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Das Grab im Moor

Das Grab im Moor

Titel: Das Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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im Moor war, der silbrigweiß leuchtete. Nie zuvor hatte Lilly so klares Wasser gesehen! Es musste eine Quelle am Grund des Sees geben – aber woher kam bloß das Licht?
    Der See war ganz rund, nur ein alter, morscher Steg, der geradewegs hinaus aufs Wasser führte und fast bis in die Mitte des Sees reichte, unterbrach den Zirkel des Ufers. Ganz am Ende der Planken konnte Lilly die Umrisse ihres kleinen Bruders ausmachen. Er spiegelte sich in der Wasseroberfläche, wie verzaubert vom Silberschein. Zwei Lichter schwebten über seinem Kopf.
    Dann stürzte er kopfüber vom Steg. Lautlos glitt er in den See und das Silberwasser schloss sich um seinen Körper.
    Lilly rannte um ihr Leben, um den kleinen See herum, hinaus auf den Steg. Sie ließ sich auf die Knie fallen und dort – genau unter der Wasseroberfläche – sah sie ihn.
    Als sie gerade die Hand nach ihm ausstrecken wollte, bemerkte sie die Gestalten, die aus der Tiefe aufstiegen. Bleiche, tote Gesichter. Die Seelen derer, die den Silberschatz gesucht hatten und dabei ertrunken waren, griffen nach ihrem kleinen  Bruder. Lilly schloss die Augen, packte ihn am Kragen und zog. Aber je kräftiger Lilly zog, umso fester hielten die Verdammten dagegen. Mit beiden Händen hielt Lilly seinen Körper umklammert. Dabei fielen die Silbermünzen, die sie eben erst gefunden hatte, aus ihrer Tasche, kullerten über den Steg, verschwanden im Wasser, und während sie in die Tiefe sanken, war es, als fingen sie Feuer.
    Da ließen die Toten im Silbersee von ihrem Bruder ab. Wie ein Korken trieb er nach oben und schnappte nach Luft.
    Ich habe ihn mit den Münzen freigekauft, dachte Lilly. Was für ein Glück, dass ich sie gefunden habe!
     
    ›Was hast du dir nur dabei gedacht‹, schimpfte sie, während sie ihn mit dem Mantel trocken rieb. ›Du weißt doch, dass man sich nicht so weit über das Wasser beugen darf!‹
    ›Aber ich habe das hier entdeckt‹, sagte er und öffnete seine Hand.
    Darin lag ein Amulett, geschnitzt aus altem, schwarzem Holz mit einem Lederband zum Umhängen.
    Die Irrlichter um sie herum ächzten und begannen miteinander zu flüstern.
    ›Lilly, Lilly, wo bist du?‹, rief eine vertraute Stimme.
    Papa. Lilly nahm die Hand ihres Bruders und zusammen rannten sie auf die Stimme zu. Bald schon konnten sie alle sehen, ihre Eltern und die Geschwister. Sie fielen sich in die Arme und hielten sich ganz fest.
    ›Wo seid ihr nur gewesen?‹, fragte ihre Mutter besorgt. ›Wir haben euch so gesucht . . . stundenlang sind wir umhergeirrt.‹
    ›Ich habe mich verlaufen‹, sagte Lilly. ›Es war, als würde sich das Moor immerzu verändern. Aber ich habe etwas, das uns helfen kann.‹
    Sie zeigte ihnen das Amulett.
    ›Ist das   …?‹, sagte der Vater.
    Lilly nickte.
    Während ihr Vater gierig das Amulett anstarrte, hob um sie herum ein bedrohliches Wispern an.
    ›Wir müssen gehen!‹, sagte Lilly schnell.
    ›Vielleicht wäre es besser, wenn ich es an mich nehmen würde‹, sagte ihr Vater. ›Zur Sicherheit.‹
    Aber Lilly schüttelte nur den Kopf. Der Glanz, den sie in den Augen des Vaters sah, gefiel ihr gar nicht.
    Immer lauter wurde das Wispern und die Lichter der Irrwische, die eben noch kaum zu sehen gewesen waren, leuchteten immer heller – und näher. Lilly wusste, worauf es jetzt ankam. Sie mussten hier weg, schnell, ehe das Böse im Moor zum Leben erwachte.
    ›Folgt mir‹, sagte Lilly. ›Und dreht euch nicht um!‹
    Sorgsam achtete sie darauf, wohin sie ihre Füße setzte. Feuchtigkeit und Nebel krochen ihr in die Kleider und sie fror so sehr, dass sie zitterte. Aber sie blieb nicht stehen. Zielstrebig ging sie vorwärts und hielt das Amulett fest in der Hand.
    Die Irrlichter schwebten vor ihnen durch die Dunkelheit. Lilly hörte ihr heiseres Atmen und spürte die Kälte ihrer eisigen Flammen. Ein Gedanke ließ sie erstarren. Was, wenn die Irrlichter sie nur tiefer in den Sumpf locken wollten?
    Aber da hörte sie ihr Flüstern, Murren und Murmeln.
    ›Müssen helfen . . . Müssen dem Amulett gehorchen . . .‹
    Immer mehr Lichter tauchten auf, sie flackerten und leuchteten wie ein Fackelzug. Das Amulett zwang sie, ihr den sicheren Weg durch den Sumpf zu zeigen!
    Um sie herum erwachte das Moor. Schattenwesen, Dämonen – all der Kummer und all die Qualen, die sich über die Jahre hier versammelt hatten, nahmen Gestalt an und verfolgten sie gierig. Doch die Zauberkraft des Amuletts hielt sie auf Abstand.
    Lilly nahm ihren kleinen

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