Das Glück einer Sommernacht
vorging. Er verkroch sich wieder in sich selbst. Alex Markoff zog sich von der Welt zurück. Und von ihr.
Kelseys Magen drehte sich um, so abrupt und scharf war der Wechsel. Vor zehn Minuten hatten sie sich noch in den Armen gelegen. Mit einem Knall war sie jetzt zur Erde gestürzt . Willkommen wieder in der Wirklichkeit!
Verdammter Tom Forbes. Er hatte sie benutzt. Was war sie nur für eine Idiotin gewesen! Sie hatte Alex direkt ans Messer geliefert. Sie hatte ihn genau in die eine Sache hineingezogen, die er am meisten auf der Welt fürchte.
Sie trat zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er zuckte zurück.
„Ich schwöre, Alex, ich hatte keine Ahnung“, begann sie noch einmal. „Als er mir die Karten geschenkt hat, dachte ich …“
„Die Karten kamen von ihm?“, fragte er hart.
Sie hatte es für eine nette Geste von Tom gehalten. Um ihr zu zeigen, dass er ihr nicht böse war. Bei der Erinnerung hätte sie sich ohrfeigen können.
„Er hat mich reingelegt, Alex. Er sah uns bei Farley und hat uns eine Falle gestellt. Ich hatte keine Ahnung, dass er unsere Bekanntschaft für eine Story missbrauchen würde.“
„Menschen benutzen andere ständig.“
„Glaubst du, ich auch?“
Er antwortete nicht, und das tat mehr weh als alles andere.
„Ich weiß nicht, warum ich dachte, die Welt würde sich ändern“, murmelte er. „Die Leute sind genauso erbärmlich, wie sie immer waren. Jeder nur auf seinen eigenen Vorteil aus, bereit, den Nächsten bei der ersten Gelegenheit zu verraten. Man kann niemandem vertrauen.“
„Mir kannst du vertrauen!“ Ihre Stimme gehorchte ihr kaum noch.
Wieder kam keine Antwort. Sie ahnte, wie seine Erinnerungen über ihn hereinbrachen. Er ließ sich von ihnen fortreißen. Mit jeder Minute entglitt er ihr mehr. Der Abgrund wurde breiter, und ihre Worte erreichten ihn nicht mehr.
Sie versuchte es noch ein letztes Mal: „Es ist nur ein Blog, Alex. Einer von Millionen. Wahrscheinlich hat er nicht mehr als ein Dutzend Leser.“
Aber natürlich ging es nicht um die Menge der Leser. Es ging um den Verrat. Er fand sich plötzlich in der Welt wieder, aus der er fünf Jahre zuvor ausgestiegen war. Die Welt, in der seine Frau seinen Ruhm ausnutzte und seine Freunde ihn an den Meistbietenden verkauften. „Ich weiß, dass du böse bist …“
„Böse?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, das bin ich nicht. Wie kann man der Realität böse sein?“
„Aber das ist nicht die Realität. Nicht jeder denkt nur an sich, Alex, oder will dich benutzen.“
„Ach ja? Nenn mir jemanden.“
„Mich“, flüsterte sie verzweifelt.
Er blickte auf ihre Hand, die auf seiner Schulter lag, dann sah er ihr kurz in die Augen. Bevor er den Blick wieder abwandte.
„Dann bist du eine einsame Schwimmerin in einem sehr kalten Ozean“, entgegnete er. „Um nicht zu sagen, naiv. Gerade du müsstest es doch besser wissen.“
Wegen ihrer Grandma Rosie. Aber hier ging es doch um etwas ganz anderes. Er musste doch erkennen, dass sie ihm niemals wehtun würde. Nur hast du es leider schon getan.
„Sieh der Wirklichkeit ins Gesicht, Kelsey, die Welt wird sich nie ändern.“ Er zuckte die Achseln, und ihre Hand fiel herunter. „Ich hätte nie etwas anderes glauben sollen. Es war ein Fehler.“
Für ihn war ihr Abend ein Fehler gewesen. Hieß das, sie war für ihn auch ein Fehler?
Alex war schon auf dem Weg zur Tür.
„Wohin gehst du?“, fragte Kelsey heiser.
„Raus. Ich muss dringend an die frische Luft.“
„Ja, komm, wir gehen endlich zu den Felsen, dort bekommst du deinen Kopf wieder frei.“
„Nein.“
Kelsey erstarrte. Er hatte das eine Wort gesagt, das sie gefürchtet hatte. „Aber wir wollten doch …“
„Ich gehe allein. Ich muss jetzt allein sein. Das hätte ich von Anfang an bleiben sollen.“
Sie konnte ihm nur noch hinterhersehen, wie er zwischen den Bäumen verschwand. Vielleicht war sie an diesem Morgen beim Aufstehen das erste und letzte Mal in ihrem Leben glücklich gewesen.
Um die Mittagszeit fragte Kelsey sich, ob es den Traum je gegeben hatte. Alex war immer noch nicht zurückgekommen. Er ging ihr aus dem Weg. Sie saß auf dem Sofa im Wohnzimmer und sah hinaus in den Garten. Es war wieder wie zu Anfang dieses Sommers. Nur fühlte Nuttingwood sich jetzt kälter und leerer denn je an. Nicht einmal Puddin’s beharrliche Anwesenheit konnte den Schmerz in ihr betäuben.
Verfluchter Tom Forbes und sein Blog. Hatte er eine Ahnung, was für einen Schaden er
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