Das Gluecksarmband
wurde Molly allerdings, als Jessica in Anna Bowerys atemberaubendem Givenchy aus der Umkleidekabine trat. Es war einfach wie für sie gemacht. Und so sehr Molly das Kleid auch liebte, Jessica würde wenigstens Gelegenheit haben, es zu tragen.
«Es steht Ihnen ausgezeichnet», mischte Carole sich ein, als Jessica sich in dem bauschigen Rock drehte und ihr Spiegelbild bewunderte.
Sie lachte und schüttelte ihr Haar. «Ich glaube, man muss sich ab und zu etwas gönnen, und wissen Sie, Sie haben recht, dieses Kleid hat etwas – etwas Magisches oder so», sagte sie zu Molly. «Dieser Laden ist einfach der Hammer. Ich glaub’s nicht, was Sie für tolle Sachen haben.»
«Danke, und sagen Sie bitte Ihrer Chefin, wenn Sie jemals etwas von ihren Kleidern loswerden will, würden wir sie gern nehmen und ihr eine schöne Kommission auszahlen», warf Carole ein.
Jessica verdrehte die Augen. «Als ob die das Geld brauchen würde. Ich meine, Ms. Mead ist eine tolle, intelligente Frau, und sie tut wahnsinnig viel für die karitativen Organisationen, aber ganz ehrlich, ich habe noch nie gesehen, dass sie irgendwas zweimal getragen hätte.»
«Das muss schön sein», lachte Molly. «Also, für welches Kleid werden Sie sich wohl entscheiden? Für das Givenchy oder für das rote Seidenkleid, in dem Sie wie Marilyn aussehen?» Damit meinte sie ein hautenges, aufregendes Cocktailkleid, in dem Jessica tatsächlich die Monroe wieder auferstehen ließ.
Jessica zuckte die Achseln. «Ich weiß es nicht. Bin wirklich hin- und hergerissen. Das Givenchy ist ja echt superschön, mit dem Tüll und den Kristallen und allem. Aber das andere ist supersexy und einfach etwas moderner. Ich überlege gerade, welches ich öfter tragen würde. Für den Silvesterball wären sie natürlich beide toll … Und das Givenchy könnte ich ewig tragen, das ist ja zeitlos. Aber das Rote – na ja, so was kann man mit über Dreißig nicht mehr anziehen.»
Molly musste lachen. Jessica konnte nicht älter als zweiundzwanzig, höchstens dreiundzwanzig sein. Die Dreißig jedenfalls lag noch in weiter Ferne. Trotzdem fragte Molly sich, ob sie die junge Frau wohl überzeugen konnte, dass der dreißigste Geburtstag kein Grund war, sich fortan nur noch in Jutesäcke zu kleiden.
«Während Sie sich entscheiden, kann ich ja schon mal einen Blick auf die Listen werfen, die Sie mitgebracht haben – mal sehen, ob mir da was ins Auge springt.»
«Ach ja, natürlich. Hier sind sie.» Jessica griff in ihre Tasche und förderte einen beängstigend dicken Packen Papier zutage.
Molly schluckte, als sie die Gästelisten überflog. Sie sah sofort, dass manche Namen mehrmals auftauchten, dass also einige Leute zwei oder sogar alle drei Veranstaltungen besucht hatten. Wo sollte sie nur anfangen? Es waren Hunderte von Namen, die sie abgleichen musste.
«Sie haben das Armband also in einer Jackentasche gefunden? Ach je, da ist die Eigentümerin bestimmt ganz verzweifelt. Sie wissen, dass das kleine Ei über viertausend Dollar gekostet hat?», plapperte Jessica unbekümmert drauflos.
Molly bekam einen trockenen Mund und tastete unter dem Tresen nach ihrer Handtasche, um sich das Armband noch einmal anzusehen. «Wirklich? Viertausend?»
Sie legte das Armband auf die Ladentheke, und Jessica kam näher, um es genau zu betrachten. «Ja, ich kann mich genau an den Anhänger erinnern.» Sie deutete auf das Ei. «Oder sonst war es ein ganz ähnlicher.» Sie begann, sich die anderen Anhänger anzuschauen.
«Ich hoffe so sehr, dass wir in diesen Listen etwas finden», sagte Molly. «Irgendwas, was zu unseren bisherigen Ergebnissen passt.»
«Nämlich?»
«Also», begann Molly, «die Eigentümerin hat nicht nur mindestens ein Benefiz von Ms. Mead besucht, sondern es kann auch sehr gut sein, dass sie Künstlerin ist, vielleicht auch Schriftstellerin. Und es ist möglich, dass sie in irgendeiner Weise von Brustkrebs betroffen ist. Sie ist verheiratet, hat Kinder, hat wahrscheinlich eine Schwäche für Handtaschen, und höchstwahrscheinlich war sie in Florenz und in Paris …»
Carole schüttelte den Kopf. «Du meine Güte, das ist doch ein bisschen, als wollte man eine Nadel im Heuhaufen suchen, oder?»
Jessica runzelte die Stirn. «Nicht unbedingt. Glauben Sie mir, ich mache so was jeden Tag. Ms. Mead kommt mit einer Bitte wie: ‹Können Sie mal die Person anrufen, die ich im Oktober in diesem Restaurant getroffen habe?›, und ich muss dann rauskriegen, wen sie meint. Sie
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