß sein Brot auf und schlief später ein, während er das flackernde Feuer beobachtete, die Hand auf die Stäbe in seinem Mantel gelegt.
    Er konnte das Gesicht des Mannes nicht sehen. Das konnte er nie. Aber Tahn konnte die Gestalt hinter sich spüren, bereit, jede falsche Bewegung oder jedes Nachlassen seiner Konzentration zu korrigieren.
    Der Horizont erstrahlte bei Tagesanbruch zartblau. Tahn stand auf einer Felsklippe und blickte auf eine uralte Schlucht hinab, die ein langsam strömender Fluss tief in sein Tal eingekerbt hatte. Das rote Gestein und der ausgeblichene Sand wirkten im sanften Licht des frühen Morgens friedvoll. Die Gestalt verlagerte ihr Gewicht auf den anderen Fuß, und das Knirschen der Kiesel unter der Sohle unterstrich die Stille, die sich über die Schlucht gesenkt hatte. Die Luft über der Klippe, auf der Tahn stand, regte sich nicht, und er hielt den Atem an, als er über die gewaltige Schlucht hinweg zielte.
    »Atme natürlich«, sagte der Mann. »Ein starrer Brustkorb schwächt die Arme und erzeugt Angst. Du musst deinen Pfeil furchtlos abschießen, um dein Ziel zu treffen. Jeder Pfeil, jeder Atemzug ist einer weniger bis zu deinem letzten. Und jeder Pfeil ist wichtig und muss ganz der Absicht deines Herzens entsprechend fliegen.«
    »Aber hier gibt es nichts, worauf ich schießen könnte«, sagte Tahn. »Die Schlucht ist breit, und hier gibt es kein Wild zu jagen.«
    Tahn spürte, wie der Mann den Kopf zu ihm beugte und ihm ins Ohr flüsterte: »Wir kommen in der Morgendämmerung an diese Stelle, weil du lernen musst, dich auf dich selbst und nicht auf dein Ziel zu konzentrieren, wenn du den Pfeil abschießt.« Seine Stimme klang sanft, aber bestimmt. Wenn er auf diese Art sprach, erwartete er von Tahn, zuzuhören und nichts zu vergessen. »Du erzeugst die Energie der Waffe, indem du die Sehne spannst. Du kannst die Kraft spüren, die sich in der Sehne zusammenballt, und das Nachgeben der Wurfarme. Nichts davon steht bisher dem Pfeil zur Verfügung. Das ist der Moment des Gleichgewichts zwischen Forda und Forsa, dem Bogen und der Energie, die du ihm verleihst. In diesem Moment stehst du mit der Möglichkeit bewaffnet da, ein Leben zu beenden oder es zu retten. Dein Wille ist alles, Tahn.«
    »Wie soll ich wissen, wann ich schießen soll und wann nicht?«
    Der Mann atmete langsam durch die Nase aus. »Du wirst dir diese Frage jedes Mal stellen, wenn du den Bogen spannst. Sie kann nicht ein für alle Mal beantwortet

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