Das Gold des Bischofs
ein Stück weit das Dachstroh hinabrutschte. »Wie haben sie sich nur in diese missliche Lage bringen können?«
Der Kämpfer bremste seine Fahrt, indem er das Messer ins Dach stieÃ. Kaum hatte er das Gleichgewicht wiedergefunden, da war sein Gegner auch schon bei ihm. Der Angreifer war älter und nicht so wendig, aber der jüngere Mann hatte sich anscheinend bei dem Sturz verletzt und hielt den einen Arm steif vom Körper weg. Mit dem Blick des erfahrenen Kriegers schätzte Geoffrey die beiden Kontrahenten ein. Der Jüngere bewegte sich wie ein ausgebildeter Kämpfer, aber seine Verletzung behinderte ihn. So würde die grimmige, wenn auch ungeschulte Entschlossenheit des Ãlteren letztendlich wohl die Oberhand gewinnen.
»Pass auf, hinter dir!«, brüllte Roger und ergriff Partei für den Verletzten.
Seine Warnung kam gerade rechtzeitig. Der Jüngling wich nach links aus, und der tödliche Stich gegen den ungeschützten Rücken verfehlte ihn. Sein Gegner rückte weiter vor und führte die Klinge mit Nachdruck. Selbst aus dieser Entfernung konnte Geoffrey die Mordlust aus jeder seiner Bewegungen herauslesen.
»Lass uns weiterreiten, Roger«, sagte er und zupfte an den Zügeln, um sein Pferd fortzulenken. »Ich will nicht zusehen, wie zwei Betrunkene sich gegenseitig umbringen.«
»Willst du nicht?«, fragte Roger aufrichtig überrascht. Er bedachte den Freund mit einem Kopfschütteln. »Für einen Ritter hast du schon ein paar eigenartige Ansichten! Was hast du gegen ein bisschen ehrliches BlutvergieÃen?«
Geoffrey wollte nicht darüber streiten. Er wendete das Pferd, doch seine Gefolgsleute â der treue Sergeant Helbye und sechs Burschen von seinem Rittergut Rwirdin an der walisischen Grenze â standen zwischen den blöde starrenden Zuschauern und versperrten ihm den Weg.
»Komm schon, Will«, forderte Geoffrey den Sergeanten ungeduldig auf. »Ich will nicht wegen einer Rauferei eine mögliche Ãberfahrt versäumen.«
»Greif an, Junge, greif an!«, brüllte Roger. »Du gewinnst nicht, indem du immerzu zurückweichst!«
Der ältere Kämpfer meinte es ernst. Er täuschte nach rechts an und stieà dann nach links, so dass sich sein Gegner nur durch rasches Ausweichen vor dem tödlichen Stoà bewahren konnte. Die Menge hielt den Atem an, als der Jüngling wankte, sich aber wieder aufrichtete und dabei ungeschickt den verletzten Arm bewegte.
»Nicht zurückweichen!« Rogers Stimme war laut genug, um noch in Frankreich hörbar zu sein. »Halte stand!«
»Der Stab!«, schrie der Jüngling schrill, als er bei einem Blick in die Menge die beiden Ritter unter den Zuschauern bemerkte. »Er will den Stab!«
»Schwatz nicht rum!«, rief Roger. »Konzentrier dich auf den Kampf und schau auf den Gegner!«
»Der Stab!«, flehte der Jüngling und bedachte Roger mit einem verzweifelten Blick. »Sorgt dafür, dass Bruder Gamelo den Stab nicht bekommt!«
»Wer ist Bruder Gamelo?«, wollte Roger von Geoffrey wissen. »Und von was für einem Stab redet er da?«
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Geoffrey, amüsiert, dass Roger etwas anderes annahm. »Er spricht mit dir, nicht mit mir.«
»Nun, ich weià nicht, was das Gewäsch soll«, murmelte Roger ungehalten. Er sah zu, wie der junge Bursche einen weiteren Streich abwehrte, dann deckte er ihn wieder mit guten Ratschlägen ein: »Steh nicht einfach herum! Gebrauch deinen Dolch!«
»Lasst ihn nicht in Gamelos Hände fallen!« Die Stimme des Jünglings überschlug sich beinahe.
Er wollte noch etwas hinzufügen, doch sein Gegner sprang vor. Kurz blitzte eine Klinge auf, dann fiel der Jüngling auf die Knie und hielt sich die Schulter. Ein weiterer erschreckter Aufschrei stieg von der Menge auf, als er nach vorn kippte und dann langsam das geneigte Dach hinabrutschte. Im nächsten Augenblick landete er mit einem dumpfen Knirschen auf der StraÃe.
Als Geoffrey von dem verkrümmten Körper zurück zum Dach schaute, stellte er fest, dass der Sieger die allgemeine Ablenkung zur Flucht genutzt hatte. Er war nirgends auszumachen, und Geoffrey nahm an, dass er auf der anderen Seite des Daches hinabgeklettert war.
Die Schaulustigen drängten vor, um den Leichnam des Mannes zu sehen, der vor ihren Augen erstochen worden war. Geoffrey stieà einen
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