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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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wohl behütet«, lachte sie. Dann wurde sie schlagartig ernst. »Was ist mit dir? Wenn du diesen Blick hast, stimmt etwas nicht.«
    Er zog eine jener Grimassen, die beim Publikum ihre Wirkung nie verfehlten. Auch Cristin fing an zu kichern.
    »Keine Sorge, Liebes«, antwortete er etwas zu hastig. »Es geht mir gut.«
    Sie umarmten sich erneut. Dann stieg Piet in den Sattel und ritt zurück, um seiner Frau von Cristins und Elisabeths Ankunft zu berichten.

10
    W enig später rollte die Kutsche auf den gepflasterten Schlosshof, wo Karol die Kalesche vor dem Marstall zum Stehen brachte. Mariusz und Roman prangen von ihren Pferden und streckten sich in der warmen Morgensonne. Cristin stieg aus, und das Herz ging ihr auf beim Anblick der vertrauten Gebäude, in denen sie und Baldo ein und aus gegangen waren. Der Palas , das lang gestreckte Hauptgebäude der Burg, die Kathedrale, in deren prachtvoller Basilika sie manchmal an den Eucharistiefeiern teilgenommen hatte – alles war noch wie vor einem Jahr, als sie den Wawel schweren Herzens verlassen hatte.
    Bis auf einen Stallknecht, der aus einer Tür des Marstalls trat und sich zu Karol gesellte, war es überraschend leer und still. Wahrscheinlich hatte sich der Hofstaat zum Frühmahl begeben. Während die beiden Männer miteinander sprachen, nickte Mariusz Cristin zu.
    »Ich zeige Euch jetzt Eure Gemächer. Für Eure Ankunft wurde bereits alles vorbereitet«, erklärte er kurz.
    »Ich danke Euch. Doch zunächst möchte ich …« Cristin sah sich suchend um.
    In diesem Moment hörte sie ihn. Ein Junge von etwa dreizehn Lenzen, dem das wirre Blondhaar bis auf die Schultern hing, kam auf sie zugestürmt. Ihr Herz machte einen Satz, und sie lief ihm entgegen.
    »Janek!«
    Mit seinen langen Armen umfing er sie stürmisch. »Habe gehört, du kommst.« Der Junge drückte ihr einen feuchten Kuss auf die Wange.
    Cristin hielt ihn ein Stück von sich ab. An dem ersten, zarten Flaum am Kinn konnte sie erkennen, dass die Tage seiner Kindheit bald hinter ihm lagen.
    »Geht es dir gut, mein Schatz? Und was macht Jaromir?«
    Der Junge nickte eifrig. »Jaromir gut, ich auch.« Er küsste sie erneut.
    Cristin fühlte Wärme in sich aufsteigen. Er hatte ihr geantwortet, wenn auch nur schleppend und mit wenigen Worten. Nach dem Überfall auf sein Dorf war er einsilbig geblieben, erst Monate nach diesem furchtbaren Erlebnis hatte er an Jadwigas Hof angefangen, sich anderen Menschen anzunähern. Aufmerksam betrachtete sie das Gesicht des Jungen. Janek machte erstaunliche Fortschritte. Vielleicht, dachte Cristin, wird er eines fernen Tages wieder sprechen, als wäre nichts geschehen.
    Elisabeth zerrte an ihrer Hand.
    »Darf ich dir meine Tochter Elisabeth vorstellen?« Sie strich der Kleinen übers Haar. »Das hier ist Janek.«
    Der Junge beugte sich mit schief gelegtem Kopf zu Elisabeth herunter. »Wie du. Haare wie Gold.«
    Mit runden Augen ließ das Mädchen die Musterung über sich ergehen. Ihr kleiner Mund stand offen. Cristin blickte von einem zum anderen, sah das feine Lächeln im Antlitz ihrer Tochter. Janek deutete erst auf Elisabeth und dann hinter sich zu den Ställen. Cristin verstand sofort.
    »Möchtest du mit Janek zu den Pferden gehen, Liebes?«, fragte sie.
    Die Kleine nickte, ließ den Jungen jedoch nicht aus den Augen. Cristin setzte sie ab und sah den beiden nach, die Hand in Hand über den Burghof schlenderten, um in einem der Ställe zu verschwinden. Hinter ihr erklangen Stimmen und Geräusche. Ein Stallknecht rieb die treuen Kutschpferde mit Stroh ab und tränkte sie, während Cristins Reisebegleiter ihre Habseligkeiten entlud.
    »Haltet ein!«, rief sie und eilte zu Mariusz, der soeben ihre Holzkiste aus der Kutsche heben wollte.
    Er hielt inne.
    »Bitte. Diese Truhe lasst mich nehmen«, bat Cristin und streckte die Arme danach aus. »Sie ist nicht sehr schwer.«
    Ihre Fingerspitzen prickelten. Das liturgische Gewand für das Hamburger Kloster.
    Mariusz stutzte. »Ich werde sie gewiss vorsichtig behandeln, Frau Agnes«, versicherte er.
    Cristins Wangen röteten sich. »Ich weiß, Mariusz. Trotzdem, lasst mich das bitte tun.«
    »Wie Ihr wünscht.«
    Erleichtert nahm sie die Holzkiste entgegen und folgte dem Polen über den Schlosshof zum Portal.
    Der Anblick des großen Waschzubers, den eine der Dienerinnen mit dampfendem, wunderbar duftendem Wasser gefüllt hatte, löste einen wohligen Schauer in Cristin aus. Ihr Blick glitt bewundernd über den mit prächtigen

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