Das Gold von Karthago
gelangt…«
»Ich werde Nederbal grüßen. Ist es das?«
»Wie klug von dir. Ja, das wäre meine Bitte.«
Arishs Schreiber gehörte zufällig zu Bomilkars ältesten Bekannten. Alt, aber flüchtig. Als er vor zwei Jahren aus Iberien hergekommen war, gab es auch Grüße und Schreiben zu übermitteln. Hamilkar Barkas, Führer der Partei der Neuen, Stratege von Libyen und Iberien, besaß im grünen Vorland nördlich der Stadt ein weitläufiges Gut, dessen Verwalter, Nederbal, am Abend von Bomilkars Ankunft einige Freunde geladen hatte; unter diesen war auch Hamilkar der Schreiber gewesen. Bomilkar erinnerte sich an irgendeinen Scherz mit dem Namen – in der Stadt gab es tausend Männer namens Hamilkar, und
wenn er sich recht entsann, war es darum gegangen, daß nicht alle schreiben konnten, daß es aber zweifellos mehr schreibende denn als Krieger begabte Hamilkare gäbe und Hamilkar der Schreiber folglich als Vertreter einer Mehrheit größeren Anspruch auf das Landgut habe als Hamilkar der Stratege. Etwas Albernes, so oder ähnlich. Ausgeburt des Weins, vielleicht, oder der üblen Rauschkräuter, die den Schreiber ebenfalls viel Silber kosten mußten.
Und nun stand er am Hafenbecken, mit einer spuckenden Fackel in der Hand. Er sah die Kiste im Verschlag am Heck verschwinden, hörte, ohne zu verstehen, wie Laetilius einige halblaute Worte mit den anderen Römern wechselte, und er wünschte sich Zeit. Zeit für ein Bad, frische Kleidung, ein leichtes Mahl und dann die Nacht mit Aspasia. Zeit vielleicht, um drei oder vier Gedanken über Arish und dessen Unheiterkeit zu denken. Morgenzeit, um den römischen Segler abfahren zu sehen. Statt dessen würde er mit Laetilius irgendwelche Spiele spielen. Er seufzte lautlos.
Der junge Römer hob den rechten Arm; die anderen erwiderten den Gruß. Einer der Ruderer reichte ihm den Reisebeutel und sagte etwas; Laetilius lachte, und die übrigen fielen ein.
›Verblüffend‹, dachte Bomilkar, ›lachende Römer. Sengende, metzelnde, raubende Römer ja, aber …‹
Laetilius sprang auf den Kai. »So. Nun bin ich dir ausgeliefert. «
»Was hast du vor?«
Der Römer hängte sich den Beutel über die linke Schulter; die rechte Hand hing locker herab, neben dem kurzen Schwert und nicht weit vom Griff des Messers. »Das kommt darauf an.«
»Worauf?«
»Auf dich, vielleicht. Gehen wir?«
Bomilkar machte ein paar schnelle Schritte, steckte die Fackel wieder in den Ständer vor der Schänke und deutete zur Stadt. »Komm. Wieso auf mich?«
Laetilius schien zu zögern. Als sie auf der Straße waren, die zum Ratsgebäude und zum großen Platz führte, sagte er: »Ich soll die Hintergründe klären. Alles, was mit dem Leben und Sterben von Marcus Lavinius zusammenhängt. Bist du der Mann, mit dem ich zu arbeiten habe?«
Bomilkar lauschte weniger den Worten als der Stimme. Eine junge Stimme, kraftvoll, die sauberes Hellenisch sprach. Ein gebildeter junger Offizier, allein in der Stadt der Feinde. Zweifellos hatten sich die Römer gut überlegt, wen sie schicken sollten. Laetilius mußte bemerkenswerte Eigenschaften haben. Trotzdem… In dieser Stunde war er ein Fremder mit lästigen Aufträgen, die viel Zeit verlangen würden.
Ein einsamer Fremder… Plötzlich lachte Bomilkar; als er die rechte Hand auf die Schulter des Römers legte, spürte er, wie Laetilius ein wenig zusammenzuckte.
»Ich bin der Mann, mit dem du zu arbeiten hast. Laß uns, da wir schon zusammenarbeiten müssen, so tun, als ob wir gute alte Feinde wären. Ich verspreche, deine Verlassenheit in der Stadt nicht auszunutzen.«
Laetilius wandte ihm das Gesicht zu; er hob eine Braue. »Unbehagen läßt sich leichter überwinden als Ratlosigkeit. Da wir also gute alte Feinde sind, verspreche ich dir, deine Ratlosigkeit nicht auszunutzen.«
Bis sie den großen Platz erreichten, sprachen sie über Belanglosigkeiten wie die Anmut der Wellen und die Hurtigkeit der Schiffe. Laetilius begab sich zum Gästehaus, einem zweigeschossigen Gebäude am Fuß des Byrsahügels. Er würde dort seinen Beutel lassen, mit einem der beiden Hausdiener über das Nachtlager, Decken, Lampen und Wasser streiten und dann in einer Schänke am Platz auf Bomilkar warten, der voraussah, daß er an diesem Tag nicht mehr zum Baden käme; wenigstens einen frischen kitun
und einen Umhang gegen die nächtliche Kühle wollte er jedoch aus dem Verschlag in einer gewissen Werkstatt holen.
Die Werkstatt hatte, wie Zililsan und Duush und einige
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