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Das Glücksprojekt

Das Glücksprojekt

Titel: Das Glücksprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Reinwarth
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verwesendem Fisch, weswegen man bei minus 30 Grad mit allen Fenstern offen nach Hause fährt und den Hund solange hasst. Es kann sogar noch Schlimmeres als verwesender Fisch sein.
Urlaub im Hundehotel
Man muss für sie Steuern zahlen
Sie stecken fremden Leuten ihre Nase in den Schritt. Das ist dann irgendwie peinlich, obwohl man es ja nicht selber war, der den Leuten die Nase in den Schritt gesteckt hat.
Sie lecken sich die Geschlechtsteile.
    Demgegenüber steht die einmalige, wild entschlossene Liebe von Hunden. Oder zumindest, was man dafür hält.
    Vielleicht lieber einen Wellensittich? Die sind niedlich und man kann sie leichter jemandem zum Aufpassen anvertrauen, wenn man in den Urlaub fährt. Leichter als, sagen wir, einen Irischen Wolfshund zum Beispiel. Nachteil Kanari:
Er ist ein Vogel.
    Eindeutiger Vorteil gegenüber Hunden und Katzen:
Er leckt sich nicht die Geschlechtsteile. – Oder?
    Das sind jetzt zwar bestechend wenige Nachteile, aber dieser eine (Er ist ein Vogel) wiegt dafür umso schwerer. Nichts gegen die pastellfarbenen Hansis, die sich zahm auf Finger und Schulter setzen, aber wenn man als Kind Lassie geguckt hat, dann erwartet man mehr von einem Haustier. Diese tendenzielle Ereignislosigkeit betrifft auch Hamster, deren Putzigkeit meinen Erwachsenen-Ansprüchen nicht mehr gerecht wird. Ich kenne kaum Leute über zehn Jahren, die noch einen Hamster haben. Eigentlich nur eine: Paula. Paula hat einen Goldhamster namens Dennis, sagt sie. Ich habe Dennis noch nie gesehen, weil er sich immer irgendwo versteckt. Was einen nicht zu wundern braucht, Paula hat nämlich extra für Dennis eine CD mit Vogelstimmen gekauft. »Damit er sich frei fühlt, wie im Wald.« Jetzt muss man aber wissen, dass sehr viele Vögel zu den natürlichen Feinden von Hamstern gehören – der neurotische Dennis vergräbt wahrscheinlich jedes Mal den Kopf in der Hamsterwatte, wenn Paula den CD-Player einschaltet.
    Mein lieber L. sieht die Tierfrage mit einer pragmatischen Gelassenheit, die mich fast provoziert. »L., wie fändest du einen Border Collie?«
    »Schön.«
    »Oder eine Siamkatze?«
    »Schön.«
    »Vielleicht wäre ein Mischling aus dem Tierheim das Beste.«
    »Ja.«
    »Ich glaube, ich will doch lieber ein Krokodil.«
    »Gut, Schatz.«
    Aber dann ist es L., der am Sonntag vor einem Zwinger der Tierhilfe Garching in die Knie geht, mit den Armen bis zu den Achseln zwischen Gitterstäben steckt und sich von einem kleinen, schwarzen Fellknäuel auf den Fingern herumkauen lässt. »Oh Gott, ist der süß«, sagt L. ungefähr hundert Mal hintereinander. »Können wir den haben? Ja? Bitte?« Währenddessen lässt er das Tier nicht aus den Augen, das sich jetzt auf den Rücken schmeißt und vor Freude jauchzen würde, könnte es jauchzen. L. hat diesen fröhlichen, irren Blick, wie ihn Frischverliebte haben.
    Irgendwie bringt er immer meine Planung durcheinander. Ich wollte systematisch die Vor- und Nachteile jeder Tierart abwägen, anschließend eine rationale Entscheidung treffen und dann die Frage nach der Rasse klären. Mich mit Tierärzten und Tierhaltern besprechen, verschiedene Züchter besuchen und Bücher konsultieren. Ich wollte einen vermutlichen Hundefutterverbrauch mit dem Niedlichkeitsfaktor multiplizieren und sehen, ob nicht doch eine dreifarbige Katze dabei rauskäme.
    Aber in meiner tollen Gleichung hatte ich einfach die unbekannte Variable X in Form eines schwarzen Fellknäuels nicht berücksichtigt. Und da lag sie nun, die Variable, und biss auf L.s Daumen herum, während er entzückt zuschaute.
    Zum Schutz der Tiere vor emotional Hingerissenen wie L. gibt es in Tierheimen die Regel, dass man ein Tier nicht sofort mit nach Hause nehmen darf. Zuerst muss man eine Woche lang täglich vorbeikommen und das Tier kennenlernen, sich als würdig erweisen und eine Art Adoptionsantrag ausfüllen. Um mit ihm spazieren zu gehen, bedarf es lediglich eines Sachkundenachweises, den man im Tierheim durch Teilnahme an einem Vortrag erhält, und eine Mitgliedschaft im Tierheimverein, aus Versicherungsgründen.
    Verstehen Sie mich nicht falsch, ich befürworte es, dass das Tierheim seine Hunde nur in gute Hände abgeben will. Ich finde es auch richtig, dass sie sich diese guten Hände etwas genauer ansehen. Und dass sie sich Bescheinigungen vom Ordnungsamt und/oder Vermieter geben lassen – okay. Aber ist es wirklich nötig, dass uns die gesamte Pflegermannschaft des Tierheims Garching zum Verhör lädt, um unsere

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