Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
Matratze hingelegt! Eine Kindermatratze.«
»Ist sie das da?« fragt sie und
zeigftauf sein Kopfkissen.
»Beinah.« Er zündet sich eine
Zigarette an, setzt sich zu ihr aufs Bett, wippt auf und ab. »Dein Bett ist
viel besser. Ein richtiges Lotterbett.«
»Wipp nicht«, sagt sie leise
und spürt, wie ihr das Herz bis zum Hals schlägt.
»Und so breit. Breit wie eine
Spielwiese.« Er wippt wieder.
»Du sollst nicht wippen.« Ihr
Stimme ist nur noch ein Flüstern. Er legt sein Kopfkissen neben ihr Kopfkissen
und streckt sich neben ihr aus.
»René, aber Re — né, du...« Die
Stimme ist ein Hauch. »...du kannst doch nicht einfach...«
»Natürlich kann ich.
Schließlich heiraten wir übernächsten Dienstag. Direkt nach dem Einlaufen in
Zeebrugge übrigens. Die haben da ein wunderschönes Standesamt.«
Die »Aphrodite« stampft durch
die Wogen des Atlantik mit einer drängenden Hast, als wittere sie ihren Stall.
Nacht ist es. Die Sterne sind so groß wie nur einmal im Jahr: Wenn der Sommer
vergeht und der Herbst sich ankündigt. Von der spanischen Küste her flammen die
Leuchtfeuer. Auch der Mond ist mit von der Partie. Er fällt ein bißchen aus der
Rolle, weil er dick und rund ist und zunimmt. Der Schiffsarzt hätte es begrüßt,
wenn er dünn, schmal und abnehmend gewesen wäre.
»Ganzer Tag auf See« steht am
Schwarzen Brett neben dem Büro des Oberzahlmeisters. Die heißen Nächte von
Tanger sind längst verweht. Auch über den Ausflug nach Sevilla spricht kaum
noch jemand (»2-Tg. — Exkursion nach Sevilla, 120 DM, inkl. Frühst., Transfer,
Stadtrdfrt. unter fachkdg. Leitg., Bankett im Andalucia Palace, unmittelb. i.d.
Nähe der Zigarettenfabrik aus der Oper ›Carmen‹.«)
Die Passagiere der »Aphrodite«
haben wieder ihre alten Sorgen. Nach der schweißtreibenden Tagesarbeit in den
bordeigenen Gymnastikräumen, Turnsälen und Massagesalons, und einem Dinner, das
dieses Wort wie üblich Lügen strafte, sitzen sie geschlossen im Bordkino und
sehen sich Filme an.
Die Filme tragen so schöne
Titel wie »In der Torte sitzt der Tod«, »Fettleibigkeit im Licht der
Psychotherapie«, »Der Betthupfer und seine Folgen«, und dienen zur moralischen
Unterstützung künftiger Eßgewohnheiten, in den Pausen bieten Hostessen mit
blütenweißen Krankenschwester-Häubchen Säfte an, die ungeheuer gesund sein
müssen, so scheußlich schmecken sie.
James P. Stutterbold sitzt
nicht im Kino. Er ist in seiner Kabine und füttert Mrs. Brown und Mr. Miller.
Er füttert sie mit gefülltem Marzipan und kleinen süßen Nüssen, die er eigens
zu diesem Zweck aus Sevilla mitgebracht hatte. Den Möpsen ist Diät wurscht, und
wenn sie schnurren könnten vor Behagen, so würden sie es tun. Leider können sie
es nicht, so daß es bei einem gelegentlichen »Schnief« und »Schnuff« bleibt,
und die Hände von dem wiedergewonnenen Herrchen werden natürlich ausführlich
beleckt, wogegen Herrchen merkwürdigerweise nichts hat.
Herrchen hat überhaupt
Fortschritte gemacht, sagte er doch vorhin angesichts seines von Mrs. Brown
fachmännisch zernagten Wildleder-Maßschuhs: »Hier hast du noch ein Schuhchen,
du süßer kleiner Racker.«
»Du« hatte er gesagt zu Mrs.
Brown, man hatte nämlich Brüderschaft getrunken miteinander.
Stutterbold ist prächtiger
Laune und brennt vor Aktivität wie zwei Atommeiler. Der graue Morgen von Las
Palmas, als er sich unter der Bar wiedergefunden hatte, von Tequila,
Palmensaftbrandy, brasilianischem Rum und Wodka zerstört, grau im Gesicht und
auf den Lippen der krächzende Schrei: »Mein Schiff ist weg, mein Schiff ist
weg«, dieser Morgen war zwar nicht vergessen, (schließlich hatte ihn die
gecharterte Cessna, mit der er der »Aphrodite« nachgeeilt war, 500 Dollar
gekostet!), aber er hatte seinen Schrecken verloren. Wozu nicht wenig der
Empfang beigetragen hatte, der dem verlorenen Sohn am Kai von Tanger bereitet
worden war.
Mr. Miller war an ihm
hochgesprungen, Mrs. Brown hatte eine Pfütze gemacht, auch in Erikas Blauauge
glaubte er Feuchtes gesichtet zu haben, die Radken sagte siebenmal: »Himmel,
was habe ich durchgemacht«, Hügeli und der Greifer sangen zweistimmig: »Isn’t
he a wonderfull fellow— Ist er nicht ein fabelhafter Bursche«, der Schiffsarzt
versuchte vergeblich, Mißbilligung auszudrücken, die Schwestern Nielsen
kicherten froh, und dieser Cantal hatte ihm auf die Schultern gehauen und ihm
augenblinzelnd zugeflüstert: »Was halten Sie von ‘nem Schlückchen,
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