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Das Gluecksarmband

Das Gluecksarmband

Titel: Das Gluecksarmband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Greene
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fühlte.
    Ingrid strahlte, als sie die Papiere wieder an sich nahm. «Wunderbar, und jetzt lernen Sie unseren Hausfotografen kennen.»
    Sie fuhren mit dem Fahrstuhl in den Keller hinunter, wo Ingrid ihn in ein großes Atelier führte. Dort saß auf einem Hocker ein kleiner Mann und betrachtete mit einer Lupe Fotos. «Greg Matthews, das ist Ed Rushton, unser Hausfotograf – er ist für die Ausstellung zuständig.»
    Ed sah aus, als sei er schon über siebzig. Er war ein schmächtiger Mann mit kurzem grauem Haar und randloser Brille. In seinem hellgelben Wollpullover schien er fast mit den kalten weißen Wänden ringsherum zu verschmelzen.
    Sie schüttelten sich die Hände, und Ed lud Greg mit einer Geste ein, sich zu ihm zu setzen. «Billy hat mir schon ein paar von Ihren Arbeiten gezeigt – sehr gut.»
    Zu dritt besprachen sie, was für die kommende Ausstellung noch vorzubereiten war. Als sie fertig waren, war Greg zuversichtlich, dass alles hervorragend klappen würde. Wenn er sich vorstellte, dass Fotos von ihm in einer wichtigen Ausstellung in der
Historical Society
gezeigt werden sollten! Viel besser konnte es gar nicht mehr werden.
    Schließlich entschuldigte Ingrid sich und ließ Ed und Greg allein.
    «Kaffee?», bot Ed ihm an. Greg nickte. Er zitterte. Hier unten im Keller war es saukalt.
    Ed lachte. «Na, klappern Ihnen schon die Zähne?»
    «Beinahe. Wie halten Sie das bloß aus?»
    «Ich muss ja. Für Öl reicht das Geld in diesem Schuppen nicht.»
    Greg wärmte seine Hände am Kaffeebecher und genoss den warmen Dampf im Gesicht.
    «Sie fangen also gerade an in diesem Geschäft?», fuhr Ed fort.
    «Ja, dieser Job ist so was wie eine Feuertaufe.»
    «Diese Sneakers hier trage ich übrigens nicht nur, weil es modern ist.» Ed streckte die Füße aus, um seine Schuhe zu bewundern. «Ich muss einfach oft den Flur rauf- und runterlaufen, damit ich wieder warm werde.»
    Greg lachte.
    «Das ist mein Ernst», erklärte Ed.
    «Mit Kunst lässt sich kein Geld verdienen, wollen Sie mir das damit sagen?», fragte Greg. Er dachte daran, wie Karen wahrscheinlich auf seinen neuen Arbeitskollegen reagieren würde. «Ich glaube, das wird mir jetzt auch allmählich klar.»
    Ed lächelte.
    Nachdem er das Museum verlassen hatte, begab Greg sich zur Ecke First Avenue und Eighty-Seventh Street. Die Arbeit, die ihn dort erwartete, war zwar nicht lukrativ, wurde aber immerhin bezahlt.
    Glaser’s Bake Shop
befand sich noch genau an der gleichen Stelle wie vor vielen Jahren, als er mit seiner Mutter zum ersten Mal dort gewesen war. Greg überquerte die Straße, um ein paar Außenaufnahmen zu machen. Nachdem er das Haus aus jedem nur möglichen Blickwinkel fotografiert hatte, betrat er die Bäckerei.
    In den vergangenen beinahe dreißig Jahren hatte sich nichts verändert. Der traditionelle zweifarbige Bindfaden zum Zubinden der Kuchenpakete hing immer noch von einer Spule an der Decke herunter, die kleinen sechseckigen Fußbodenfliesen schienen nur etwas stärker abgetreten. Auch die Vitrinen aus Holz und Glas erkannte Greg gleich wieder. An einer Wand hing ein riesiger Spiegel mit einem Sprung, an einer anderen ein schräggestellter Spiegel. Die große Registrierkasse aus Bronze hatte ihn als Kind schon fasziniert. Greg war wieder sechs Jahre alt und umklammerte die Hand seiner Mutter, während sie Bärentatzen und Scones aussuchte.
    «Warum hängt der Spiegel so schräg?», hatte er sie gefragt.
    «Damit die Verkäuferinnen sehen können, wenn jemand klaut», hatte sie geantwortet.
    Da war Greg traurig gewesen. Wenn jemand solchen Hunger hatte, dass er bei einem Bäcker klaute, dann war er wohl sehr arm.
    Greg wurde in die Gegenwart zurückgerufen, als eine junge Frau mit einer traditionellen Bäckerschürze ihn fragte, ob er Hilfe brauche. Sie hätte einem anderen Zeitalter entsprungen sein können, wären da nicht die gepiercte Augenbraue und die Tätowierungen auf den Armen gewesen.
    Er zog die Einverständniserklärung hervor, die die
New York Times
ihm am Morgen zugefaxt hatte, berichtete von dem geplanten Weihnachtsartikel und fragte nach dem Besitzer.
    Ein junger Mann – Bäcker in vierter Generation – unterzeichnete bereitwillig die Formulare und ließ Greg so viel fotografieren, wie er wollte. Während Greg im Laden umherging und einen Schnappschuss nach dem anderen machte, wünschte er, seine Mutter wäre dabei und könnte ihn so sehen. Wie sehr hätte sie sich darüber gefreut.
    Als er fertig war, bedankte er

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