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Das Glasperlenspiel

Das Glasperlenspiel

Titel: Das Glasperlenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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haltbar. Er sah ein, daß er das ihm ungewollt Zugewiesene und Bestimmte nun wollen und bejahen müsse, um das Gefühl des Gefangenseins und das Heimweh nach der verlorenen Freiheit der letzten zehn Jahre zu
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    überwinden, und da er hierzu im Innern noch nicht so ganz disponiert war, empfand er den vorläufigen Abschied von Waldzell und der Provinz und die Reise in die Welt hinaus als Erlösung.
    Das Stift und Kloster Mariafels hatte in vielen Jahrhunderten seines Bestehens die Geschichte des Abendlandes mitbestimmt und miterlitten, es hatte Blütezeiten, Niedergänge,
    Wiedergeburten und neue Tie fstände erlebt und war zu manchen Zeiten und auf verschiedenen Gebieten berühmt und glänzend gewesen. Einst ein Hochsitz scholastischer Gelehrsamkeit und Disputierkunst und noch heute im Besitz einer gewaltigen Bibliothek der mittelalterlichen Theologie, war es nach Zeiten des Erschlaffens und der Trägheit zu neuem Glanz gekommen, diesmal durch seine Musikpflege, seinen vielgepriesenen Chor, durch die von seinen Patres geschriebenen und aufgeführten Messen und Oratorien; von damals her besaß es noch immer eine schöne musikalische Tradition, ein halbes Dutzend nußbaumener Truhen voll musikalischer Manuskripte und die schönste Orgel des Landes. Dann war die politische Zeit des Klosters gekommen; auch sie hatte eine gewisse Tradition und Übung zurückgelassen. In Zeiten schlimmer kriegerischer Verwilderung war Mariafels mehrmals zur kleinen Insel der Besinnung und Vernunft ge- worden, auf der die besseren Köpfe der feindlichen Parteien vorsichtig einander suchten und nach Verständigung tasteten, und einmal - das war der letzte Höhepunkt in seiner Geschichte - war Mariafels Geburtsort eines Friedensschlusses geworden, der die Sehnsucht
    erschöpfter Völker für eine Weile stillte. Als dann eine neue Zeit begann und Kastalien begründet war, verhielt das Kloster sich abwartend, ja ablehnend, vermutlich nicht ohne sich darüber in Rom Weisung geholt zu haben. Ein Gesuch der
    Erziehungsbehörde um Gastfreundschaft für einen Gelehrten, der einige Zeit in der scholastischen Bibliothek des Klosters arbeiten wollte, wurde höflich abgelehnt, ebenso die Einladung,
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    einen Vertreter zu einer musikgeschichtlichen Tagung zu senden. Erst seit dem Abt Pius, der noch in vorgerücktem Alter sich lebhaft für das Glasperlenspiel zu interessieren anfing, entstand Verkehr und Austausch und war seither zu einer nicht geradelebhaften, aber freundschaftlichen Beziehung geworden.
    Man tauschte Bücher, gewährte gegenseitige Gastfreundschaft; auch Knechts Gönner, der Musikmeister, war in jungen Jahren einige Wochen in Mariafels gewesen, hatte Notenhandschriften kopiert und die berühmte Orgel gespielt. Knecht wußte davon und freute sich auf den Aufenthalt an einem Orte, von dem er den Verehrten gelegentlich mit Freude hatte erzählen hören.
    Man empfing ihn über sein Erwarten mit einer Auszeichnung und Artigkeit, die ihn beinahe verlegen machte.
    Es war ja auch das erstemal, daß Kastalien dem Kloster für unbestimmte Zeit einen Glasperlenspiellehrer aus der Elite zur Verfügung stellte. Er hatte beim Vorstand Dubois gelernt, sich namentlich in der ersten Zeit seiner Gastrolle nicht als Person, nur als Vertreter Kastaliens anzusehen und Artigkeiten sowohl wie etwaige Distanzierung lediglich als Abgesandter zur Kenntnis zu nehmen und zu erwidern; das half ihm über die ersten Befangenheiten hinweg. Audi des anfänglichen Gefühls von Fremdheit und der Bangigkeit und leisen Erregtheit der ersten Nächte, in denen er wenig Schlaf genoß, wurde er Meister, und da der Abt Gervasius ihm ein gutmütiges und munteres Wohlwollen zeigte, wurde ihm rasch in der neuen Umwelt wohl. Es erfreute ihn die Frische und Kraft der Landschaft, einer rauhen Berglandschaft mit schroffen Felswänden und saftigen Weiden voll schönen Viehes
    dazwischen; es beglückte ihn die Wucht und Weiträumigkeit der alten Bauten, welchen die Geschichte vieler Jahr hunderte abzulesen war, es gewann ihn die Schönheit und einfache Behaglichkeit seiner Wohnung, zweier Räume im oberen Stockwerk des langen Gästeflügels, es behagten ihm die Forschungsgänge durch den stattlichen kleinen Staat mit zwei
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    Kirchen, Kreuzgängen, Archiv, Bibliothek, Abtwohnung, mehreren Höfen, mit ausgedehnten Stallbauten voll
    wohlgehaltenen Viehes, sprudelnden Brunnen, gewölbten riesigen Wein- und Obstkellern, mit zwei Refektorien, dem berühmten Kapitelsaal, den

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