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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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abenteuerliche Geschichte, die Sie mir da erzählen.«
    »Vielleicht klingt sie
abenteuerlich. Auf jeden Fall ist sie wahr.«
    »Ich zweifle keinen Moment
daran, daß Ihre Geschichte wahr ist«, sagte Grandlieu und häufte sich Pommes
frites auf seinen Teller, »aber...« Er schob ein blutiges Stück Steak in seinen
Mund und kaute genüßlich. Steaks konnten die Engländer ein bißchen
    zubereiten.
    »Aber?« fragte Philipp und
wartete, bis sein Gegenüber wieder sprechen konnte. Er nahm noch einen Schluck
von seinem Bier. Es war zwei Grad zu warm.
    »Aber«, sagte Grandlieu und
wischte sich mit der Serviette zierlich über seinen Schnurrbart, »Sie irren
sich in der Schlußfolgerung. Es gibt nämlich ein Argument, das Ihr ganzes
Gebäude zum Einsturz bringt.«
    »Wenn Sie es mir verraten
würden.«
    Marcel de Grandlieu beugte sich
nach vorn und legte seine rechte Hand auf die Stelle, wo er sein Herz
vermutete. Er sagte feierlich: »Monsieur, ich schwöre Ihnen, daß ich noch nie
in meinem Leben in Heidelberg gewesen bin.«
    Der muß früher mal Schauspieler
gewesen sein, aber in einem Schmierentheater, dachte Philipp. »Hören Sie zu«,
sagte er eindringlich, »Sie brauchen keine Angst zu haben, daß Sie nachträglich
Alimente zahlen müssen. Ich will nichts von Ihnen.« Abgesehen von einer
Kleinigkeit, einem kleinen Schlüssel und einem Tresormietvertrag. Aber das
sagte er nicht.
    »Warum sind Sie dann nach
London gekommen?«
    »Sie werden sich wundern, aber
ich hatte den Wunsch, meinen Vater kennenzulernen. Hoffentlich finden Sie das
nicht allzu sentimental, Grandlieu.« So langsam wurde er ärgerlich auf den Mann
mit dem Schnurrbart.
    »Was für ein Ungestüm, Monsieur
Engel.« Grandlieu legte beide Hände mit den Flächen gegeneinander und schaute
zur Decke. »Monsieur, ich bewundere nicht nur Ihr glänzendes Französisch, Sie
sprechen es übrigens ohne jeden Akzent, mit fast pariserischem Charme, ich
bewundere Sie überhaupt, Ihr Aussehen, Ihre Manieren. Was, glauben Sie, würde
ich darum geben, Vater eines solchen Sohnes zu sein? Die Hälfte meines
Vermögens.« Er machte eine winzige Pause und fügte halblaut hinzu: »Ein
Namensträger ist mir nämlich versagt geblieben, Monsieur.«
    Halbes Vermögen klingt gut.
Damit kommen wir der Sache schon näher. »Wie erklären Sie es sich, daß meine
Mutter Sie auf dem Zeitungsfoto erkannt hat?« Er reichte ihm den Zeitungsausschnitt.
    Grandlieu warf einen Blick
darauf und hatte jetzt völlig Oberwasser. Er lachte. »Seien Sie mir nicht böse,
aber auf diesem Bild erkenne ich mich selbst kaum. Ein miserables Foto.«
    Philipp schwieg eine Weile und
säbelte an seinem Steak herum. Er beschloß, seinen stärksten Trumpf
auszuspielen. Kriminalinspektoren pflegen so etwas gelegentlich zu tun, um ein
Geständnis zu erzielen: sie zeigen dem vermutlichen Täter urplötzlich die
Mordwaffe. Philipp stellte die Zigarettendose auf den Tisch und öffnete den
Deckel. Er beobachtete Grandlieu scharf. Brav machte die Dose kling-klang-kling
und formte mit silbrigen Tönen die Melodie: Ich hab’ mein Herz in Heidelberg
verloren, in einer lauen Sommernacht, ich war verliebt bis über beide Ohren,
und wie ein Röslein hat ihr Mund gelacht.
    Grandlieu sah amüsiert auf die
Spieldose. »Charmant«, sagte er, »so etwas könnt Ihr Deutschen. Ist es eine
Nürnberger Arbeit?«
    Der Wirt kam hinter seiner
Theke hervor und trat an ihren Tisch. »What a fun«, sagte er und strahlte über
das ganze Gesicht, »das ist mal was Nettes.« Die Kellnerin lauschte verzückt.
Vom Nebentisch schauten die Leute herüber. Als Philipp ärgerlich den Deckel
schließen wollte, kam er schlecht an bei den Leuten. Sie protestierten und
wollten die »sweet little melody« noch einmal hören. Es war eine lächerliche
Situation. Die Dose fing also wieder an zu spielen.
    Monsieur de Grandlieu kostete
eine Messerspitze von seinem Nachtisch, um ihn dann angewidert zur Seite zu
schieben. »Man sollte es verbieten, daß sie Desserts bereiten. Bei Maxime haben
wir jetzt eine ›Charlotte Russe‹, die noch besser ist als die ›Bananes
flambées‹ von Fouquet’s. Und das will was heißen! Kennen Sie Paris? Was für
eine Frage, natürlich kennen Sie es. Woher käme sonst Ihr geniales Französisch.«
    »Das habe ich in Montreal
gelernt, in Kanada«, sagte Philipp schroff. Er steckte die unglückselige
Spieldose wieder in die Tasche und unternahm einen letzten Versuch. »Wenn Sie
nicht in Heidelberg waren, wer war es

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