Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
ihm zum Abendessen eingeladen gewesen. Und jetzt stand eine in seiner Küche und flennte, was das Zeug hielt. Reiß dich zusammen und genieß den Abend , ermahnte ich mich. Nach dieser Vorstellung wird er dich bestimmt nicht noch mal zum Essen einladen. Ich putzte mir mit dem Papiertuch die Nase. Am liebsten hätte ich mich im Badezimmer eingeschlossen.
Da griff er nach meinem Arm, viel sanfter als bei unserem ersten Treffen, als er mich vor dem Sturz bewahrt hatte. »Na, komm«, sagte er, zog mich an sich und legte mir die Arme um die Taille. Ich starb tausend Tode, als er leise flüsterte: »Was ist denn los?«
Was in aller Welt hätte ich antworten sollen? Ach nichts, es ist nur so, dass ich versucht habe, mich behutsam von meinem Freund in Kalifornien zu trennen, und letzte Woche habe ich ihm gesagt, dass er nicht zur Hochzeit meines Bruders kommen soll, und ich dachte, jetzt ist alles klar, aber dann hat er gestern angerufen, als ich gerade wieder zu Hause war, nachdem ich dir die Linguine mit Muscheln gekocht hatte, die du so lecker fandest, und er meinte, dass er heute hierherfliegen würde, und da habe ich gesagt, er solle nicht kommen, weil es nichts zu bereden gebe, und ich dachte, er hätte das verstanden, aber eben gerade, als ich hergefahren bin, hat er mich angerufen, und anscheinend ist er jetzt am Flughafen, doch ich habe beschlossen, nicht hinzufahren, weil ich nicht so ein großes Gefühlsdrama will (du meinst wohl so eins wie das, was du gerade in Marlboro Mans Küche veranstaltest?), und jetzt bin ich völlig durcheinander: Ich bin traurig, dass unsere vierjährige Beziehung vorbei ist, und ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn nicht sehen will, und außerdem weiß ich nicht, ob ich mich überhaupt noch auf meinen Umzug nach Chicago freue. Und was dann aus uns wird, du umwerfender Typ .
»Ich habe heute meinen Hund überfahren!«, plärrte ich und heulte noch heftiger. Marlboro Man hielt mich fest in den Armen, er verstand instinktiv, dass er in dem Moment nichts anderes für mich tun konnte. Ich vergrub mein Gesicht an seinem Hals und musste zwischendurch immer wieder auflachen. Zwischen meinen Schluchzern brachte ich mehrmals ein »Es tut mir so leid« hervor und hoffte vergebens, dass das Lachen die Oberhand gewinnen würde. Ich versuchte weiterzusprechen, wollte ihm alles erzählen, auch von J. Marlboro Man sollte die komplette Geschichte erfahren, die hinter meinem unerwarteten Gefühlsausbruch steckte. Doch mehr als »Ich habe heute meinen Hund überfahren« brachte ich nicht heraus. Das war ja auch bei weitem leichter zu erklären. So was konnte Marlboro Man bestimmt nachvollziehen. Die Geschichte von meinem frisch abservierten Ex-Surferfreund hingegen, den ich am Flughafen zappeln ließ? Das wäre an dem Abend einfach zu viel an Information gewesen.
Wir blieben in der Küche stehen, und er hielt mich im Arm, bis das Schluchzen nachließ und der Rotz aus der Nase nach und nach versiegte. Ich öffnete die Augen und fand mich in einem unbekannten Land wieder, IM LAND SEINER UMARMUNG. Es war ein friedlicher, ruhiger, sicherer Ort.
Marlboro Man drückte mich noch ein letztes Mal liebevoll an sich, dann lösten wir uns wieder voneinander, und er lehnte sich lässig gegen die Anrichte. »Tja, falls es dich beruhigt«, sagte er, »ich habe auf dieser Ranch schon so viele verdammte Köter überfahren, dass ich lieber gar nicht anfange, sie zu zählen.«
Auch wenn es wahrscheinlich gelogen war, so war ich ihm doch in dem Moment unglaublich dankbar.
Dann machte Marlboro Man uns etwas zu essen: Es gab Rib-Eye-Steak, Ofenkartoffeln und Mais. Vor meiner Rückkehr nach Oklahoma war ich sieben Jahre lang Vegetarierin gewesen und hatte seit Jahren kein Fitzelchen Fleisch mehr angerührt, deshalb veränderte der erste Bissen von diesem Steak mein Leben umso nachhaltiger. Eine einzige Umarmung von Marlboro Man hatte die gesamte Last des Tages in sich zusammenfallen lassen, und gleich darauf rettete derselbe Mann mich auch noch für alle Zeit vor einem Leben ohne Fleisch. Was auch immer aus mir und dem Cowboy werden sollte, dachte ich, nie wieder wollte ich ohne Steak leben.
Während wir zusammen abspülten, unterhielten wir uns – über die Viehwirtschaft, über meinen Job in L.A., über seine kleine Stadt, über unsere Familien. Dann gingen wir zum Sofa und schauten einen Action-Film, den wir hin und wieder anhielten, um uns gegenseitig daran zu erinnern, warum Gott Lippen erschaffen
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