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Das Grab im Moor

Das Grab im Moor

Titel: Das Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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den Wänden tropfte mooriges Wasser.
    Panisch schaute sie sich um. Das war doch nicht möglich. Ihr Heim hatte auf festem Grund gestanden, sie musste sich verlaufen haben . . . Aber da fiel ihr Blick auf die Reste des Ackers, den sie umgegraben hatten . . . und auf ihre Spaten, ihren Eimer. Sie stand vor dem richtigen Haus.
    Sie hatte das Amulett benutzt, obwohl sie seiner nicht würdig war, und das hier war der Preis, den sie bezahlen musste. Das Moor hatte ihr Heim verschluckt. Büsche und Bäume hatten schon ihre Zweige um Bretter und Fensterrahmen geschlungen, Moose und Pilze überzogen die Wände. Das einzige Geräusch, das zu hören war, war ein leises Tropfen.
    ›Bruder!‹, rief sie hilflos. ›Bruder, wo bist du?‹
    Sie sah, wie sich etwas in dem eingesunkenen Haus rührte. Eine Gestalt bewegte sich langsam und schwerfällig zur Haustür. Die Schwester strahlte vor Erleichterung.
    ›Bruder! Da bist du ja!‹
    Sie eilte ihm entgegen.
    ›Was für ein Glück! Ich habe den Schatz gefunden. Wenn wir uns beeilen, können wir uns gegenseitig helfen. Dort gibt es jede Menge Reichtümer!‹
    Aber ihr Bruder starrte sie nur leer an. Sumpf und Morast troffen aus seinem Pyjama. Panik machte sich in ihrer Brust breit.
    Da öffnete er den Mund und heraus strömte braunes Wasser.
    Jetzt begriff sie, warum er so dick und schwerfällig aussah, das Wasser hatte seinen Körper schon aufgeschwemmt. Ihr Bruder war ertrunken, als das Moor ihr Haus verschluckt hatte. Er war ein Gespenst, einer der Verdammten, die durch das Moor ziehen mussten und vom Amulett zum Leben erweckt wurden.
     
    Der Schrei in der Nacht weckte fast die ganze Stadt auf, aber als man das versunkene Haus endlich entdeckt hatte, fand man keine Spur mehr von Bruder und Schwester. Der Ort, an dem ihr Haus gestanden hatte, liegt heute tief im Moor. Das Amulett aber hing an einem Nagel über der Haustür. Und die Bewohner der Stadt kamen gemeinsam überein, es ein weiteres Mal zu verstecken.«
    Es war schon spät geworden und die Straßen lagen leer und verlassen da.
    Karl und Sara brauchten nicht lange für den Weg zur alten Eiche, wo die Familie von Albert dem Tischler einst das Amulett versteckt hatte. Der Boden um den Stamm herum war immer noch aufgegraben, aber keineswegs weil dort jemand etwas einpflanzen wollte, das hatte Karl inzwischen begriffen. Vielmehr war Doktor Ekwall Sara gefolgt, damit sie ihn, als Lilly, zum Amulett führte. Dieses wiederum sollte ihm den Weg zum Schatz zeigen, mit dem sein Kasino finanziert und in trockenen Tüchern gewesen wäre. Und als Ekwall Sara dort unten am Baum beobachtete, hatte er den Schluss daraus gezogen, dass er genau dort nach dem Amulett graben musste.
    »Aber was ist, wenn sie hier wieder alles umgraben?«, sagte Karl besorgt. »Was machen wir dann?«
    »Wir werden das Amulett nicht vergraben«, sagte Sara entschlossen. »Schau mal.«
    Sie trat an die Eiche und tastete den Stamm ab. Ungefähr auf Taillenhöhe fand sie, wonach sie gesucht hatte: eine Öffnung, so klein, dass sie in der Rinde kaum sichtbar war, aber gerade groß genug, dass Sara ihre Hand hineinstecken konnte.
    »Hier ist eine Höhle im Stamm. Das ist das perfekte Versteck. Außerdem hat Doktor Ekwall hier schon gesucht.«
    Vorsichtig schob sie das Amulett in den kleinen Hohlraum. Die beiden Kinder machten einen Schritt zurück und musterten den Baum – die Öffnung war absolut nicht zu sehen.
     
    Langsam gingen sie durch die Nacht zurück nach Hause. Karl war tief in Gedanken versunken und erschrak umso mehr, als ihn ein Schneeball im Nacken traf und der Schnee ihm in den Kragen rieselte. Kichernd rannte Sara los.
    »Das zahle ich dir heim!«
    Schnell formte auch Karl einen Schneeball und landete einen Volltreffer auf Saras Hinterkopf, die vor Lachen quietschte. Sie schüttelte sich den Schnee aus den Haaren und dabei fiel eine kleine Spange mit einer schwarzen Blume auf den Boden. Karl hob sie auf und reichte sie Sara. Fasziniert betrachtete sie den Haarschmuck, aber sie rührte ihn nicht an.
    »Das ist nicht meine. Sie gehört Lilly. Wir sollten sie liegen lassen.«
    Karl ließ die Spange in den Schnee fallen und lächelte.
    »Also bist du jetzt wieder Sara?«
    »Jedenfalls so lange, bis ich wieder auf der Bühne stehe.«
    »Hast du etwa vor   …«
    Sie nickte.
    »Ich glaube, es ist so: Lilly wollte, dass das Amulett entdeckt wird, vorher konnte sie keine Ruhe finden. Deshalb sind alle, die die Lilly gespielt haben, ein bisschen

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