Das Grab im Moor
irre geworden. Sie hat sozusagen versucht, zu ihnen durchzudringen, ihnen klarzumachen, wo das Amulett ist. Engla hat das verstanden, aber sie hat sich nie getraut, das Grab zu öffnen. Bis heute quält sie der Gedanke, dass sie Lilly nicht geholfen hat.«
»Aber warum?«, fragte Karl. »Ich meine, es wäre doch viel einfacher gewesen, jedem zu erzählen, dass es in Kapitän Schwarzholz' Grab liegt, und dann darauf zu warten, dass es irgendjemand rausholt.«
»Aber dann hätte sich doch jeder x-Beliebige das Amulett nehmen können. Jemand, der seiner nicht würdig ist, jemand, der es für das Falsche benutzt hätte.«
Da verstand Karl. Wenn man es wagte, jemandem zu helfen, obwohl man schreckliche Angst hatte, dann erwies man sich als würdig. Und das Theaterstück . . .
». . . war wie eine Bedienungsanleitung, um an das Amulett zu kommen. Aber jetzt, wo es wieder zurück in der Eiche und der Bann gebrochen ist, ist
Ein Haus am Meer
nur noch ein ganz gewöhnliches Schauspiel.«
Ausgelassen tobten Sara und Karl durch den Schnee. Nur die Gestalt, die ein kleines Stück entfernt hinter einem Baum stand und sie beobachtete, die bemerkten sie nicht.
Lächelnd blies Doktor Ekwall seinen warmen Atem in seine kalten Hände.
Kapitel 20
Der Silvesterabend kam und mit ihm die Theaterpremiere. Die Luft schwirrte vor Nervosität und Vorfreude. Lillys kleine Geschwister rannten kichernd zwischen den Kulissen hin und her.
Draußen im Foyer war ein Büfett aufgebaut. Die ganze Stadt hatte sich versammelt. Na ja, fast die ganze Stadt. Großvater, Ursula und Schrott-Jansson waren zu Hause geblieben und feierten gemeinsam mit Hummer. Karl hatte mit ihnen angestoßen, bevor er ins Theater geeilt war.
Auf dem Weg hatte er Sebastian und Oskar getroffen, aber auch die beiden wollten nicht ins Bürgerhaus. Sie hatten so viele Knallerbsen zu werfen, da blieb keine Zeit für Theater. Sie wollten erst später zum Jubiläumsfeuerwerk in den Hafen kommen.
Doktor Ekwall begrüßte alle Gäste im Entree und versprach ihnen Champagner oder Cidre. Er war schick angezogen, hatte sich die Haare mit Wasser zurückgekämmt, nur sein Gesicht glänzte rot. Karl schauderte, als er daran dachte, dass der Doktor Sara vermutlich immer noch im Visier hatte. Schnell schlüpfte Karl durch den Seiteneingang ins Haus, um ihm bloß nicht zu begegnen.
Das kleine Orchester spielte sich schon warm und stimmte die Instrumente. Aus einem Nebenzimmer erklangen ein paar Stimmübungen der Schauspieler, unter der Anleitung von Sonja Svärd.
Die Theatertruppe war sehr erleichtert gewesen, als Sara ihnen mitgeteilt hatte, dass sie es sich noch einmal überlegt habe und die Lilly nun doch spielen wolle.
Karl schlich hinter die Bühne und fand Sara vor ihrem Schminkspiegel. Ihre Augen funkelten und in dem hellen Licht leuchteten ihre Wangen rosig. Karl wusste, wie viel ihr das Theater bedeutete, aber ein klein wenig Sorge, dass sie sich doch wieder seltsam benehmen könnte, hatte er immer noch. Und was war denn nun eigentlich mit dem Fluch?
Saras Gesicht hellte sich auf, als sie ihn entdeckte.
»Hallo, Karl, da bist du ja!«
Obwohl sie ganz und gar als Lilly verkleidet und geschminkt war, war sie immer noch Sara. Sie lachte über Karls ernstes Gesicht.
»Jetzt guck doch nicht so ängstlich!«
Sie beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
»Es ist nur ein Theaterstück, ein ganz gewöhnliches Theaterstück.«
»Noch zwei Minuten!«, rief Sonja Svärd. »Der Vorhang hebt sich in zwei Minuten!«
Karl ließ Sara allein und ging in den Saal. Gemurmel und Gelächter erfüllten die Luft. Als sich hinter ihm jemand räusperte, drehte Karl sich überrascht um. Verwundert schaute er in die Gesichter von Großvater, Schrott-Jansson und Ursula.
»Aber, ich dachte, ihr …«
Lächelnd trat sein Großvater einen Schritt zur Seite und hinter ihm kam eine weitere wohlbekannte Person zum Vorschein.
»Mama!«
Jubelnd warf Karl sich um ihren Hals.
»He, nicht so stürmisch«, sagte Mama lachend. »Ich habe mir doch nur deinetwegen die Haare gerichtet.«
Aber das war Karl ganz egal. Er umarmte seine Mama ganz fest.
»Ich habe den Jungs auf dem Schiff einfach gesagt, du würdest zu Hause ausziehen, wenn ich heute Abend nicht käme. Da waren sie natürlich gezwungen, mich an Land zu bringen«, erklärte sie.
Dann glitt der Vorhang zur Seite und auf der Bühne stand Sara als Lilly. Das Publikum applaudierte und jubelte.
Trotz aller
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