Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
alter
Junge?«
Die Welt war wieder rund und...
Apropos »rund«. Stutterbold öffnet den Kleiderschrank. Auf der Innenseite der
linken Tür klebt Trixis Foto und ihre auf Millimeterpapier übertragene
Gewichtskurve (die seit längerem stagnierte). Er wirft einen Blick auf das
Foto, zuckt bedauernd mit den Achseln, zerreißt beides in winzige Stücke und
wirft sie in den Papierkorb. Auf der Innenseite der rechten Tür klebt Erikas
Konterfei. Hier zerreißt er nur die verräterische Kurve (die übrigens steil
abwärts führt) und läßt die Tür, als sei es ein Zufall, halb geöffnet. Er wirft
einen Blick auf die Uhr, er hat die Radkes zu einem kleinen Drink geladen,
stellt die Sektkelche auf den Tisch und holt den Champagner aus dem Eisschrank
(Veuve Cliquot, demi-sec), er hüstelt aufgeregt, wieder ein Blick zur Uhr, im
selben Moment klopft es.
»Da sind wir!« Frau Radke hat
das Herein nicht abgewartet. Sie marschiert mit Erika im Kielwasser in den
Raum, zückt die Stielbrille und hat sofort den Champagner entdeckt.
»Stutterboldchen, Stutterboldchen, Sekt am Vormittag, wie finde ich das, höchst
leichtsinnig finde ich das, ja frivol, von den Kalorien wollen wir nicht reden,
wieviel Kalorien hat denn Schampus? Moment, das weiß ich sogar, ein Gläschen
hat 85 Kalorien, wenn ich nicht irre, und ich irre selten, können wir uns das
leisten, Sie nicken mit dem Kopf, weil Sie gut reden haben, aber wir Armen, die
wir mit unserem Gewicht ringen müssen wie weiland Jakob mit dem Engel, wir
haben...«
»Mamusch!«
»Ja, was ist denn, mein Kind?!«
Sie klappert ärgerlich mit ihrer Stielbrille, weil sie nichts mehr haßt, als
wenn man einen Menschen nicht ausreden läßt, schließlich machte sie ja ohnehin
kaum den Mund auf.
»Mamusch, Mr. Stutterbold will
mich nicht in den Schrank gucken lassen. Wetten, daß es doch ein Pin-up-Girl
ist, was ich da habe leuchten sehen.«
»Aber, liebes gnädiges
Fräulein, das sind immerhin höchst private... hm, Angelegenheiten und...
und...«
Stutterbold tut sehr verlegen
und stemmt sich gegen die Tür.
»Erika, bitte, sei nicht
taktlos. Vielleicht hat Mr. Stutterbold eine Flamme, was wissen wir.«
Stutterbolds Widerstand erlahmt
urplötzlich. Er läßt die Schranktür los, und die Tür schwingt auf. Erika schaut
verblüfft auf das Foto: »Mönsch«, sagt sie, »Mönsch, finde ich das rührend.«
Sie geht auf Stutterbold zu und drückt ihm einen feuchten Kuß auf die Wange.
»Das sind so meine Pin-up-girls«, sagt er und würde jetzt gern ein ganz klein
wenig rot werden.
Annegret Radke hat ihre
Stielbrille vor den Augen und starrt ebenfalls auf das Foto. Sieh da, wer hätte
das gedacht, niemand hätte das gedacht, der Mann schmückt seine Schranktüren
mit meiner Tochter, und ich hätte schwören können, der hat nichts im Sinn mit
Frauen, habe ihn für ein Neutrum gehalten, nun ja, auch ich kann mich irren.
»In der Tat, rührend, mein Guter«, sagt sie hoheitsvoll.
»Liebe Frau Annegret, Sie
machen mich verlegen.« Er fummelt nervös an dem Sektkorken herum. Es macht
»pflopp«, der Champagner schäumt ins Glas und auf die Tischdecke. Endlich hat
er die drei Gläser gefüllt. Er hebt seinen Spitzkelch, hüstelt und sagt: »Na
denn, auf 90— 60— 90, und auf unser Ekalein.«
»Cheerio, Jimmy!« sagt Erika
und strahlt den Stutterbold an.
»Zum Wohle.« Frau Radke trinkt
aber nicht. Sie tut nur so. Sie denkt, hoppla, denkt sie, was war das eben?
Ekalein? Jimmy? Man nicht so hastig mit den jungen Gäulen. Meine Tochter, Mr.
Stutterbold, ist kein Fräulein Irgendwer, wir haben andere Pläne, wir sind
Millionäre. Oder doch so gut wie. Denn mit Trixi ging’s bergab, das heißt,
bergauf, was das Gewicht betrifft. Wenn auch die Sache mit der Diätschwester
geplatzt war, wir werden gewinnen! Andrerseits..., andrerseits, sind noch zehn
Monate durchzustehen, und insofern wäre ein hochbezahlter Privatsekretär
besser, als 5 Millionen auf dem Dach. Doch warum so kleinlich denken. »Ihr
Champagner«, sagt sie entschlossen und stellt das Glas auf den Tisch zurück,
»Ihr Champagner, Mr. Stutterbold, schmeckt schal...«
Wie viele
Kalorien hat ein Liebesknochen?
Der
Schiffsarzt will zum Arzt,
und ein
Bordfest ist kein Happening.
Nichts ist mehr sicher an
diesem Abend auf der »Aphrodite«. Die Rettungsringe nicht, die Tischdecken
nicht, das Ölzeug des 1. Offiziers nicht, das Hörrohr des Schiffsdoktors
ebensowenig wie die Ballonmütze des Chefkochs, und der Kapitän
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