Das Gottesgrab
Moslem.»
«Sie wissen, was ich meine.»
Knox zuckte mit den Schultern. Um kalte Füße zu kriegen, war es längst zu spät für sie. Hassan hatte sie in einem Nachtklub aufgegabelt, nicht in der Sonntagsschule. Wenn er ihr nicht gefiel, hätte sie nein sagen sollen, ganz einfach. War sie naiv oder dumm? Allerdings schien sie genau zu wissen, was sie mit ihrem Körper anstellte.
In diesem Moment tauchte Max Strati hinter dem Kabinengang auf und eilte mit großen Schritten auf sie zu. «Was ist denn hier los?», fragte er eisig. Vor zwanzig Jahren hatte er seinen Urlaub in Scharm El Scheich verbracht und war dort hängengeblieben. Inzwischen hatte er sich in Ägypten etwas aufgebaut, und das wollte er nicht riskieren, indem er Hassan verärgerte.
«Wir reden nur», sagte Knox.
«Das kannst du nach Feierabend machen», sagte Max. «Herr Al Assyuti wünscht, dass seine Gäste noch einen letzten Tauchgang machen.»
Knox erhob sich. «Ich bereite alles vor.»
Das Mädchen sprang begeistert auf. «Super! Ich dachte, wir würden heute nicht mehr runtergehen.»
«Sie werden uns nicht begleiten, Fiona», sagte Max knapp. «Wir haben nicht genug Sauerstoffflaschen. Sie bleiben hier bei Herrn Al Assyuti.»
«Oh.» Plötzlich wirkte sie verängstigt wie ein kleines Kind und legte Hilfe suchend eine Hand auf Knox’ Unterarm. Er schüttelte sie ab und ging verärgert zum Heck, wo neben den Plastikkisten mit Neoprenanzügen, Schwimmflossen, Schnorcheln und Taucherbrillen die Sauerstoffflaschen in Stahlregalen lagen. Ein kurzer Blick bestätigte, was Knox bereits gewusst hatte: volle Flaschen gab es mehr als genug. Da er Max Stratis stechenden Blick spüren konnte, drehte er sich lieber nicht um. Das Mädchen war nicht sein Problem. Sie war alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Er hatte keine Beziehung zu ihr und keinerlei Verpflichtungen. Um sich in dieser Stadt zu etablieren, hatte er sich den Arsch abgearbeitet, und das würde er nicht aufs Spiel setzen, nur weil irgendein unreifes junges Ding ihren Preis falsch eingeschätzt hatte. Aber seine Rechtfertigungen halfen nicht viel. Mit einem flauen Gefühl im Magen hockte er sich vor die Kisten, um das Equipment zu checken.
II
DIE AUSGRABUNGSSTÄTTE DER MAKEDONISCHEN ARCHÄOLOGISCHEN STIFTUNG IM NILDELTA, NORDÄGYPTEN
«Hallo!», rief Gaille Bonnard. «Ist da jemand?»
Sie wartete geduldig auf eine Antwort, aber es kam keine. Seltsam. Kristos hatte ihr gesagt, dass Elena ihre Hilfe bei der Übersetzung eines Ostrakons brauchte, aber weder sie noch ihr Wagen waren zu sehen, und das Magazin, in dem sie normalerweise arbeitete, war geschlossen. Eine leichte Verärgerung kam in Gaille auf. Der Weg hierher hatte ihr nichts ausgemacht, aber sie verschwendete ungern ihre Zeit. Doch dann bemerkte sie, dass die Tür der Baracke nur angelehnt war. Bei Gailles früheren Besuchen war die Tür immer abgeschlossen gewesen. Sie klopfte an, zog sie auf und schaute hinein. An den Wänden standen Regale, in denen Taschenlampen, Hämmer, Hacken, Eimer, Seile und andere archäologische Ausrüstungsgegenstände lagerten. Und im Boden befand sich ein dunkles, quadratisches Loch, aus dem eine Holzleiter herausragte.
Gaille bückte sich und rief hinunter. Keine Antwort. Sie wartete einen Augenblick und rief erneut. Als sich immer noch nichts tat, richtete sie sich auf und überlegte. Elena Koloktronis war die Leiterin dieser Ausgrabung der Makedonischen Archäologischen Stiftung, und sie gehörte zu jenen Chefinnen, die ihr gesamtes Team für unfähig halten und lieber alles selbst erledigen. Ständig unterbrach sie eine Arbeit, um sich um eine andere zu kümmern. Vielleicht war das auch jetzt der Fall. Oder sie hatte die Nachricht nicht erhalten. Leider konnte man Elena nie etwas recht machen. Wenn man sie suchte, hätte man sich besser nicht von der Stelle gerührt. Wenn man auf sie wartete, war sie sauer, dass man sie nicht gesucht hatte.
Als sich Gaille erneut bückte, schmerzten ihre Beine von der Arbeit des Tages. Leicht beunruhigt rief sie erneut in das dunkle Loch. Und wenn Elena gestürzt war? Gaille schaltete eine Taschenlampe an, aber der Schacht war zu tief und der Lichtstrahl verlor sich in der Dunkelheit. Besser, sie schaute nach. Da sie Höhenangst hatte, holte sie tief Luft und stellte erst einen Fuß auf die oberste Strebe, dann den anderen. Als sie sich sicher fühlte, stieg sie vorsichtig hinab. Die Leiter quietschte, ebenso die Seile, mit denen sie an der Wand
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