Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
Aphrodite. Aber laßt man, die sollen sich
noch wundern.«
»Wir kommen bei deine Heirat,
Beatrix«, sagen alle Nielsens jetzt und wirken wild entschlossen, »ob du nun
dick bis oder dünn oder reisch oder arm. Und wir ssenken dir...«
Trixi erfährt es nicht mehr,
weil der Kabinenlautsprecher »Kling-klong-klang« macht. Kling-klong-klang macht
der immer, wenn eine Durchsage kommt. »Eine Durchsage, Achtung eine Durchsage.
Die verehrten Passagiere werden gebeten, keine weiteren Tischdecken mehr zu
Kostümen zu verarbeiten, da sonst das Galadiner ernsthaft gefährdet ist. Merci.
Thank you. Danke.« Knack.
Für das Galadiner hat der
Doktor diesmal seine Spendierhosen angezogen. Statt 1000 Kalorien hat er 1500
Kalorien bewilligt. »Weil«, so hatte er diese seine Spendierlaune im Kreise der
Schiffsführung begründet, »weil Schlußeindrücke entscheidende Eindrücke sind,
meine Herren. Sie prägen das Reisebild, sozusagen. In unserem Falle vermitteln
sie jedem Patienten, Pardon jedem Passagier, das Gefühl, als habe er an Bord
der ›Aphrodite‹ immer gut gegessen.«
»Was man weiß Gott nicht
behaupten kann«, hatte der 1. Offizier eingeworfen.
»Und dieser Eindruck ist
wichtig«, war der Doktor fortgefahren, den Einwurf des Ersten fein überhörend,
»wichtig, weil, nun verstehen Sie mich richtig, weil wir sie ja alle
wiedersehen wollen.«
Des Doktors Wiedersehensmenu
trug diesmal auf weißem Bütten das goldgeprägte Motto: »O schmölze doch dies
allzu feste Fleisch. Shakespeare, Hamlet.« Auf der linken Seite der Speisekarte
befand sich unter dem Vermerk »VORHER« das Foto des Fahrgasts, das der
Bordfotograf am ersten Tag aufgenommen hatte. Rechts daneben unter dem Vermerk
»NACHHER« das am Ende der Schlankheitsfahrt gefertigte Lichtbild.
In der Mitte stand die
Speisenfolge:
½ kalter Hummer (eitel, d. h.
ohne Zus.) 100 Kal.
Grüner Salat mit zwei Eiweiß
und Perlzwiebeln 110 Kal.
Truthahn mit Beilagen
400
Kal.
Lammrücken mit Senf und
Rotweinsauce 380 Kal.
Mandelkuchen oder eine Port.
Roquefort mit Butter 200 Kal.
Frei verfügbarer Rest für
Getränke
310
Kal.
Kaloriengesamtzahl
1
500 Kal.
Beatus Hügeli starrt auf sein
Vorher und auf sein Nachher und schüttelt düster sein massiges Haupt. Er kann
und kann keinen Unterschied entdecken zwischen den beiden Fotos. Die
Hängebacken sind geblieben und das Doppelkinn und der Speckwulst im Nacken und die
Speckrolle in der Hüftgegend, und das, was über den Gürtel quillt, ist auch
geblieben.
Beatus Hügeli aus Zürich
(Zürichberg) ist etwas gelungen, was bisher nur wenigen Passagieren der
»Aphrodite« glückte: Er geht mit demselben Gewicht von Bord, mit dem er an Bord gegangen war. »Angefangen«, sinniert Hügeli und schiebt sich die Kochmütze
aus der Stirn, die zu seinem Kostüm gehört, »angefangen hatte es mit dieser
Tüte.«
»Tüte?« fragt der Schiffsarzt,
der bei seiner Verbeugungstour an Hügelis Tisch gelandet ist. »Wie das, bitte?«
Er schaut säuerlich drein, denn er haßt schlechte Beispiele, und dieser
Falstaff ist eines.
»Die Tüte, die eines Tages
geflogen kam. Aus heiterem Himmel. Bumms, lag sie neben mir. Katzenzungen waren
drin, Katzenzungen, Himbeerbonbons und Krokantsplitter.«
»Wer hat sie denn geworfen, die
Tüte?« Der Doktor wendet sich an die Radkes, die Hügeli gegenübersitzen und
sagt augenzwinkernd: »Der große Unbekannte natürlich. Oder können Sie sich
vorstellen, meine Damen, wer hier an Bord mit Süßigkeiten um sich wirft?!« Er
lacht kurz und grell auf.
»Ich könnte es mir nicht
vorstellen«, sagt Frau Annegret und läßt den Schleier ihres Haremsgewandes (Typ
Lieblingsfrau des Maharadschas) hastig fallen.
»Ich schon, Mamusch.« Erika,
von ihrer Mutter in ein Bettlaken gezwängt, das auf der Rückseite die
Aufschrift trägt »Miß Aphrodite«, preßt sich die Serviette gegen den Mund, weil
sie so lachen muß.
»Ruhig durchatmen.« Der Doktor
klopft ihr mit der flachen Hand gegen den Rücken.
»...Und dann die Sache mit der
Gans. Ein halbes Kilo Hackfleisch, zwei Brötchen, mehrere Äpfel, eine Büchse
Trüffel und Weinkraut...« fängt Hügeli wieder an.
»Gans?« schnappt der
Schiffsarzt, »Gans hat es hier nie gegeben. Oder wollen Sie etwa behaupten,
daß...«
»Das Weinkraut haben wir mit
Champagner
Weitere Kostenlose Bücher