Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
angemacht. Und dazu Salzkartoffeln, ganz schlichte Salzkartoffeln.«
Hügeli denkt mit Wehmut und Reue an die Nacht, als er in den Kühlraum
eingestiegen war.
Der Doktor starrt den Hügeli
stirnrunzelnd an. Wahnvorstellungen dieser Art hat er bisher nur bei Nulldiäten
erlebt. Er wendet sich kopfschüttelnd ab und geht auf den Greifer zu, der ihm
zur Begrüßung ein Paar Handschellen entgegenstreckt. Er trägt ein kariertes
Jackett, eine karierte Schiebermütze, nuckelt an einer Shagpfeife und sagt zu
jedem: »Sie sind verhaftet. Folgen Sie mir«, wobei er regelmäßig sehr, sehr
herzlich lacht. Den Schiffsdoktor boxt er in die Seite und flüstert ihm zu:
»Übrigens, ich komme durch, habe sogar noch Spielraum!«
»Spielraum, nun ja.« Was ist
los mit diesem Schiff, gibt es nur noch Verrückte?
»Hallo, Doktorchen.« Der
Schiffsjunge Beatrix Sommer humpelt herbei und fragt: »Ich will ein Schiff
verschenken, haben Sie schon mal ein Schiff verschenkt? Wo kriegt man so was
überhaupt zu kaufen?«
»Je nun...«
Die verschenkte also bereits
ganze Dampfer. Der Doktor durchquert den Speisesaal und fühlt, wie ihn jemand
am Rockzipfel festhält.
Stutterbold steht vor ihm, die
beiden mit einer rosa und einer blauen Schleife kostümierten Möpse links und
rechts unter dem Arm.
»Zur Hochzeit überreiche ich
ihr feierlich die beiden Möpse. Mit den Halsbändern, da bin ich nicht
kleinlich. Mit den Halsbändern, nicht wahr, Mrs. Brown?«
»Natürlich.«
Der Schiffsarzt lüftet die
Mütze und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Er flüchtet durch die Drehtür
und stößt auf den 1. Offizier.
»Hammelaugen, sind Hammelaugen
eigentlich schädlich, Doktor? Der hat mich so angeguckt, der Hammel, so
komisch, wissen Sie, als wenn er noch lebte. Ich frage mich manchmal, ob nicht
seine Seele...« Er legt die Hand gegen seinen Magen und rülpst diskret.
»Kommen Sie morgen zu mir. Mit
Ihren Augen, mit Ihrem Hammel, ich meine...« Angst flackert in den Augen des
Doktors. Er rennt den Gang entlang, steigt Treppen hinunter, erreicht seine
Praxis, läßt sich aufatmend in seinen Schreibtischsessel sinken. Auf dem
Schreibtisch liegt ein Päckchen. Er wickelt es aus und findet ein Sandwich,
dick belegt mit Schinken, daneben ein Zettel.
Auf dem Zettel steht in großen
Druckbuchstaben: »DIESE BÄMME GEHÖRT DEM MASSEUR.«
Der Schiffsarzt läßt seinen
Kopf auf die Tischplatte sinken und denkt: »Sowie wir in Zeebrugge sind, gehe
ich zum Arzt.«
Die Poree-Diätler, die da ihren
Lauch in die Bierhefe schleudern, gehören zur Gruppe der ganz harten Slimmer
(wie das englische Wort für Leute, die schlank werden wollen, heißt, denn
»slim« Ist gleich »schlank«). Mit einer Dreitage-Porreekur können Sie 8 Pfund
loswerden. Auf anstrengende Art allerdings. Und kerngesund müssen Sie auch
sein. Porree ist ein uraltes Hausmittel, mit dem sich bereits die alten Ägypter
kasteiten. Wie alle Lauche (Knoblauch, Schnittlauch, Zwiebeln) geht es auf die
Nieren, in positivem Sinne allerdings, und die Völker, deren Angehörige
besonders alt werden, waren von jeher Lauchesser.
Bei einer Porreekur trinken Sie
pro Tag eine Mischung aus ¼ l Porreesaft und 1 l Wasser und essen dazu 125 g
Tatar, 125 g weißen Käse und 4 halbe Eier mit je einem Radieschen. Es empfiehlt
sich, dabei im Bett zu bleiben. Denn Porree schlaucht ungemein.
Merke: Porree gehört neben
Spargel, Hopfensprossen, Sellerie und Trüffeln zu den klassischen Aphrodisiaka
(während der Kur jedoch, bitte, lieber nicht! Sie ist anstrengend genug).
Gegen vier Uhr morgens hat das
Kostümfest an Bord der »Aphrodite« den Gipfel fröhlicher Ausgelassenheit
erreicht, hervorgerufen durch diverse Alkoholika, die von den seit über vier
Wochen planmäßig unterernährten Passagieren nicht mehr so recht vertragen
werden.
Die drei älteren Herren von der
Gayelord-Hauser-Clique sitzen am Kapitänstisch, patschen mit den Händen in
ihrer Bierhefe herum, die sie mit Hilfe des von den Schroth-Kurern gestifteten
Weins in eine Art Eierpampe verwandelt haben und singen zusammen mit den vom
ewigen Kartoffelwasser sanft verblödeten Waerland-Damen das schöne Lied »Ich
esse meine Hefe nicht, meine Hefe eß’ ich nicht.« Eine Tätigkeit, die sie nur
kurz unterbrechen, als eine Gruppe Porree-Diätler ihre Lauchstangen mit den
Worten in die Hefe schmeißt:
»Dis is ein Happening.«
Eine Bemerkung, über die die
Schwestern Nielsen derart lachen müssen, daß sie zu Boden
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