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Das Grab der Legionen

Das Grab der Legionen

Titel: Das Grab der Legionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Krohn
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Du wirst nach Tarraco gehen", sagte der Vater streng.
    Der junge Römer verfluchte diesen Tag. Bei Merkur, was sollte er in Iberien? Tarraco war so etwas wie die Unterwelt, tiefste Barbarei, unsicher, kulturlos und einsam - nichts für einen jungen Adligen wie ihn, Publius Cornelius Lentulus. Er legte Wert darauf, daß sein hellbraunes Haar sorgfältig gepflegt wurde, beileibe nicht jede Sklavin sagte ihm zu, Kunst und Kultur standen hoch in seiner Wertschätzung.
    „Vater, verzeih dem unehrerbietigen Sohn", erwiderte er. „Mußt du deinen Schätzen weitere hinzufügen? Tagaus, tagein werfen deine Unternehmungen auch ohne unser Zutun Gewinn ab. Weshalb soll ich mich nun auch noch um die Geschäfte kümmern? Ich möchte wie ein Römer leben..."
    „Hast du Angst, daß dir bei den Barbaren etwas zustoßen könnte? Ich war niemals so feige!"
    „Wozu muß es unbedingt sein?"
    „In Iberien wird Krieg geführt. Also gibt's dort Sklaven so billig wie nirgendwo anders. Dumm wäre es, Zwischenhändler zu besolden. An der Quelle ist Gewinn. Aus dir wird niemals ein Kaufmann!"
    Publius fühlte sich als Künstler und widersprach dem nicht.
    „Im Tal des Jalus wirst du eine Filiale errichten." Ein verächtlicher Blick streifte den ungeratenen Sohn.
    Der unterdrückte seinen Ärger und dachte an eine illyrische Sklavin, mit der er die Nacht verbringen wollte.
    „Die Ware kommt aus Transporten und von den Märkten in Tarraco und Sagunt. Deine Sache. Sobald das Lager Gewinn abwirft, magst du zurückkehren. Selbstverständlich erhältst du einen Kredit zur Starthilfe. Ich habe dort einen Handelspartner.
    Vor kurzem schickte ich Marcus nach Numidien . Dein Bruder soll dort dasselbe aufziehen. Es wird sich zeigen, wer der Bessere ist..."
    Publius fühlte sich plötzlich hilflos. Was sollte er tun? Gegen den Befehl des Familienoberhaupts gab es keinen Widerspruch.
    „... und wer der geschicktere Kaufmann ist", bemerkte der Vater wie nebenbei, „wird vier Fünftel des Familienvermögens bekommen, wenn ich dereinst nicht mehr bin."
    Zuerst glaubte Publius, sich verhört zu haben, doch ein Blick in das Gesicht des Alten belehrte ihn eines Besseren. „Ich werde tun, was ich kann. Mein Wort darauf!" sagte er eilfertig.
    „Du kennst den Preis. - Hier, diese Papyrusrollen enthalten sämtliche Vorschriften für die Bewirtschaftung meines Gutes in Capua. Weil du ja nie dort zu finden bist, ließ ich sie abschreiben. Sie sind in Iberien sinngemäß anzuwenden. - Außerdem werden dich zwei Sekretäre beraten. Daß man ihnen nicht völlig vertrauen kann, dürftest du früh genug spüren. Immerhin bezahle ich sie dafür, mein Silber einzusparen."
    „Ich will mir Mühe geben."
    Unschwer konnte sich der alte Lentulus ausmalen, welche Gedanken sein Sohn hegte. Doch es durfte nicht sein, daß Publius weiterhin so in den Tag träumte. Realitäten zählten: Silber, Güter, Sklaven. Ein Römer mußte geschäftstüchtig sein.
    „Dieses Senatsschreiben hier erlaubt dir, bis zu hundert Legionäre anzufordern, die du aber selbst beköstigen mußt. Zwar kannst du weitere Krieger mieten, doch sie sind teuer, zumal in diesem barbarischen Land. Wie du das regelst - deine Sache. Falls das Gut nicht bald Gewinn für das Haus Cornelius Lentulus abwirft, wird dein Erbe schmal sein… und du willst doch wie ein echter Römer leben!” Erneut zuckte Publius zusammen. „Du wirst vollauf zufrieden mit mir sein, Vater!"
    „Du magst dich dann entfernen. Ich weiß, es drängt dich zu der Illyrerin - für lange Zeit wird es die letzte Spielerei sein!"
    Unsicher lächelnd ging der junge Mann hinaus. Die Sklavin mußte seine schlechte Laune entgelten. Nichts half ihr die größte Mühe.
    Der Vater blickte ihm nicht nach, denn er rechnete bereits die Kosten und Profite durch. Ein Glück, daß der iberische Feldzug noch viel Zeit verschlingen würde. Je langwieriger der Krieg, desto größer die Beute für das Haus Lentulus.
    Claudius und Scipio sind Narren, jeder auf seine Weise, dachte der Kaufmann. Was scheren mich gewaltige Siege, wie Scipio sie fordert? Und wer redet hier von Verschwendung wie der Zögerer Claudius? Der Krieg muß geführt werden, schon damit ich verdiene. Die Materialbestellungen für die geschlagenen Legionen sind eine sprudelnde Quelle von Silber... Wenn ich im Senat wäre...
    Trotz seines Reichtums war es Lentulus noch nicht geglückt, in den Kreis der Regierenden aufgenommen zu werden. Möglicherweise würde das in einigen Jahren gelingen.

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