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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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beschleunigend auswirken kann. Darauf hoffe ich sogar sehr.«
    »Die Baroneß ist eine respektable junge Frau«, sagte Trenkler anerkennend. »Ich habe mir jetzt einen Einblick in ihr Gut verschafft. Die hat ihren Laden so in Ordnung, daß man das nicht für möglich hält. Fast läuft da alles von allein. Ich könnte mich damit begnügen, meine Aufgabe telefonisch wahrzunehmen.«
    »Nur das nicht, Gerhard!« lachte Miller. »Sie wissen, wie schnell ein Betrieb absackt, in dem der Boß nicht, bildlich gesprochen, ständig die Peitsche schwingt. Die junge Dame würde uns beiden den Kopf abreißen, wenn sie zurückkäme und Eibenhain als einen Betrieb vorfände, in dem nicht mehr fast alles von allein läuft. Das können wir ihr nicht antun.«
    »Das werden wir ihr auch nicht antun, Mister Miller!« sagte der Verwalter mit Nachdruck.
    Eigentlich hatte John Miller vorgehabt, auf Waldfels zu übernachten, aber nun, da er gesehen hatte, daß auf Gerhard Trenkler hundertprozentig Verlaß war, entschloß er sich zur sofortigen Weiterfahrt nach Hamburg. Der Verwalter versuchte zwar, ihm dies auszureden, scheiterte jedoch damit. Miller hatte es plötzlich eilig, er ließ sich nicht mehr aufhalten. So drückte ihm Trenkler zum Abschied die Hand mit jenem verdächtigen Glanz in den Augen, dessen sich ein Mann schämt. Auch Johnny Miller hatte eine weiche Natur unter seiner bullenbeißerischen Fassade und spürte daher, daß der Szene hier ein rasches Ende gemacht werden mußte, wenn es nicht zum offenen Tränenausbruch zweier alter Recken kommen sollte, die sich das selbst im nachhinein niemals verzeihen würden.
    Emma Kerbel hatte in Köln geweint. Eine Frau durfte sich das erlauben. Beinahe wäre aber damals auch Jupp, der lustige Bruder, in Tränen ausgebrochen, und wenn das passiert wäre, hätte es auch für Johnny kein Halten mehr gegeben. Deshalb war er möglichst rasch ins Auto gestiegen und davongefahren. Dasselbe tat er nun wieder. Ein kurzer Händedruck, und er gab Gas. Bis zur Autobahn fuhr er noch verhalten, doch dann raste er mit verschlossenem Gesicht seinem Ziel entgegen. Das flache Land flog an ihm vorbei: Klinkerbauten, Heideflächen, Torfstechereien, wiederkäuende Kühe, Meiereien, schmale Wassergräben zwischen den saftigen Wiesen, weiße Dünen, kahl und leblos, Heidschnuckenherden, schlanke, weiße Birken, deren Wipfel im Wind schwankten.
    Mein Geburtsland, dachte John Miller. Verdammt, daß es wieder so weh tut, es zu verlassen. Vor drei Jahrzehnten habe ich geheult wie ein Kind, als ich in Hamburg die deutsche Küste verschwinden sah. Ich wollte ins Wasser springen, durch die Nordsee zurückschwimmen, stundenlang, wenn ich es gekonnt hätte. Und dann drüben, im Land der Sehnsucht, alles fremd, alles feindlich. Straßenkehrer, Schuhputzer, Geselle in einem Uhrmacherladen, kleines Geschäft am Rand der Prärie, viel Betrug, auch eigener, und dadurch, nach langem Elend, schließlich steiler Aufstieg. Und nie mehr, 32 Jahre lang, der Gedanke an Deutschland, an die Heimat. Nie mehr die Sehnsucht im Herzen, dieses Land noch einmal zu sehen, nie mehr der Traum, wieder durch die Heide zu fahren, sich an die Birken zu lehnen und in den Wassern der deutschen Flüsse zu baden. Nie mehr Johann Müller heißen. Immer nur John Miller. So hatte es ausgesehen. Aber dann …? Nach 32 Jahren …? Ganz plötzlich …
    Und jetzt, zu dieser Stunde, leben die längst verschütteten Gefühle wieder auf. Jetzt bin ich ein alter Knabe in der Heimat, und es kommt mir vor, als ob ich noch einmal hinaus müßte in die Fremde. Wieder habe ich Heimweh und möchte hierbleiben, nach drei Jahrzehnten, in denen ich ein Amerikaner geworden bin – mit dem Namen, mit dem Geld, mit den Firmen, mit dem Auftreten; aber nicht mit dem Herzen. Es gibt kein Land, das die Herzen ändert, auch Amerika nicht!
    Der Wagen raste der Küste zu, deren Nähe zu erkennen war an den Bäumen, den Kiefern vor allem, die windschief wurden und sturmzerzaust.
    Das wird verdammt schwer, sagte er sich. Himmel, was mache ich? Ich werde wieder Mühe haben, mich von der Heimat zu lösen. Ich muß jedoch zurück nach Amerika, man erwartet mich. Aber ich werde wieder mit Tränen kämpfen, wenn ich an der Reling stehe und auf die entschwindende Küste sehe. Ich werde wieder den Drang haben, ins Wasser zu springen, um zurückzuschwimmen.
    Es ist schlimm, es ist furchtbar, ein Herz zu haben, das noch so mit der Heimat verbunden ist.
    Er schimpfte mit sich selbst. Er

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