Das Glück wartet in Virgin River
damit klar, wenn du mit einem anderen Mann ins Bett gehen würdest.“
„Glaube mir, das ist etwas, worüber du dir keine Sorgen machen musst“, versicherte sie ihm.
„Vielleicht sollte ich ihn mal kennenlernen.“ Clay drehte sich zu ihr um und schob ihr das dunkle Haar hinter die Ohren. „Auch wenn ihr kein Liebespaar seid, bin ich immerhin in sein Territorium eingedrungen. Ich könnte mich mal von ihm verprügeln lassen oder so.“
Sie brach in lautes Lachen aus und puffte ihn in den Arm. „Geht es nicht noch etwas altmodischer?“ Dann pflanzte sie einen Kuss auf seine schön geformten Lippen. „Abgesehen davon würde ich dich nie in diese Lage bringen.“
„Nur zu“, meinte er. „Bring mich in diese Lage. Schließlich hattest du mich bereits in jeder anderen Lage.“ Und träge lächelnd setzte er hinzu: „Damit will ich mich nicht beklagen. Es ist nur eine Feststellung.“Ein paar Tage später ging Lilly nach der Yogastunde zum Lunch ins Loving Cup, wo sie sich auf ihren bevorzugten Hocker an der Theke setzte, die Ellbogen auf den Tresen stützte und das Kinn auf die verschränkten Hände legte. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Dane vor ihr stand. Er hatte mit seiner Erkältung oder Grippe zu Hause gelegen, sodass sie ihn fast eine Woche nicht mehr gesehen hatte, auch wenn sie miteinander telefoniert hatten.
„Sei gegrüßt, kleine Schwester. Das Übliche?“, fragte er.
Sie nickte, und er holte ihr den grünen Tee.
„Es tut mir leid, dass ich dich Freitagabend so versetzt habe“, entschuldigte er sich. „Ich dachte schon, die Pein nimmt kein Ende mehr, aber es hätte wohl schlimmer kommen können, wenn man so liest, was bei der Schweinegrippe los ist. Darlene meinte, es wäre auf jeden Fall die Jammer-Grippe. Offen gesagt, ich…“ Plötzlich brach er ab und sah sich Lilly genauer an. Er bemerkte ihre strahlenden blauen Augen, ihre geröteten Wangen, ihr verborgenes Lächeln. Yoga allein war nicht verantwortlich für dieses neue Bild von Glück und Gesundheit. „Wow“, sagte er. „Da sitzt aber jemand wieder fest im Sattel.“
10. KAPITEL
D ie Kürbisse waren noch grün und die Kostüme für Halloween noch nicht genäht, das Footballteam der Valley Highschool trainierte für sein Schlussspiel, und die Blätter an den Bäumen, die wie Zwerge unter den Sequoias standen, hatten noch kaum angefangen, sich zu verfärben. Es war Frühherbst, und in Virgin River drehte sich alles um Hope McCreas Haus.
Die presbyterianischen Frauen waren mit der Arbeit beauftragt worden, alles zu sortieren, sauber zu machen und zu organisieren, aber das halbe Dorf wollte aus reiner Neugier ins Haus. Selbstverständlich standen entweder Jack, Preacher, Paul oder Mike Valenzuela wie Wachtposten vor der Tür, um sicherzustellen, dass jeder, der dort auftauchte, auch arbeitete . Jeder, der seine Neugier befriedigen und sehen wollte, was Hope hinterlassen hatte, musste mit anpacken. Noah schien sich zwar eher als Touristenführer zu eignen denn als Wachtposten, aber auch er war sich nicht zu fein, selbst mit Hand anzulegen.
Seit der Dorfversammlung begegneten die freundlichen Nachbarn in Virgin River Jack mit deutlich weniger Herzlichkeit als früher, bevor er Hopes Testamentsvollstrecker wurde. Um genau zu sein, sie zeigten sich leicht ruppig, und immer wieder kam es zu schnippischen Kommentaren: „Ist das ein neues Hemd, Jack?“; „Mir ist aufgefallen, dass du neue Reifen hast … Du wirst doch sicherlich kein zinsgünstiges Darlehen dafür bekommen haben, oder?“
Und Jack, wie er nun mal war, reagierte darauf in seiner ewig geduldigen Art nur mit Bemerkungen wie: „Leck mich, Lou.“; „Du kannst mich mal, Hugh.“
Aber fairerweise muss man sagen, dass gewisse Beziehungen in diesen Tagen wirklich angespannt waren. Jack – der normalerweise hilfsbereite loyale Freund – war schon ein klein wenig verärgert über seine Nachbarn.
Die Stimmung eines offenen Hauses dauerte nur ein paar Tage an, bevor es geschlossen werden musste, und das lag nicht an Jack.Hope war eine Sammlerin gewesen, und niemand war sicher, welchen Wert ein paar der Dinge haben mochten, die sie angehäuft hatte. Die Frauen fanden seltsame und interessante Stücke, von denen sie einfach nicht wussten, wie sie damit umgehen sollten. So gab es einen großen Kleiderschrank, der vollgestopft war mit altem Porzellan – Einzelstücke, die nicht zusammenpassten, manche davon rissig und angeschlagen. In einem Schuhkarton hatte sie
Weitere Kostenlose Bücher