Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
Vom Netzwerk:
dem
Bahnsteig neben dem Zug her und winkte heftig zum Abschied.
    Florence ließ sich aufatmend in
eine Ecke ihres Abteils sinken. Das hatte gerade noch geklappt. Sie verstaute
ihren Wildlederkoffer im Gepäcknetz. Sie war allein im Abteil und hatte Zeit,
über ihre Aufgabe nachzudenken. Es war eine Aufgabe, die ihr nicht paßte: eine
Grandlieu sollte einen wildfremden Mann bespitzeln. Degoutant! Sie sollte
feststellen, was er tat; ob er bereits reich war oder es erst werden wollte,
und sie sollte herausfinden, ob er einen Tresorschlüssel besaß, nebst einem
Tresormietvertrag. Vor allen Dingen sollte sie ihm nicht von den Fersen
weichen. Wenn er Marcel Pierre fand, dann würde auch sie ihn gefunden haben.
    Sie schlug die Beine
übereinander und zündete sich eine Zigarette an. Eigentlich war es doch ganz
spannend. So langsam versöhnte sie sich mit ihrer Aufgabe. Sie würde Abenteuer
erleben, erregende Abenteuer. Die Adresse in Heidelberg würde ja zu finden
sein. Aber vielleicht fuhr er von London gar nicht nach Heidelberg? Fest stand
nur, daß er Brown’s Hotel mit seinen Koffern verlassen hatte. Man würde sehen.
In Heidelberg lebte immerhin seine Mutter. Sie stieß ihre Zigarette in den
Aschbecher und öffnete ihre Abteiltür.
    In diesem Augenblick kam
Philipp Engel den Gang entlanggeschlendert...
     
    Als Philipp Engel den Gang des
D-Zuges London-Dover-Ostende entlangschritt, dachte er an drei Dinge
gleichzeitig. Erstens dachte er an seine Mutter in Heidelberg, zweitens an
Monsieur de Grandlieu in London und drittens an die Lady mit der Apfelhaut.
    Die Lady hatte übrigens alles
gehalten, was die anderen oft nur versprachen. Ein Eisberg mit einem Vulkan im
Innern. Er kannte diesen Typ. Er zog das Foto aus der Westentasche. Die meisten
schenkten Fotos zum Abschied. Er zerriß es in winzige Schnipsel, die er aus dem
Fenster flattern ließ. Ein bißchen verrückt war sie schon gewesen. Als er—
danach— aus dem Badezimmer seines Appartements gekommen war, hatte er sie dabei
überrascht, wie sie seine Brieftasche filzte. Dabei hatte sie gar nicht so
ausgesehen, als ob sie es nur für Geld machte. Er hatte ihr fünfzig Pfund
gegeben. Dieselben fünfzig, die er im Handschuhfach des Rolls-Royce »gefunden«
hatte.
    Mutter würde enttäuscht sein,
wenn er zurückkam. Nicht wegen des Geldes. Nein. »Ich würde ihn gern noch einmal
wiedersehen, den Marcel«, hatte sie ihm zum Abschied auf dem Heidelberger
Bahnhof zugeflüstert. Das war es! Wie sollte er es ihr beibringen, daß der
Marcel zwar ein Grandlieu war, aber der falsche? Marcel Pierre mußte her. Mit
Marcel Paul konnte man wenig anfangen. Wo sollte man ihn finden?
    Philipp blieb stehen und zog
ein Fenster herab. Draußen die grüne Hügellandschaft der Grafschaft Kent,
schwarz-weißes Vieh auf den Weiden, zur Linken der Turm der Kathedrale von
Canterbury. Ein Reh jagte in großen Sprüngen über eine Lichtung. Aus nicht ganz
durchschaubaren Gründen dachte Philipp plötzlich an Florence. Florence de
Grandlieu, das Mädchen mit dem Pferdeschwanz und den hübschen Haarschleifen. Zu
dumm, daß er sie für seine Halbschwester gehalten hatte, dachte Philipp— und
dann sah er sie.
    Sie trat aus einem Abteil
Erster Klasse und schaute in entgegengesetzter Richtung den Gang entlang. Sie
trug ein malvenfarbenes Tweedkostüm und eine Pepitaschleife in ihrem
Pferdeschwanz. Er machte ein paar rasche Schritte auf sie zu und sagte: »Sieh
da, die Mademoiselle Pompadour!«
    Sie drehte sich blitzartig um
und sah ihn aus schreckensgeweiteten Augen an. »Sie hier?« fragte sie. Das fing
ja gut an. Sie eignete sich offensichtlich großartig für ihre Aufgabe. Was
hatte ihr Papa geraten: »Er darf nicht merken, daß du hinter ihm her bist.« Das
war ihr gelungen. Sie sah ihn haßerfüllt an.
    »Ich habe schon größere
Wiedersehensfreude erlebt bei Frauen«, sagte Philipp.
    Sie drehte ihm den Rücken zu. Er
tippte ihr auf die Schulter. »Florence«, sagte er, »ich wollte...«
    »Für Sie bin ich Mademoiselle
de Grandlieu.«
    »Mademoiselle de Grandlieu, ich
wollte Ihnen etwas versprechen.«
    »Es interessiert mich nicht,
Monsieur.«
    »Ich wollte Ihnen versprechen,
daß ich Sie nie wieder aus einem Bett weisen werde.« Er grinste sie freundlich
an.
    »Sieeeeee«, fauchte Florence,
»Sie...« Ehe sie das passende Schimpfwort gefunden hatte, kam ein Mann mit
einem großen Koffer den Gang entlang und drängte sie beide in das Abteil. Philipp
setzte sich. Er klappte sein

Weitere Kostenlose Bücher